Milchjungenrechnungen
Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 6. April 2010
Milchjungenrechnungen
Der Neoliberalismus ist gescheitert. Warum finden seine simplen Postulate noch immer Anklang? Weil das Unmoralische uns so reizvoll scheint.
Ein Bericht VON ROBERT MISIK
Wäre es nicht so traurig, man müsste lachen. Da hängt die ganze Welt dem neoliberalen Glauben an, dass die Wirtschaft in der Wirtschaft gemacht wird und die Politik die Märkte am besten ungestört arbeiten lässt. Getragen ist das von einem Welt- und Menschenbild: Wenn alle nur ihrem Eigennutz folgen, dann schlägt das in einer mirakulösen Wendung zum Nutzen aller um. Weltfremden Theorien von den „effizienten Märkten“ werden noch weltfremdere Annahmen beiseite gestellt – etwa die von den „effizienten Finanzmärkten“, die stets zur bestmöglichen „Allokation von Kapital“ führen. Für solche Fantasiemodelle gibt es Nobelpreise, bis es dann zu einer etwas „ineffizienten Allokation von Kapital“ kommt – nämlich zum Totalkollaps der Märkte, der tausende Milliarden Euro vernichtet.
So erweisen sich diese Annahmen als der „größte Irrtum in der Geschichte des ökonomischen Denkens“, wie der Yale-Professor Robert Shiller sagt. Aber sind diese gefährlichen Flausen jetzt raus aus den Köpfen? Nicht wirklich. Nachdem in den Monaten der Totalkrise alle kurzfristig wieder zu Keynesianern wurden, probt die Mainstream-Ökonomie jetzt wieder ihr leises Comeback.
Schon wieder schreiben diese simplen Besserwisser, die uns die Malaise eingebrockt haben, die Kommentarseiten der Wirtschaftszeitungen voll. Wieder heißt es, die überbordenden Staatsschulden seien unser Hauptproblem. Erneut wird der Staat, der gerade erst die Märkte gerettet hat, zur Krake erklärt, die das zarte Pflänzlein des Aufschwungs ruiniere – wegen der Schuldenwirtschaft. Für viele Leute klingt das plausibel. Warum ist es eigentlich so schwer, zu einer ökonomischen Alphabetisierung zu kommen?
Quelle : TAZ >>>>> Weiterlesen
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Fotoquelle :
- CC BY-SA 2.0
- File:ATTAC-Protest zur zu ESM und Fiskalvertrag.jpg