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Merkel ohne Mehrheit

Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 6. Oktober 2017

…und Europa sagt: „Adiós, Merkel!“

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„Sieh mir in die Augen Kleine“ – Die große Erleutung steht für Merkel in den Sternen.

Autor Jürgen Klute

Bundestagswahl SPD, Grüne und Linke stehen vor einer epochalen Chance, Europa aus der CDU-Knechtschaft zu erlösen. Es droht nichts weiter als die eigenen Versprechen einzulösen.

„Merkel no tiene mayoría absoluta: es posible un gobierno de izquierda para cambiar Europa“ („Merkel hat keine absolute Mehrheit: eine linke Regierung um Europa zu verändern ist möglich“) – diesen Blog-Eintrag hat mir am Montag nach der Bundestagswahl ein junger Spanier in einer etwas holprigen deutschen Übersetzung auf mein Facebook-Profil verlinkt.

In dem Artikel werden SPD, Grüne und Die Linke aufgefordert, ihre gemeinsame Mehrheit im Bundestag zu nutzen und Merkel abzulösen und mit ihr die Losung der absoluten Austeritätspolitik mit ihren so fatalen Folgen für die südeuropäischen Euro-Länder. Um das zu erreichen, fordert der Autor die europäischen Schwesterparteien auf, ihre Kollegen und Genossen in die Verantwortung zu nehmen: „Tun Sie es und erzeugen Sie Druck, die Geschichte liegt in Ihren Händen.“
Welchen Kurs die neue Bundesregierung einschlägt, bewegt Bürger aus unseren Nachbarländern offensichtlich mehr als die Wähler in Deutschland. Schon mehrere Monate vor der Wahl wurden EU-Abgeordnete angeschrieben mit der Botschaft „I also want to vote in Germany.“ Über die Kampagne „Electoral Rebelion“ wurden Wahl-Patenschaften ausgetauscht: Junge deutsche Wahlberechtigte schenkten ihre Stimme Südeuropäern, die fanden, dass es ihr demokratisches Recht sei, über ein Parlament zu wählen, das letztlich mehr Einfluss auf ihr Schicksal habe, als die Regierung im eigenen Land.

Diese Initiativen bieten einen guten Einblick in die Stimmung in unseren südlichen Nachbarländern und sie zeigen uns: Selten wurde in der EU so sehr und mit solch großer Spannung auf das Ergebnis einer Bundestagswahl geschaut.

Dafür gibt es eine ganze Reihe an Gründen: Zum einen liegen in Brüssel nahezu alle großen politischen Baustellen brach. Nicht erst seit den Wahlkampf-Monaten wurden aus Rücksicht auf die Unions-Wähler heiße Eisen nicht angetastet. Betroffen ist vor allem das Projekt der europäischen Bankenunion, d.h. der Aufbau einer schlagkräftigen europäischen Aufsicht, einheitliche Regeln zur Abwicklung von Kreditinstituten sowie eine gemeinsame Garantie von Einlegern europäischer Sparer. Weg von der Agenda gewischt wurden mit dem Verweis auf sensible Merkel-Anhänger auch Diskussionen über neue Rettungspakete, europäische Schuldtitel oder Investitionsprogramme schwache Euroländer.

Die Deutschen haben gewählt – „Endlich!“

Ob die Hoffnungen auf eine Aufweichung der reinen Austeritätsstrategie und neue konstruktive und solidarische Lösungsansätze nun im Einzelfall realistisch sind oder nicht – bereits die Verzögerung überfälliger Rettungspakete wirken für die betroffenen Länder demütigend und destabilisierend.
Nun liegen die Wahlen – aus Sicht unsere Partner „endlich“ – hinter uns. Die Frage, ob Deutschland – und damit derzeit eben auch die Europäische Union – in den kommenden Jahren von einer Unions-dominierten Bundesregierung oder einer Koalition links der Mitte geführt wird, dagegen liegt noch immer vor uns, auch wenn die SPD erste Weichenstellungen in Richtung einer großen Koalition unternommen hat. Große Koalition, Schwarz-Grün, Rot-Rot-Grün oder Minderheitsregierungen in verschiedenen Varianten – gleich welche Entscheidung die deutschen Parteien treffen, sie stehen vor einer Richtungsentscheidung, die über die Zukunft Europas entscheidet.

Wird die von der letzten Bundesregierung vorangetriebene Teilung der EU in Gläubiger- und Schuldnerstaaten weiter vorangetrieben und zementiert? Oder gelingt eine Umsteuerung der Krisenpolitik in Richtung einer auf sozialen Frieden und Wohlstand ausgerichteten EU? Hierzu wären weitere politische Integrationsschritte und die Einführung stabiler und wirksamer Ausgleichsinstrumente zwischen den höchst unterschiedlich entwickelten europäischen Regionen erforderlich. Die Regierung Merkel hat sich jeglichen Instrumenten, die dauerhafte und faire Entwicklungsperspektiven für die Krisenländer der EU böten, aufs bitterste verweigert: Trotz steigender Bedarfe an Fördermitteln hat Deutschland die Kürzung des EU-Haushalts bis 2020 durchgesetzt. Selbst über überfällige und wenig ambitionierte Instrumente wie die Einrichtung eines Schuldentilgungsfonds oder die Auflage gemeinsamer Schuldititel („Eurobonds“) verweigert Berlin bis zuletzt jede Debatte.

Die neue Bundesregierung muss für diese ungelösten Krisenherde zuallererst Diskussionen und Entscheidungsprozesse zulassen, die weder die Rechte des EU-Parlaments und der nationalen Parlamente noch die Interessen der Partnerländer mit Füßen treten. Mit Merkel ist dies nicht möglich, eine derartige Kehrtwende um 180 Grad würde ihr in Athen, Lissabon oder Madrid niemand abnehmen.
Europa braucht einen Wechsel, aber Deutschland braucht ihn auch. Eine Bundesregierung links der Mehrheit – sei es als rot-rot-grüne Koalition oder als rot-grüne Minderheitsregierung mit linker Tolerierung – böte die Chance Projekte anzupacken, auf die eine große Mehrheit der Bundesbürger seit langem wartet: Die Einführung eines existenzsichernden gesetzlichen Mindestlohnes, die Umstellung auf eine solidarische Bürgerversicherung und die Fortsetzung der Energiewende könnten die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland und der EU beeinflussen.

Drei Projekte mit einer Bundesregierung ohne Merkel

Quelle   :   Der Freitag >>>>> weiterlesen

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Grafikquelle    :     Polski: Spotkanie Tusk-Merkel 12.03.2014

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