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LNKE – Transformation

Erstellt von DL-Redaktion am Donnerstag 26. Mai 2022

Die Linke muss lernen, bürgerlich zu denken

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Linke Verhaltenspolitik gibt vor, für Minderheiten zu sprechen – ist aber in Wahrheit partikularistisch und paternalistisch.

Von            Holger Marcks, Felix Zimmermann

Wenn die Linke wieder auf die Füße kommen will, sollte sie sich für eine Republik der sozialen Demokratien einsetzen. Diese lässt sich aber nur bürgerlich denken.

Die Linke läuft auf Autopilot. Sie kann die Krisen unserer Zeit benennen, Antworten hat sie aber nicht. Zumindest keine, die breite Schichten mitnehmen – Voraussetzung für nachhaltigen Wandel. Im Gegenteil: Obwohl die Entfremdung der Linken von den unteren Klassen seit Jahren diskutiert wird, zeigen sich kaum Konsequenzen. Allenfalls bekommt man ein Mehr von dem serviert, was in die Sackgasse geführt hat.

Sicher, die Linke beteuert universale Werte. Tatsächlich aber schlafwandelt sie in den Partikularismus. Die Praxen der Identitätspolitik – gefeiert vor allem von privilegierten Milieus – sind nur ein Ausdruck davon. Die Ignoranz der Linken gegenüber der Realität hat eine lange Vorgeschichte. In sie eingebogen ist man mit der Abkehr vom Republikanismus. Nimmt man diesen aber wieder mit ins Boot, lösen sich einige vermeintliche Widersprüche, die zu Glaubenssätzen geronnen sind, in Wohlgefallen auf.

Seit 150 Jahren grenzt sich die sozialistische Linke von allem Bürgerlichen ab. Was damit eigentlich gemeint sein soll, außer einem diffusen Bekenntnis zur revolutionären Gesinnung, weiß schon lange keiner mehr. Immerhin ist der Kapitalismus des 21. Jahrhunderts, der die liberalen Freiheiten eher unterspült als verteidigt, weit davon entfernt, noch irgendwie bürgerlich zu sein. Und dass die Linke, die zu einer bildungsbürgerlichen Veranstaltung geraten ist, das Proletariat repräsentiert, lässt sich auch nicht gerade sagen.

Abgrenzung von der Bürgerlichkeit ist durch den Wandel der Linken zu einer toten Chiffre geworden. Sie ist antibürgerlich, ohne proletarisch zu sein; proproletarisch und doch zutiefst bürgerlich. Doch nicht erst neuerdings, sondern bereits im historischen Vorlauf hat sich die Linke mit jener wohlfeilen Freund-Feind-Verortung ein Bein gestellt. Der vermeintliche Dualismus zwischen bürgerlicher und proletarischer Welt, er war von Beginn an ein identitärer Verschluss, der die politische Fantasie lähmte.

Denn mit dem seit der Kommune kolportierten Generalverdacht gegen die bürgerliche Republik, bloß politische Form zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen zu sein, blieb das Verhältnis der Linken zur Machbarkeit der Geschichte ein entfremdetes. Der Sozialismus, der in monarchistischen Zeiten aufkam, verpasste so die Chance, sich weiterzuentwickeln. Vom Schwindel der „Volksrepubliken“ mal abgesehen, blieb eine wirkliche Aneignung der Republik durch die Arbeiterbewegung aus – und damit eine sozialistische Perspektive der Demokratisierung.

So versandete man entweder in den gegebenen Institutionen oder zielte auf einen radikalen Ordnungsbruch, der die Überwindung des Kapitalismus magisch regelt. Bis heute geht der Linken eine politische Dialektik ab, welche die bürgerliche Republik aufnimmt und über ihre imaginierten Grenzen hinaustreibt. Eine sozialistische Bürgerlichkeit würde einen Ausbruch aus dieser konzeptionellen Sackgasse erlauben. Dafür hätte die Linke aber den Republikanismus wiederzuentdecken. Sie müsste sozialrepublikanisch denken.

Der falsche Mythos von 1871

Tatsächlich gingen sozialistische und liberale Ideen einst Hand in Hand, vom Republikanismus umfasst. Erst mit der Kommune kam es ab 1871 zum Bruch mit dem republikanischen Erbe der Arbeiterbewegung, in der man sich bis dato als „Bürger“ grüßte. Marxisten wie Anarchisten sahen in ihr den Prototyp einer proletarischen Revolution, niedergeschlagen durch die bürgerliche Reaktion. Dabei war die auf Wahlen basierende Kommune vor allem ein republikanisches Projekt – mit sozialistischem Impetus.

Zerschlagen wurde also vielmehr die Perspektive eines sozialen Republikanismus – mit dem einsetzenden Revolutionsmythos gleich doppelt. Auf den antiliberalen Pfad gerutscht, laboriert die Linke bis heute an einem Missverständnis. Repräsentative Demokratie als Ausdruck eines bürgerlichen Liberalismus abzulehnen, ist nicht Fortschritt, sondern Rückschritt. Im Fall des autoritären Sozialismus mag das klar sein. Aber es gilt auch für dessen Gegenmodell, das in der heutigen Linken Raum gegriffen hat: die Basisdemokratie.

