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Lohnuntergrenze?

Erstellt von Gast-Autor am Montag 7. November 2011

Tricks und Täuschungen der CDU

File:Gemeinsam die Rote Karte zeigen.jpg

Michael Schlecht, MdB, Gewerkschaftspolitischer Sprecher im Parteivorstand DIE LINKE, 7. November 2011

Das ist doch richtig prima: Die CDU will scheinbar einen Mindestlohn, auch wenn er verschämt „Lohnuntergrenze“ genannt wird. Dass die Positionsverschiebung bei der CDU jetzt kommt, liegt an der spätestens 2013 anstehenden Bundestagswahl. Da macht es sich gut, am sozialen Profil zu arbeiten. Der BDA-Präsident Dieter Hundt beklagt, dass die CDU wohl der Meinung der Bevölkerung nachgegeben habe.

Jedoch weigert sich die CDU, einen festen Euro-Betrag für die „Lohnuntergrenze“ gesetzlich festzulegen. Sie will, dass die Tarifvertragsparteien diese ausmachen, allerdings nur für Branchen und Wirtschaftsbereiche, in denen es keine Tarifverträge gibt. Diese „Lohnuntergrenze“ soll dann gesetzlich für allgemeinverbindlich erklärt werden.

So etwas kann sich nur jemand ausdenken, der von der Tarifwirklichkeit keine Ahnung hat oder die Öffentlichkeit bewusst täuschen will.

Mit der Agenda 2010, die SPD und Grüne 2003 beschlossen haben, wurde der Tarifautonomie ein weiterer Schlag versetzt. Wenn immer mehr Menschen befristet arbeiten und um die Verlängerung zittern, wenn immer mehr nur noch Leiharbeit haben, wenn vor allem immer mehr Frauen in Minijobs nur noch eine zerstückelte Arbeitswelt erleben, dann ist gewerkschaftliche Durchsetzungsmacht massiv eingeschränkt. Hinzu kommt die allgegenwärtige Angst vor dem Absturz in Hartz IV, die wie eine disziplinierende Peitsche über den Köpfen kreist. So konnten die Gewerkschaften in vielen Tarifbereichen nur noch miserable Abschlüsse erzielen. Häufig waren neue Tarifverträge überhaupt nicht mehr möglich. Vor 20 Jahren haben noch 70 Prozent der Beschäftigten unter dem Schutz eines Tarifvertrages gearbeitet, heute sind es nur noch rund 50 Prozent.

Die immer wieder gerade auch von konservativen Politikern gepriesene Tarifautonomie ist in weiten Teilen zerstört worden. Mit dem Fortfall des Zumutbarkeitsschutzes, der bis zur Einführung von Hartz IV faktisch eine „Lohnuntergrenze“ darstellte, war der freie Fall der Löhne vorprogrammiert. Dies war der letzte Anlass für ver.di als Notwehrmaßnahme auf den allgemeingültigen, gesetzlichen Mindestlohn zu setzen.

Wenn die CDU jetzt Krokodilstränen ob des Schicksals der Hunger- und Niedriglöhner vergießt, sich gleichzeitig weigert den Mindestlohn festzulegen, dann ist dies triefender Zynismus. Den schwarzen Peter den Tarifvertragsparteien zuzuschieben, ist so, als würde man einem Menschen die Beine brechen und dann von ihm verlangen, hundert Meter zu laufen. Als beispielhafte Orientierung wird in der CDU auf die Mindestlohnsätze bei Leihbeschäftigen in Höhe von 7,79 Euro im Westen und 6,89 Euro im Osten verwiesen. Einmal abgesehen davon, dass diese Sätze viel zu niedrig sind, und die Ost-West-Diskriminierung grotesk ist – wie sollte der DGB mit dem BDA als Verhandlungspartner selbst solche „Lohnuntergrenzen“ durchsetzen? Ohne jeglichen Druck aus den Betrieben?

Zum gesetzlichen Mindestlohn, betrage er 8,50 Euro wie vom DGB oder 10,00 Euro wie von der Linken gefordert, gehört zwingend die Festlegung durch den Gesetzgeber. Wer das verweigert, will keine „Lohnuntergrenze“, die die Lebenslage der Menschen verbessert, geschweige denn den Mindestlohn.

Weitere Informationen: http://www.michael-schlecht-mdb.de

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Vergl. in diesem Zusammenhang:

…der CDA-Laumann und der Mindestlohn – denn: Der Wahlk(r)ampf hat schon begonnen!

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Source Flickr: Gemeinsam die Rote Karte zeigen
Author Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
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2 Kommentare zu “Lohnuntergrenze?”

  1. Thomas A. Bolle sagt:

    Ob 8,50- €uro oder 10,- €uro bleibt gehopst wie gesprungen. Beim ersten bleiben nach Abzug der Sozialabgaben rund 1000,- €uros weil die Einkommensteuer noch nicht greift. Beim zweiten sind es bei der Regelarbeitszeit von 160 St. also 1600,- €uro brutto weil da bereits die Steuer greift. Also in beiden Fällen bleibt netto zu wenig zum leben. Alles andere ist Augenwischerei.
    Und die neuste Idee von der Riesterförderung für die Pflegeversicherung mit der 0,1% Beitragserhöhung passt da hunderprozentig hinein.
    Die staatliche Festlegung eines Mindestlohns hat nichts mit eingreifen in Tarifautonomie zu tun. Die CDU/FDP ist nur zu feige denn sie müssten dann den Bürgern sagen wieviel sie für genug zum Leben haben. Sie müssten Farbe bekennen was sie wirklich gönnen. Und genau davor drücken sie sich. Außerdem könnten Arbeitlose alle Arbeiten unter dem Lohn verweigern. Damit wäre ein Druckmittel der Jobcenter weg. Und deswegen scheuen sich
    diese unsozialen und unchristlichen
    „C“D“S“U“ / „FDP“ Politclowns.

  2. Dr Schiwago sagt:

    Ich frage mich allen Ernstens, wie lange diese Regierung das Volk noch mit einen „Nasenring durch die Manege ziehen“ will. Diese Regierung hat vollkommen versagt. Die SPD ist aber keines Falls besser, denn sie haben den Bockmist verursacht.
    Die Linke kann nichts und glaubt, der Wähler wirds schon richten. Hier haben sie die Rechnung ohne den Bürger gemacht.

    Wenn man sich nur mit Personalquerelen und dem Bundes- und Landesparteitag beschäftigt, dann schließt die Tür aber bitte von aussen.

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