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Linke ./. US-Handelskrieg

Erstellt von Redaktion am Samstag 17. März 2018

Das doppelte Dumping der Deutschen

Von Kai Schöneberg

Kaum jemand hat Verständnis dafür, dass Trump einen Handelskrieg anzetteln will. Der Ökonom Heiner Flassbeck dagegen findet es richtig.

Bilanzdefizit? Strafzölle? Handelskrieg? Wie idiotisch! Quasi niemand hat Verständnis für das, was der irre US-Präsident jetzt schon wieder plant: Mit seinen Strafzöllen, die in der kommenden Woche höchstwahrscheinlich europäischen Stahl und europäisches Aluminium in den USA verteuern werden, endet eine jahrzehntelange Ära des Welthandels, in der Amerikaner und Europäer Waren austauschten – und dadurch ganz schön reich wurden. Oder etwa nicht?

Dieser Trump! Baut Mauern, pöbelt, zündelt – jetzt will der Präsidentenrüpel auch noch den transatlantischen Wohlstand für die „nationale Sicherheit“ aufgeben! Weil „Handelskriege leicht zu gewinnen“ seien, droht er sogar mit Strafzöl­len auf das Heiligste: deutsche Autos. Die brauchen die Amis, so die Wahrnehmung auf dem alten Kontinent. Janis Joplin sang ja schon 1970: „Oh Lord, won’t you buy me a Mercedes Benz?“

Niemand versteht Trump. „Mir sträubt sich auch alles, eine Aktion von ihm richtig zu finden“, sagt dagegen Heiner Flassbeck. Und: „Aber das mit den Strafzöllen macht er richtig.“ Flassbeck ist nicht irgendwer. Er war Staatssekretär im Finanzministerium unter Oskar Lafontaine und jahrelang Chefökonom der UN-Handels- und Entwicklungsorganisation UNCTAD. Der Keynesianer hält wirklich nicht viel vom Republikaner. Aber: „Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn“, sagt Flassbeck.

Während die große Mehrheit der Ökonomen, Politiker oder Manager betont, Strafzölle hätten in der Sache so wenig mit dem von Trump bemängelten Handelsbilanzungleichgewicht zu tun wie Erdnussbutter aus Alabama mit einem Porsche, spricht Flassbeck von Notwehr.

„Die Produkte sollen teurer werden“

Der Mainstream sagt, dass Trump spinnt, weil er erstens mit Stahl und Aluminium eine Branche des 19. Jahrhunderts pampern will. Zweitens, so sieht es zum Beispiel auch Gustav Horn, würden ja alle US-Firmen, die Stahl und Alu für ihre Cadillacs, Bierdosen oder Gewehrläufe brauchen, unter den Strafzöllen leiden. „In der Summe erhält Trump weniger Arbeitsplätze in der US-Stahlindustrie, als er in anderen Branchen vernichtet“, sagt der Chef des gewerkschaftsnahen Wirtschaftsforschungsinstituts IMK. Horn: „Die Strafzölle sind ein Schuss, der nach hinten losgeht, auch aus US-Sicht.“

Dass Trump die Zölle auch noch mit mehr Verteidigungsausgaben verquickt, findet auch Flassbeck hirnrissig. Ansonsten widerspricht er vehement: „Die Produkte sollen doch teurer werden, damit die Amerikaner Stahl und Aluminium endlich wieder selber produzieren. Jetzt entdecken alle plötzlich die armen amerikanischen Verbraucher“, sagt er und lacht.

Ansonsten ist die Front der Trump-Versteher überschaubar. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker poltert: „Wir sind nicht naiv!“, und droht mit Strafzöllen auf US-Whiskey, Harley-Davidson-Motorräder oder Levi’s-Jeans, eine EU-Liste umfasst US-Produkte für 2,8 Milliarden Euro. Die Bundesregierung rüffelt Trumps Protektionismus, Kanzlerin Angela Merkel spricht von einer globalen „Krise des Multilateralismus“.

Zu Hause warnt die US-Handelskammer Trump vor einem „zerstörerischen Handelskrieg“ und Importzöllen auf chinesische Waren im Wert von 60 Milliarden Dollar. Sein Wirtschaftsberater wirft das Handtuch, 107 Abgeordnete der eigenen republikanischen Partei schreiben in einem offenen Brief, sie seien „tief besorgt“. Auch viele Ökonomen sind konsterniert: Der liberale US-Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman wütet über den „schimpfenden, schlecht ­informierten alten Mann“, Trumps Wirtschaftspolitik sei desaströs. Trump aber twittert: „Die Europäische Union, wunderbare Länder, die die USA beim Handel sehr schlecht behandeln“ – und es klingt un­gelenk. „Wenn sie ihre schrecklichen Barrieren und Zölle auf eingeführte US-Produkte fallen lassen, werden wir um­gekehrt unsere aufgeben. Großes Defizit. Wenn nicht, erheben wir Zölle auf Autos etc. FAIR!“

Wo ein Überschuss, da auch ein Defizit

File:Mr. Heiner Flassbeck, Director, Division on Globalization and Development Strategies of UNCTAD (8008836084).jpg

Für Flassbeck ist das Trumps Hauptanliegen: Das absurd riesige Handelsdefizit der Amerikaner. Allein 2017 importierten die USA Waren und Dienstleistungen im Wert von 566 Milli­arden Dollar mehr, als sie ex­portierten. Das größte Defizit gab es mit China (375,2 Milli­arden Dollar), mit Deutschland waren es 64,3 Milliarden Dollar.

Ja und? Das Problem: Wo ein Überschuss ist, ist auch ein Defizit. Da es bereits seit drei Jahrzehnten Defizite gibt, haben die USA einen gigantischen Schuldenberg angehäuft. Schon jetzt hat Washington über 20 Billionen Dollar Miese, knapp 130 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Das ist kein Theorie-Szenario aus VWL-Seminaren, sondern möglicherweise eine echte Zeitbombe für die Weltwirtschaft. Wie gefährlich Staatsschulden sein können, erfuhren in der Eurokrise Länder wie Griechenland: Als die Anleger befürchteten, dass Athen seine Schulden nicht mehr zurückzahlen kann, stiegen die Zinsen ins Unbezahlbare, das Land stürzte in die Katastrophe.

Quelle   :       TAZ         >>>>>      weiterlesen

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Grafikquelle    :

Oben   —  Hochofenabstich (21. Jahrhundert)

 

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