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Alles müsse anders, heißt es da. Horizontal statt vertikal. Die eigentliche Herausforderung wird in dieser eindimensionalen Gegenüberstellung jedoch verkannt: dass die Demokratie von der politischen Sphäre auf die sozialen Sphären zu übertragen ist, die ja noch immer feudal funktionieren. Mit basisdemokratischen Ansätzen, die vielen vorschweben, ist das aber nicht zu machen. Am Ende ist eine horizontale Ordnung sogar exkludierender – und durch die Basis selbst noch weniger zu steuern. Basisdemokratie muss man sich eben leisten können. Zum einen. Zum anderen lassen entsprechende Strukturen keine funktionale Differenzierung zu, die eine moderne, komplexe Gesellschaft verlangt. Zielführender wäre es, die politische Bürgerschaft um soziale Bürgerschaften zu ergänzen: die Vervielfältigung von repräsentativer Demokratie. Wenn die Linke, aber auch die Demokratie ihren Kinderschuhen entwachsen will, müssten sie sozusagen diagonal denken.

Was also ist das Modell des sozialen Fortschritts? Traditionell kreist diese Debatte um die Pole von Reform und Revolution: eine Gegenüberstellung, die von Anfang an eine trügerische Orientierung war. Denn sie basierte radikalerseits auf der schematischen Vorstellung, dass auf die bürgerliche Revolution notwendigerweise eine zweite, eine soziale Revolution folgen würde, die die liberale Gesellschaftsformation wieder aufhebt. Der Übergang zur neuen Gesellschaft war so nur als radikaler Ordnungsbruch denkbar.

Ironischerweise wurde damit dem sozialistischen Transformationsprozess selbst der Boden entzogen. Denn mit empirischer Verlässlichkeit führten revolutionäre Bewegungen – wenn sie nicht autoritär entgleisten – immer wieder zu reaktionären Backslashs, die sich auch aus der Verunsicherung großer Teile der Bevölkerung speisten. Die Formierung einer neuen Gesellschaft aus einem relativ inklusiven Kapitalismus heraus erfordert eben ein weit höheres Maß an Ordnungssicherheit als die Überwindung der superexklusiven Feudalbeziehungen.

Die Erweiterung der politischen Demokratie um soziale Demokratien umgeht das. Mit Verfassungsmäßigkeiten in den sozialen Sphären würde die Transformation am Bestehenden anknüpfen, ohne bloß Reformismus zu sein. Ansätze für solch eine Konstitutionalisierung des Sozialen bestehen in den kollektiven Rechten und Verfassungselementen, wie wir sie im Bereich der Arbeit kennen. Sie ließen sich nicht nur zur Wirtschaftsdemokratie ausbauen, sondern auch auf die Bereiche des Wohnens, des Verbrauchs und der Vorsorge übertragen. So eine fortgesetzte Wiederholung des republikanischen Gründungsmoments stünde für eine soziale Transformation der Politik. Denkt man sich Sozialismus als Verfassungsfrage, könnten Repräsentationen des Sozialen in das Gehäuse der Republik einströmen. Solche Mikrorevolutionen könnten für eine sukzessive Verdichtung des Systems hin zu einer Republik der sozialen Demokratien sorgen. Es wäre die Entfeudalisierung der sozialen Sphären. Dafür müsste die Linke gerade im Sozialen aber bürgerlich denken.

Quelle         :         Der Freitag-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquelle :

Oben       —     Parteitag der Linkspartei in Bonn. 2. Tagung des 6. Parteitages der Partei DIE LINKE, 22. und 23. Februar 2019, Bonn.

Ein Kommentar zu “LNKE – Transformation”

  1. Jimmy Bulanik sagt:

    Die Linke hat zum Beginn ihrer Entstehung sehr viel an Hoffnung verbreitet. Gleichwohl haben diese nicht geliefert. Die Linke kam bis zu einem gewissen Grad an die Macht. Im Anschluss dessen hat Die Linke ihr wahres Gesicht gezeigt. Das Mobbing bis hin zur Körperverletzungen auf öffentlichen Veranstaltungen der Partei welche demokratisch gesinnt sind. Immer mehr Sektierer von der DKP, Kommunistischer Bund Westdeutschland, SAV, die antideutschen vom BAK Shalom tummelten haben Die Linke infiltriert. Selbst ein ehemaliges Mitglied der MLPD welcher öffentlich zur Waffengewalt gegen die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika hier in der BRD auf einer Parteiveranstaltung der Die Linken aufgerufen hat wurde aufgenommen.

    Jetzt haben wir das Jahr 2022. Jetzt sind die Masken gefallen.

    Die Bürgerinnen und Bürger nehmen Die Linke nicht ernst und darüber hinaus haben die sich von der Die Linke emanzipiert und brauchen Die Linke nicht.

    Jimmy Bulanik

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