Leih- = Sklaven – arbeit
Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 31. März 2010
Regierung verharmlost Probleme der Leiharbeit
Eine umfassende Kritik des DGB an den erstellten Regierungsbericht über die Leiharbeit.
Seit 1972 hat der Deutsche Bundestag die Bundesregierung verpflichtet, regelmäßig über die Erfahrungen mit dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zu berichten. Am 13.01.2010 hat die Bundesregierung mit halbjährlicher Verspätung den 11. Bericht über Erfahrungen mit der Arbeitnehmerüberlassung beschlossen, am Freitag (26.03.2010) wurde er im Bundestag debattiert. Ziel des Berichtes sollte es eigentlich sein, Bundestag und Öffentlichkeit über die tatsächliche Entwicklung in der Leiharbeit zu informieren. Dabei soll ein besonderer Schwerpunkt darauf gerichtet werden, ob die Entwicklungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung dem spezifischen Schutzbedürfnis der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rechnung tragen. Doch dieser 11. Bericht der Bundesregierung thematisiert die sozialen und beschäftigungspolitischen Probleme der Leiharbeit nur völlig unzureichend und blendet wichtige Fakten ganz oder weitgehend aus.
1. IAB-Forschung wird unzureichend berücksichtigt
Obwohl die IAB-Forschung 2 wesentliche Erkenntnisquelle für den aktuellen Regierungsbericht zur Anwendung der Arbeitnehmerüberlassung sein soll, werden wichtige Ausführungen des IAB zu der arbeitsmarktpolitischen Bedeutung der Leiharbeit vernachlässigt. So wird im Regierungsbericht zu diesem Kapitel lediglich darauf hingewiesen, dass mit der Deregulierung des AÜG „zusätzliche dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen und insoweit Arbeitslosigkeit abgebaut werden (sollte)“. Im IAB-Bericht wird differenziert nach der vorherigen Arbeitsmarktnähe der Leiharbeitskräfte hierzu ausgeführt: „Knapp 12 Prozent der vorher regulär Beschäftigten ist nach der Leiharbeit weder regulär noch in der Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt und mehr als die Hälfte des (untersuchten) 180-Tages-Zeitraumes arbeitslos gemeldet.“ Bezüglich des Brückeneffektes für eher Langzeitarbeitslose schreibt das IAB, dass „fast jeder Vierte (24Prozent) sich auch nach dem Zwischenstopp in der Arbeitnehmerüberlassung in der Arbeitslosigkeit wieder (findet).“ Unterschlagen wird im Regierungsbericht ebenso folgendes Ergebnis der IAB-Forschung: „Da der Brückeneffekt im eigentlichen Sinne meint, ob in erster Linie Arbeitslose über die Arbeitnehmerüberlassung den Weg in dauerhafte reguläre Beschäftigung finden, ist festzuhalten, dass dies nach zwei Jahren nur etwa 8 Prozent der Arbeitslosen gelingt.“ „Abschließend lässt sich sagen – so das IAB – dass Zeitarbeit für Arbeitslose eher als Brücke in die Zeitarbeit und nur sehr beschränkt in reguläre Beschäftigung dient.“ Bundesarbeitsministerin von der Leyen hingegen sagte bei der Vorstellung dieses Regierungsberichtes: „Zeitarbeit baut Brücken in den Arbeitsmarkt.“
Im IAB-Forschungsbericht wird zugleich auf Forschungen weiterer IAB-Mitarbeiter verwiesen, die „der Ansicht sind, dass Leiharbeit auf Kosten von anderen Beschäftigungsformen ausgebaut werde“. Auch diese Aussage sucht man im Bericht der Bundesregierung vergebens.
2. Wichtige Daten und Vorschläge der BA bleiben unerwähnt.
Im Regierungsbericht wurde ebenso auf eine Auswertung der amtlichen Arbeitsmarktstatistik verzichtet. Dabei zeigt ein Bericht der der Bundesagentur für Arbeit von September 2009, dass ein großer Teil der Zugänge aus dem ersten Arbeitsmarkt in Arbeitslosigkeit auf die Verleiher entfällt. „Außerordentlich groß ist der Unterschied für die Arbeitnehmerüberlassung: 16 Prozent der Zugänge (in Arbeitslosigkeit) kommen aus einer Branche, die nur 2,1 Prozent der sozialversicherten Beschäftigung ausmacht“ Weiter heißt es: „Das höchste Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren, haben mit 6,1 Prozent die Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung.“ Dieses Risiko besagt, dass von Herbst 2008 bis Herbst 2009 im Schnitt Monat für Monat gut 6 Prozent der sozialversicherten beschäftigten Leiharbeitskräfte arbeitslos geworden sind.
