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MEINUNG – Bettina Gaus

Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 3. Oktober 2021

Koalitionsspiele nach der Wahl – Werdet erwachsen!

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Eine Kolumne von Bettina Gaus

Wer redet zuerst heimlich mit wem? Wer macht das schönste Selfie? Und warum hat einer keine Zeit? Oder tut er nur so? Die Spitzenpolitik erlebt derzeit einen Rückfall in die Pubertät. Mit einer Ausnahme.

Eigentlich gehen mir derzeit alle Parteien und viele, sehr viele führende Politikerinnen und Politiker fürchterlich auf die Nerven – es wäre wohl an der Zeit, eine eigene Partei zu gründen. Die vor allem im menschlichen Miteinander ganz neue Wege beschreitet und stilbildend in die gesamte Gesellschaft hineinwirkt. Ein paar Hanseln und Greteln werden sich schon finden, die mich unterstützen, und wir beginnen unsere politischen Aktivitäten dann stets mit einem Stuhlkreis, singen Kumbaya und versichern uns unserer wechselseitigen Hochachtung. Darum und um nichts anderes geht es doch in der Politik – oder?

Der Eindruck kann, nein muss sich jedenfalls in diesen Tagen aufdrängen. Persönliche Empfindlichkeiten, angebliche oder reale Terminschwierigkeiten, die Interpretation eines Selfies, die Frage, wer mit wem reden darf und welche Ansprüche daraus abgeleitet werden können, beherrschen das Bild. Begleitet von wehleidigen und unzutreffenden Behauptungen, dass es noch nie, niemals in der Politik so gemein und brutal zugegangen sei wie gerade jetzt. Ach, von wegen.

Sogar Konflikte zwischen Teenies werden im Regelfall auf weniger pubertäre Weise bereinigt als Zwistigkeiten derzeit in Berlin. Was immer man von Olaf Scholz politisch halten mag: Es ist eine Wohltat, dass es zumindest ein Erwachsener zu sein scheint, der die besten Aussichten hat, demnächst ins Kanzleramt einzuziehen. Er hält sich mit Äußerungen weitgehend zurück, wenn es nichts Wesentliches zu sagen gibt, belästigt die Öffentlichkeit nicht mit Informationen über seinen Gefühlshaushalt und erträgt sogar, dass sich manche Leute miteinander unterhalten, ohne ihn sofort dazu zu bitten.

Die Reaktion? Eine Diskussion darüber, ob und in welchem Umfang die Macht und der Einfluss von Scholz durch den Gang der Ereignisse geschmälert werden könnten. Darüber würde ich mir keine allzu großen Sorgen machen. Sollte er tatsächlich vom Parlament zum Bundeskanzler gewählt und hinterher vereidigt werden, dann entwickelt dieser Vorgang aus sich selbst heraus eine Kraft, die alle Vor- und Vor-vor-Sondierungsgespräche sowie die damit verbundenen Eitelkeiten in den Schatten stellt. Über die Stabilität eines Ampelbündnisses sagt das allerdings nichts aus.

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Eines der merkwürdigsten Statements der letzten Tage kam von Armin Laschet. Er begründete wortreich, warum eine neue Koalition unter Führung der Union gebildet werden müsse: Sie könne den Weg der gesellschaftlichen Versöhnung einleiten. Wie bitte? Da hat der CDU-Vorsitzende offenbar etwas falsch verstanden. Die Tatsache, dass eine Partei abgewählt worden ist, die irrtümlich geglaubt hatte, eine Dauerkarte fürs Kanzleramt zu besitzen, bringt dieses Land noch nicht an den Rand eines Bürgerkriegs. Nein, derlei ist in einer parlamentarischen Demokratie ein ziemlich normaler Vorgang. Und manches spricht dafür, dass der Mehrheit der Bevölkerung ein klarer politischer Kurs, auf den sie sich einstellen kann, sehr viel wichtiger ist als ein Prozess der nationalen Aussöhnung – was immer darunter zu verstehen ist.

Quelle       :      Spiegel-online         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquelle :

Oben      —       Olaf Scholz, Politiker (SPD) – Zur Zeit Vizekanzler und Bundesminister der Finanzen der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem ist er Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2021. Hier während einer SPD-Wahlkampfveranstaltung im August 2021 in München. Titel des Werks: „Olaf Scholz – August 2021 (Wahlkampf)“

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