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»March for Our Lives«

Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 25. März 2018

„Das ist nicht der Höhepunkt, das ist der Anfang“

Von , Washington D.C.

Die NRA schwieg, Trump reiste davon: Der March for Our Lives zeigt, wie stark die US-Waffengegner mittlerweile sind. Als Emma Gonzalez die Bühne betrat, wurde es still.

Emma Gonzalez sagt nichts. Minutenlang steht die 17-Jährige nun schon stumm am Rednerpult auf der Bühne des March for Our Lives in Washington, der Großdemonstration für ein strengeres Waffenrecht. Etwa 500.000 Menschen sind gekommen, um die Schülerinnen und Schüler reden zu hören. Doch Gonzalez spricht immer noch nicht.

Ihr Blick wandert über die brechend volle Pennsylvania Avenue, Washingtons zentrale Achse der Macht, die das Kapitol mit dem Weißen Haus verbindet. Langsam wird das Publikum ungeduldig. Eine Schweigeminute wäre schon lange vorbei. Was wird das? Immer wieder brandet Applaus auf, starten Demonstranten Sprechchöre. Doch Gonzalez bleibt ruhig.

Dann plötzlich piept etwas, wie eine abgelaufene Eieruhr. „Seit ich hier auf die Bühne gekommen bin, sind sechs Minuten und 20 Sekunden vergangen“, sagt Gonzalez plötzlich. „Der Schütze hat aufgehört zu schießen und wird bald seine Waffe ablegen und sich unter die anderen Schüler mischen, sodass er für eine Stunde unbehelligt bleibt, bevor er verhaftet wird.“ Eine Träne läuft Gonzalez über das Gesicht. „Kämpft um euer Leben, bevor es jemand anderes tun muss“, sagt sie, macht kehrt und verlässt die Bühne. Dann tritt Jennifer Hudson auf und singt The Time They Are A-Changin.

Sechs Minuten und 20 Sekunden: So lange dauerte der Angriff auf die Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland, Florida. Im Schulgebäude mit der Nummer 1.200 erschoss ein 19-Jähriger 17 Menschen mit einem halbautomatischen Sturmgewehr.

Trump geht den Protesten aus dem Weg

Die Tat war der Ausgangspunkt für die aktuelle Bewegung für ein strengeres Waffengesetz in den USA, die innerhalb weniger Wochen das ganze Land ergriff. Getragen wird sie vor allem von Schülerinnen und Schülern der Schule, die den Angriff überlebten. Sie sorgten dafür, dass das Thema nicht aus dem Bewusstsein der Bevölkerung verschwand. Ihre Anführer, wie Emma Gonzalez, wurden durch ihren Einsatz weltweit bekannt. Doch die Bewegung geht darüber hinaus, ergreift weite Teile der Bevölkerung: Die Demonstrationen am Samstag unter dem vereinenden Titel March for Our Lives waren ihr bisheriger Höhepunkt.

Viel marschiert wurde in Washington allerdings nicht. Die Veranstaltung glich eher einer Kundgebung. Wenige Blocks vom Kongress entfernt hatten die Organisatoren ihre Bühne aufgebaut, die Kuppel gut sichtbar im Hintergrund. Lautsprecher und Videowände übertrugen die Reden der Aktivisten die Pennsylvania Avenue hinunter, vorbei am Trump International Hotel bis fast zum Weißen Haus. Der US-Präsident hörte sie trotzdem nicht: Wie so oft war er übers Wochenende in sein Resort Mar-a-Lago in Florida geflogen. Es liegt nur eine gute Autostunde von Parkland entfernt.

Auch dort versuchte Trump wohl, den Protesten aus dem Weg zu gehen. Sein Fahrer nahm lieber einen Umweg, als den Präsidenten zu nah am March for our Lives in Palm Beach vorbeizufahren. Denn auch dort wurde am Samstag für schärfere Waffengesetze demonstriert – wie fast überall im ganzen Land. In allen 50 Bundesstaaten fanden Veranstaltungen statt, hinzu kamen weitere Kundgebungen „auf allen Kontinenten außer der Antarktis“, wie die Veranstalter stolz verkündeten. Sie zählten insgesamt mehr als 800 Demonstrationen. Trotz vereinzelter Gegendemonstrationen, etwa in Salt Lake City oder Boston, blieb alles friedlich.

Die Energie lag dieses Mal auf Seiten der Waffengegner. Allein in Washington war der Andrang für die Kundgebung riesig. Lange bevor die Sängerin Andra Day um kurz nach 12 Uhr mittags die Veranstaltung eröffnete, drängten sich hunderttausende Demonstranten bereits kilometerweit vor der Bühne. Bald ließen die Sicherheitskräfte niemanden mehr durch, die Menschen standen bis weit zurück in die Zugangswege. Die Aktivisten wollten sich davon nicht aufhalten lassen. Sie hielten ihre Transparente in den Seitenstraßen in die Höhe, abseits der Kameras der Fernsehstationen. Freiwillige versorgten sie mit Wasser und Lunch-Paketen.

Stars treten hinter Schülerinnen und Schüler zurück

Auf der Bühne sprachen derweil vor allem die Träger dieser neuen Bewegung: die Jugendlichen. Berufspolitiker traten nicht auf. Auch die Stars wie Ariana Grande, Demi Lovado oder Miley Cyrus, die die Demonstration unterstützten, hielten keine Reden, sondern sangen ihre Songs zwischen den Ansprachen der Schülerinnen und Schülern. Von den anderen prominenten Unterstützern wie George Clooney oder Oprah Winfrey war gar nichts zu sehen.

„An die Anführer, Skeptiker und Zyniker, die gesagt haben, wir sollen uns hinsetzen, ruhig sein und warten, bis wir an der Reihe sind: Willkommen zur Revolution“, begann Cameron Kasky, einer der Überlebenden des Parkland-Massakers, die erste Rede des Tages. „Das amerikanische Volk sieht, was alle Massenschießereien gemeinsam haben: Die Waffen.“ Dann trug Kasky die Forderungsliste der Aktivisten vor: Ein Verbot halbautomatischer Sturmgewehre, eine Beschränkung des Fassungsvermögens von Munitionsmagazinen und eine effektive Überprüfung jedes potenziellen Waffenkäufers.

Quelle :    Zeit-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquelle     :

Oben   —    Protest in Washington D.C.

Unten   — A young girl holds up a pro-life sign.

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