Neben dem IAB hat auch die BA eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. In ihrer Stellungnahme weist die BA u. a. auf substantielle Risiken und negative Gefahren hin, die sich im Regierungsbericht nicht oder völlig unzureichend wiederfinden. So beispielsweise folgende Aussagen: „Der Wegfall der Höchstüberlassungsdauer hat zu vermehrten Gründungen von sogenannten reinen Personalführungsgesellschaften großer Firmen geführt, z. B. bei Servicegesellschaften im Klinikbereich und Personaldienstleistern großer Autofirmen. Zweck dieser Gesellschaften ist die Senkung von Personalkosten durch die Anwendung von Zeitarbeitstarifverträgen. Die Arbeitnehmer dieser reinen Personalführungsgesellschaften verrichten die gleiche Tätigkeit wie vergleichbare Arbeitnehmer im Entleihbetrieb, erhalten dafür aber wesentlich geringeren Lohn, müssen länger arbeiten und können auch schneller wieder entlassen werden. Der dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz eigene Schutzgedanke kommt hier nicht mehr zugunsten der Zeitarbeitnehmer zum Tragen.“
Vergeblich sucht man gleichfalls im Regierungsbericht einzelne – von der BA aufgelistete – Vorschläge von Regionaldirektionen der BA. So werden in der Stellungnahme der BA ergänzende Sanktionsregelungen und weitere Ordnungswidrigkeitstatbestände zur Diskussion gestellt; so wird bemängelt: „Es ist unverständlich, dass Verstöße gegen die Kernvorschrift des AÜG nicht bußgeldbewährt sind.“
Ausgeblendet werden gleichfalls die eher kritischen Bemerkungen der BA zur arbeitsmarktpolitischen Bedeutung der Leiharbeit. Hierzu schreibt die BA in ihrer Stellungnahme: „Durch die nunmehr gesetzlich zulässige unbegrenzte Überlassungsdauer scheint die Chance auf Übernahme der Zeitarbeitnehmer in ein festes Arbeitsverhältnis gesunken zu sein. Durch die unbefristete Überlassungsmöglichkeit ist nicht auszuschließen, dass Dauerarbeitsplätze mit Zeitarbeitnehmern besetzt werden. Mit der Aufhebung des sog. Synchronisationsverbots werden von Verleihbetrieben Möglichkeiten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes hinsichtlich „versteckter“ einsatzbezogener Befristungen voll ausgeschöpft. Das Arbeitgeberrisiko der befristeten Verleih- bzw. Einsatzmöglichkeiten wird auch durch wiederholte unbefristete Einstellungen/Kündigungen oder zum Teil auch mit (nicht zulässigen) Befristungen auf den Zeitarbeiternehmer abgewälzt.“
Diese von der BA beschriebenen Risiken der deregulierten Leiharbeit werden im Bericht der Bundesregierung systematisch ausgeblendet.
3. Bundestagsanfragen wie Fakten des Statistischen Bundesamtes werden unterschlagen
In Antworten zu Bundestagsanfragen hat die Bundesregierung mehrfach auf das überdurchschnittliche Verarmungsrisiko von Leiharbeitskräften hingewiesen und gewerkschaftliche Berechnungen bestätigt, dass jede achte Leiharbeitskraft mit sozialversichertem Job bereits Hartz IV beziehen muss.
Das Statistische Bundesamt weist in einem umfassenden Bericht von August letzten Jahres gleichfalls darauf hin, dass der Anteil der Niedriglohnbezieher in der Leiharbeit seit 2001 stark gestiegen ist. Darin wird u. a. festgestellt: „Die Bruttostundenverdienste der Zeitarbeitnehmer/-innen sind im Unterschied zu anderen Beschäftigten kaum gestiegen. Bei den atypischen Beschäftigungsformen kommt hinzu, dass der Anteil der Niedriglöhner unter den Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmern um neun Prozentpunkte (2006: 64 %) zugelegt hat.“ Leiharbeitskräfte „nahmen so in der Verdienstverteilung 2006 eine schlechtere Position ein als noch 2001…“.
