Komm, wir kaufen uns einen Kanzler

Die Zahl der Ultrareichen und auch ihr Vermögen wächst. Das reicht der Geldelite hierzulande aber offenbar nicht: Jetzt greifen Konzerne und Ultrareiche unverhohlen und mit viel Geld in den Wahlkampf ein.
In Deutschland gibt es, der sozialistischer Agitation unverdächtigen Boston Consulting Group zufolge, derzeit 2900 Ultrareiche. Auch das ist kein Kampfbegriff, sondern die Übersetzung des Fachterminus Ultra-High-Net-Worth-Individuals. Dazu werden Leute gezählt, die ein »Finanzvermögen« von mehr als hundert Millionen Dollar besitzen.
Weltweit gibt es von dieser Sorte demnach etwa 60.000, die meisten leben in den USA, dann folgt auf der Rangliste China (ohne Hongkong), Deutschland liegt auf Platz drei.
Diese Ultrareichen sind, anders als sehr viele andere Menschen, hervorragend durch die Coronakrise gekommen: Sie wurden noch reicher. Der Trend ist ungebrochen. Gleichzeitig wächst ihr Anteil am weltweiten Vermögen immer weiter.
Die Armen leiden am meisten, die Reichen gar nicht
Die sozialistischer Umtriebe ebenfalls unverdächtige Bank Credit Suisse berichtete schon 2017, dass das reichste Prozent der Weltbevölkerung mittlerweile knapp mehr als die Hälfte allen weltweiten Haushaltsvermögens besaß.
Reiche werden also immer reicher, egal, was der Welt an Unbill widerfährt. Und sie werden immer mehr. In Deutschland ist das besonders krass: Hier besitzen die Ultrareichen 20 Prozent allen Vermögens. Weltweit sind es 13 Prozent.
Es wird von Leuten, die Fans einer möglichst unregulierten Marktwirtschaft sind, gern behauptet, dass reiche Leute eben reich sind, weil sie besonders hart arbeiten. Oder weil sie bereit sind, besondere Risiken einzugehen. Beides ist offensichtlich falsch: Viele deutsche Ultrareiche etwa haben ihr Vermögen geerbt. Und gegen Risiken wie eine globale Pandemie sind sie offenbar hervorragend abgesichert. Wenn es dumm läuft, dann leiden weltweit die Armen am meisten und die Reichen gar nicht.
Festungen für die Zeit nach der Apokalypse
Dabei ist denen durchaus klar, dass viele ihrer Geschäftsmodelle die Welt auf den Abgrund zutragen. Auch gegen dieses Risiko sichern sie sich gerade ab, etwa mit Festungen für die Zeit nach der Apokalypse.
Wenn man hierzulande auf Derartiges hinweist, dann reagieren die Freunde der unregulierten Marktwirtschaft gern mit Kampfbegriffen. Insbesondere wird einem dann verlässlich unterstellt, man strebe den »Sozialismus« an, das wird zweifellos auch im Forum zu dieser Kolumne wieder passieren.
Die zwei großen Lügen
Das ist ein Beispiel für die extrem erfolgreiche Kommunikationsstrategie, mit der globale Unternehmen und diejenigen, die von ihnen am stärksten profitieren, seit vielen Jahren den Diskurs zu ihren Gunsten verzerren: Wer etwas ändern will, will die Sowjetunion zurück, das ist die Parole. Diese Propagandastrategie fußt auf zwei nachweislich falschen Behauptungen:

1. Wer Reiche stärker besteuert, schadet dem Wirtschaftswachstum. Das stimmt nicht.
2. Die Reichen tragen doch proportional viel mehr zum Gemeinwohl bei. Auch das stimmt nicht, siehe oben.
In der sozialistischer Umtriebe ebenfalls unverdächtigen »Financial Times« kommentierte Edward Luce die Enthüllungen von ProPublica so: »Das elaborierte US-System belohnt jene, die sich eine Armee von Anwälten und Buchhaltern leisten können.«
Und dass die Ultrareichen sich dieses System rücksichtslos zunutze machen, sei völlig unabhängig von ihren politischen Überzeugungen: »Die Linke mag
George Soros bewundern und Musk verabscheuen. Die Buchhalter sorgen überall für das gleiche Ergebnis.«
Ein abgekartetes Spiel
Quelle : Spiegel >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Title: The Assemblyman is perplexed. caption: „Gentlemen, one at a time, please“
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Unten — Christian Stöcker (2017)