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Lafontaine oder Links ?

Erstellt von Redaktion am Sonntag 10. April 2022

Oskar Lafontaines Ausflug zur Linkspartei:
Ein historisch notwendiger Fehler

Lafontaine Die Linke.jpg

Was so ein Hut alles verdecken kann – sollte es denn etwas geben?

Von  Katharina Körting

Am Ende bringt „Die Linke“ ein selbstloses Opfer. Oskar Lafontaine versenkt den eigenen Kahn, damit der sozialdemokratische Muttertanker wieder Fahrt aufnehmen kann.

War’s das jetzt, oder kommt noch was? Hat „Die Linke“ ihre Mission erfüllt? Die Frage liegt nach der Saarland-Wahl in der Luft. Über zehn Prozent hat die saarländische Linkspartei verloren, sie steht bei 2,6 Prozent, und damit knapp über der Tierschutzpartei. Die Aufarbeitung brauche Zeit, sagte Parteichefin Susanne Henning-Wellsow zu Beginn der Woche. Sie kündigte eine wissenschaftliche Studie für den Sommer an. Auch der Parteitag im Juni in Erfurt werde sich mit dem Thema befassen. „Die Linke“ habe sich diese Niederlage im Saarland „über Jahrzehnte erarbeitet“, sagte Henning-Wellsow. Die Wortwahl lässt aufmerken: erarbeitet?

Der stolze Parteiname jedenfalls klingt apokalyptisch. „DIE Linke“? Dann stürbe mit ihr die letzte Hoffnung auf das, was immer noch im SPD-Grundsatzprogramm steht: „Der demokratische Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist.“

Dauernd! Doch wer hört noch die Signale? Wie steht es angesichts der Selbstzerfleischung der Linkspartei um diese Sache, die sozialdemokratisch verschämt als „Vision“ in weite Ferne gerückt ist? Fällt mit dem Niedergang der linke Vorhang und lässt nicht nur alle Münder, sondern auch so manche Frage offen? Etwa die: War es am Ende ein abgekartetes Spiel?

Oskar Lafontaine versenkt die Linke und rettet die SPD

Wie Judas laut biblischem Drehbuch den Jesus verraten musste, damit der auferstehen konnte – die Oster-Erlösung funktioniert nicht ohne den Verrat – so hat der streng katholisch aufgewachsene Oskar das Kreuz auf sich genommen und damit auf seine Ex eingeprügelt. Aus Solidarität! Und es funktionierte.

Die SPD rutschte – ein wenig – zurück nach links, wo sie ja herkommt, auferstanden aus Ruinen, Beachtliches leistend, bevor sie allzu satt wurde und sich nicht mehr genug kümmerte um die Not der weniger Satten. Die Linkspartei mit ihrem Beharren auf sozialer Gerechtigkeit erinnerte die etwas weniger linken Genossen zuverlässig an deren „Markenkern“, obwohl der im Grunde schon mit der rhetorischen Anbiederung ans Marketing – MARKENKERN – verraten ward und verkauft. Denn so spricht man auch unter Linken, getrieben von der Kommerzialisierung aller Lebensbereiche: als seien Parteien Waren, als hätten ihre Funktionäre etwas zu verkaufen, soziale Gerechtigkeit, geschnitten oder am Stück – darf‘s ein bisschen weniger sein?

Immerhin: Nach und nach rückte die SPD ab von dem neoliberalen Teufelszeug und der hysterischen Globalisierungseuphorie. Zugegeben, von der neuen pandemischen Staatsbegeisterung hat sie Rückenwind bekommen, und jetzt, so bitter das ist, auch vom Krieg. Wenn Krieg ist, drängt zusammen, was zusammengehört. Und erinnert sich: Wirtschaft und Wohlstand sind nicht alles.

Zusammenhalt ist mehr. Der ganz und gar nicht linke Retroimperialist Wladimir Putin schweißt nicht nur die Nato-Staaten zusammen, sondern beschleunigt auch den Zerfall der Linkspartei. Ein Kollateralschaden. Und eine ironische Volte der Geschichte.

Doch so gefährlich es war, Putin zu unterschätzen, so dumm wäre es nun, ihn zu überschätzen, denn vielleicht war wirklich alles von Anfang an geplant gewesen. Vielleicht war für „Die Linke“ nicht die Zerstörung der SPD das Ziel, sondern deren Neuausrichtung und, nun ja – Versöhnung, Motto: „Ich verlasse dich, damit du merkst, was du an mir hast.“ Am Ende bringt „Die Linke“ ein selbstloses Opfer, indem sie sich selbst zerfleischt. Kapitän Oskar Lafontaine versenkt den eigenen Kahn, so dass der sozialdemokratische Muttertanker Fahrt aufnehmen kann. Mission erfüllt. Nun gibt es links vom Krieg bald gar nichts mehr.