4. Gefahren des Lohndumpings werden unterschätzt
Die oftmals unzureichende Entlohnung in der Leiharbeit ist dem Bericht der Bundesregierung jedoch nur einen einzigen Absatz wert. Immerhin wird erwähnt, dass das Entgeltniveau der Leihbranche, in denen die Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer eingesetzt sind, teilweise deutlich unterschritten wird. Doch man könnte es genauer wissen. Inzwischen gibt es zahlreiche Studien, die über die tatsächliche Situation Auskunft geben. So weist z. B. eine Untersuchung des Arbeitsministeriums von Nordrhein-Westfalen von November 2008, die auch dem BMAS vorliegen dürfte, Folgendes aus:
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„Das durchschnittliche sozialversicherungspflichtige Monatsentgelt (Vollzeit) von Zeitarbeitnehmern lag 2006 (1.550 Euro) rund 7 % unter dem von 1999 (1.668 Euro).
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Das durchschnittliche sozialversicherungspflichtige Monatsentgelt von Helfern in der Zeitarbeit lag rund 45 % unter dem von Helfern in anderen Branchen. Auch bei qualifizierten Tätigkeiten, wie z. B. Organisations-, Verwaltungs- und Büro-berufen, lag die monatliche Entgeltlücke bei rund 35 %.
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Die Einführung der Tarifverträge in der Zeitarbeit 2004 hat nicht dazu beigetragen, die Lücke zwischen dem durchschnittlichen sozialversicherungspflichtigen Monatsentgelt von Zeitarbeitnehmern und Mitarbeitern in anderen Branchen zu verringern oder gar zu schließen.“
Das WSI hat ermittelt, dass der Lohnabstand im Durchschnitt aller Branchen 29 % beträgt, im Einzelfall sogar 50 bis 100 % Lohnabstand erreicht werden. Diese Fakten wollte das BMAS offensichtlich nicht zur Kenntnis nehmen.
5. Prüfungen werden überschätzt
Der Bericht der Bundesregierung weißt aus, dass in 286 Fällen die Erlaubnis versagt werden musste, weil die Antragsteller offensichtlich unseriös oder mit Steuern und Beiträgen im Rückstand waren. Weiter 355 Erlaubnisse wurden widerrufen und 18 Erlaubnisse wurden zurückgenommen. Dies zeigt, dass die Probleme in der Branche nach wie vor massiv sind und die staatliche Aufsicht nach wie vor notwendig ist.
In dem Bericht wird der Eindruck erweckt, dass umfassende Prüfungen bei den Verleihern durchgeführt würden. In der Tat ist die Zahl von 5.700 örtlichen Prüfungen beachtlich. Allerdings bezweifelt der DGB, dass diese Überprüfungen oftmals zu wirklichen Konsequenzen führen. Vor allem fehlt es den Agenturen an Sanktionsmöglichkeiten, die in der Praxis anwendbar sind. Auch unsere Mitgliedsgewerkschaften berichten, dass Beschwerden oft nur halbherzig nachgegangen werde und die Beschäftigten häufig darauf verwiesen werden, ihre Interessen und Rechte selbst mit Hilfe von Anwälten oder Gewerkschaften durchzusetzen.
6. Soziale Risiken der Leiharbeitskräfte kaum thematisiert
Im regierungsamtlichen Bericht wird behauptet, „dass eine Zeitarbeitnehmerin oder ein Zeitarbeitnehmer sozial genauso abgesichert ist, wie alle anderen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten“. Anders lautende Fakten sowohl der BA wie der Gewerkschaften oder unabhängigen Forschungseinrichtungen werden nicht zur Kenntnis genommen. Ebenso wenig wird auf das überdurchschnittliche Unfallrisiko der Leiharbeitskräfte infolge wechselnder Arbeitseinsätze und unzureichender Einarbeitung eingegangen. Dies gilt ebenso für die meist fehlende betriebliche Weiterbildung und die oftmaligen Tätigkeiten unter dem erworbenen Qualifikationsniveau der Arbeitskräfte.
Auch bezüglich der Bedeutung der Leiharbeit für die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wird lediglich für die wirtschaftlich noch guten Zeiten rekurriert und ihr Anteil am Beschäftigungsanstieg quantifiziert. So heißt es: „An dem erfolgten Aufbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung in Deutschland hatte die Arbeitnehmerüberlassung einen Anteil von über 20 Prozent.“ Bezüglich des dann folgenden tiefen Beschäftigungseinbruchs in der Leiharbeit heißt es hingegen nur: „Saisonbereinigt ist die Zahl der Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer bereits im April 2008 gesunken.“ Verschwiegen wurde, dass bis Mitte 2009 saisonbereinigt wieder ein gutes Viertel bzw. 180.000 sozialversicherte Leiharbeitsverhältnisse verloren gingen.
Dem Thema Kurzarbeit für Leiharbeitskräfte hingegen werden mehrere Seiten gewidmet und die Daten bis Juni 2009 aufbereitet. Schamhaft verschwiegen wird aber auch hier, dass das im Rahmen der Konjunkturprogramme aufgelegte Sonderprogramm von 200 Mio. Euro zur Weiterbildung von Leiharbeitskräften ein großer Flop ist. Lapidar wird hierzu lediglich Folgendes ausgesagt: „ Zum Zeitpunkt können keine qualitätsgesicherten Daten zur Aussage über die Inanspruchnahme der neuen Möglichkeiten zur Förderung der beruflichen Weiterbildung von Zeitarbeitnehmern herangezogen werden.“ Doch die monatlich vorliegenden Haushaltsdaten der BA zeigen, dass von den zur Verfügung stehenden 200 Mio. Euro in 2009 insgesamt lediglich 0,08 Mio. Euro für die Weiterbildungsaktivitäten der Verleihbranche verausgabt werden konnten.
7. Stellungnahmen der Verbände nur einseitig aufgenommen
Im Vorfeld hatte das Ministerium umfangreiche Stellungnahmen von Verbänden und auch Gewerkschaften eingeholt. Im regierungsamtlichen Bericht ist insbesondere die Feststellung wichtig, dass von Arbeitgeberseite und vom Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistung e.V. und vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag gefordert wird, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz vollständig abzuschaffen. Zudem wird eine regierungsamtliche Befragung von Verleihern in 2005 und 2006 zitiert und betont, dass die Mehrheit der Verleiher die Deregulierung der Leiharbeit begrüßt und „regulierende Maßnahmen in der Mehrheit als negativ angesehen“ werden. Betont wird ebenso: „Eine knappe Mehrheit (der Verleiher) sprach sich zudem für eine Aufhebung des „Tarifzwangs“ durch die Kopplung an die ansonsten geltenden Equal-Pay and Equal-Treatment-Regelungen aus.“
Gewerkschaftliche Einschätzungen zur Praxis der Leiharbeit und zum gesetzlichen Handlungsbedarf fallen hingegen völlig unter den Tisch. So hatten unter anderem die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und der DGB eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben, in der die negative Entwicklung der Branche und die sozialen Folgen dargestellt wurden. Doch kritische Stimmen sind offensichtlich nicht erwünscht. Stattdessen wird den Verbänden, die eine weitere Deregulierung fordern, ein großer Stellenwert eingeräumt, obwohl die Erfahrungen mit der Deregulierung alles andere als positiv sind.
8. Erfahrungen anderer Länder werden vernachlässigt
Auch dass in Deutschland die Situation der Leiharbeiter im internationalen Vergleich besonders prekär ist, hätte erwähnt werden können. Der DGB hatte noch im August 2009 eine umfangreiche Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg Essen vorgelegt, in der Deutschland mit sieben westeuropäischen Ländern verglichen wurde. In allen vergleichbaren Ländern ist die Situation der Leiharbeitsbeschäftigten besser als in Deutschland. Das IAQ resümiert, „der Blick auf die Regelungen in anderen europäischen Ländern lasse verschiedene Möglichkeiten erkennen, um die ausgeprägten Lohnunterschiede zwischen Stamm- und Randbelegschaften zu verringern: Gleiche Bezahlung plus Prekaritätsprämie wie in Frankreich oder zumindest Referenzzuschläge bei Einsätzen in Hochlohnbranchen wie in Österreich. Wenigstens bei längeren betrieblichen Einsätzen sollte Equal Pay wie in den Niederlanden gelten, um finanzielle Anreize zur Ausweitung der Leiharbeit zu begrenzen“.
Die Beispiele zeigen, dass Leiharbeit funktioniert, wenn die soziale Situation der Beschäftigten verbessert wird und die Löhne an das Niveau der Entleihbetriebe angeglichen werden. Kürzlich hatte auch die OECD (die Vereinigung der Industrieländer) Deutschland bescheinigt. „International fällt Deutschland durch eine Zweiklassen-Gesellschaft am Arbeitsmarkt auf“, sagte der Sprecher der OECD in Deutschland, Matthias Rumpf, der Frankfurter Rundschau.
9. Fazit
Der Bericht des Bundesarbeitsministeriums über die Erfahrung bei der Anwendung des
Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes blendet insbesondere die soziale Situation eines Großteils der Leiharbeitskräfte aus und thematisiert nur völlig unzureichend die arbeitsmarktpolitischen und gesundheitlichen Risiken dieser Beschäftigtengruppe. Dabei sollte dies der Kern des Berichts an den Bundestag sein. Der Deutsche Bundestag war sich bei der Zulassung der Leiharbeit im Jahr 1972 durchaus darüber im Klaren, dass Leiharbeit eine besondere Arbeitsform ist, die der besonderen Regulierung bedarf. Vor allem wollte man verhindern, dass die Sozialkassen überproportional belastet werden und die Beschäftigten benachteiligt werden.
Deswegen heißt es im zweiten Leiharbeitsbericht vom 21.07.1976: „ Der Bericht will die gesetzgebenden Körperschaften in die Lage versetzen, auf der Grundlage gesicherter Erfahrungen Entscheidungen über die Notwendigkeit gesetzlicher Änderungen zu treffen und zu beurteilen, ob sich die mit dem AÜG getroffenen gesetzlichen Regelungen der Arbeitnehmerüberlassung bewährt haben.“ Von diesen ursprünglichen Zielen der Berichterstattung sind die aktuellen Berichte weit entfernt. Im aktuellen Bericht heißt es lediglich:„ …die Bundesregierung berichtet im vorliegenden Bericht über die Entwicklung der legalen Arbeitnehmerüberlassung“. Dabei sind gerade mit Blick auf die aktuellen Fehlentwicklungen der gesetzlichen Deregulierung Änderung dringend erforderlich.
Zahlreiche Studien, die u. a. auch die soziale Situation der Beschäftigten beleuchten, wurden bei der Bearbeitung des Berichtes offensichtlich nicht berücksichtigt. Der DGB wie andere amtliche Stellen sowie wissenschaftliche Studien hatten auf zahlreiche Fehlentwicklungen hingewiesen und gesetzlichen Korrekturbedarf eingefordert. Doch dies ist offensichtlich nicht gewünscht.
Auch die Bundesagentur für Arbeit hatte in ihrer Stellungnahme Änderungsbedarf gesehen. Insbesondere wurde eingefordert, einen eigenständigen Ordnungswidrigkeitstatbestand einzuführen, um das Gleichstellungsgebot bei der Bezahlung auch tatsächlich durchsetzen zu können. Die bestehenden Sanktionen sind aus Sicht der BA ein stumpfes Schwert. Eine eigenständige Ordnungswidrigkeit würde die Durchsetzungsmöglichkeiten deutlich verbessern.
Weiter weist die Bundesagentur darauf hin, dass mit der Einführung der unbegrenzten Überlassungsdauer die Chance auf Übernahme der Leiharbeitnehmer in ein festes Arbeitsverhältnis beim Verleiher eher gesunken sei. Durch die unbefristete Überlassungsmöglichkeit sei nicht auszuschließen, dass Dauerarbeitsplätze mit Leiharbeitnehmern besetzt werden. Auch dies wird im Regierungsbericht nicht erwähnt; dabei ist zum Beispiel bei der Firma Schlecker und zahlreichen anderen Unternehmen genau dies inzwischen der Fall.
Darüber hinaus weist die Bundesagentur darauf hin, dass mit der Aufhebung des so genannten Synchronisationsverbotes die Möglichkeiten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes hinsichtlich versteckter einsatzbezogener Befristungen voll ausgeschöpft wird. Damit werde das Arbeitgerberrisiko auf den Leiharbeitnehmer abgewälzt. Auch hieraus wird ersichtlich, dass Korrekturbedarf besteht. Dieser wichtige Hinweis wird den Lesern des Berichts der Bundesregierung gleichfalls verschwiegen.
Der DGB erwartet, dass in Zukunft umfassend über die Situation der Branche unter besonderer Berücksichtigung der Beschäftigten berichtet wird und der Gesetzgeber schnellstmöglich Konsequenzen aus den Fehlentwicklungen der Leiharbeit zieht.
Quelle : DGB
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