„Putin-Versteher“ und wahre Linke

Nicht erst seit dem Angriff auf die Ukraine gilt „Die Linke“ als Sammelbecken für „Putin-Versteher“. Das zumindest nennt manch einer als Grund für den Parteiaustritt – und den Wechsel in die SPD. (Was einigermaßen skurril wirkt, da gerade die SPD selbst aus vielerlei guten Gründen immer auf dem Dialog mit Russland bestand und dies vernünftigerweise wieder tun wird, wenn der Krieg vorbei ist.) In der Heldenpose des Whistleblowers verraten manche „Die Linke“-Deserteure ihre Ex-Partei: Dort gehe es keineswegs sozial und schon gar nicht links zu. Denn auch das gehört zum Markenkern der Linken: über diejenigen herzuziehen, die angeblich nicht genügend, zu sehr oder nicht in genau der Weise links sind wie man selbst.

Das erinnert mich an die „Falken“. Wir sangen die „Internationale“ und lästerten über die nach unserer Ansicht viel zu lasche, viel zu wenig linke SPD; die Teamer nannten es politische Bildung. Später bin ich trotzdem eingetreten. Ein paar Mal war ich in Versuchung, zur Linkspartei hinüber zu schlüpfen. Viel deutlicher sprachen zumindest deren vernünftige Leute aus, was die SPD wollte. Schritten wir nicht Seit‘ an Seit‘?

Stattdessen bin ich ausgetreten, vor allem wegen des Hungers im Jemen, der durch die schwarz-roten Waffenlieferungen mit verursacht wurde. So wie die gut gemeinten ampelfarbigen Waffen auch jetzt den Hunger in der verflochtenen Welt vergrößern werden. Das gehört sozusagen zum Markenkern jedes Waffengeschäfts, auch wenn es Genossen abschließen: Für Krieg wie Profit müssen die Ärmsten bezahlen. Man sieht: Auch ich nehme übel! Dass immer die hässliche Wirklichkeit dazwischenkommt und die schönen Ideale zermalmt.

Doppelmoral mit vielerlei Maß ertrage ich ganz schlecht. Ich bin gekränkt, dass meine Partei nicht genauso tickt, wie ich es wünsche. Diese Hybris teile ich mit Oskar – falls man Ex-Genossen duzen darf? Er wollte „eine linke Alternative zur Politik sozialer Unsicherheit und Ungleichheit“. Deshalb hat er „Die Linke“ mitgegründet. Nun bescheinigt er seiner Ex, was er schon seiner ersten Ex, der SPD, zum Vorwurf machte: Sie vertrete nicht mehr genügend die Interessen der Arbeitnehmerschaft, der Rentner und des Friedens.

Quelle       :          Der Freitag-online          >>>>>         weiterlesen 

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Grafikquellen          :

Oben     —     Lafontaine (Die Linke), München

6 Kommentare zu “Lafontaine oder Links ?”

  1. Dr. Nikolaus Götz sagt:

    Hallo Frau Körting,
    wieder einmal ein so ‚akademischer‘ und inhaltlich eigentlich nichts analysierender Artikel, der sich in runden Plattitüden verliert ohne die eigentlichen Punkte zu bringen, warum die Saar-Linke mit und um Lafontaine „abgesoffen“ ist… ‚Kritik‘ als Bestandsaufnahme wird dann aber von Ihnen selbst schon mit den Worten zurückgewiesen:“Denn auch das gehört zum Markenkern der Linken: über diejenigen herzuziehen, die angeblich nicht genügend, zu sehr oder nicht in genau der Weise links sind wie man selbst.“

    Auf solche „Ursachenforschung“ kann man verzichten, zumal fast alle Ursachen des ‚Unterganges‘ schon in vielen Artikeln über die LINKE-Saar auf „scharf-links.de“ (Ex.: DIE ROTE-Saar)nachgelesen werden könnten…(Siehe das Archiv). Ob die heute verbliebenen ‚Parteiobenen‘ eine solche kritische Lektüre aber machen werden, ist eher zu bezweifeln…warum auch… siehe auch den Artikel nach der Saar-Wahl:Zeitenwende? Eher’Im Westen nichts Neues’…
    mit freundlich-ehrlichen Grüßen
    Dr. Nikolaus Götz

  2. Schichtwechsler sagt:

    Betreiber DIEROTE-Saar: Dirk Scholl

    Erstmals seit Kriegsende verfügt die PARTEI über einen Mandatsträger im Saarland: Dirk Scholl, der bei den Kommunalwahlen 2009 als Spitzenkandidat der Partei Die Linke in den Stadtrat von Saarlouis einzog und jetzt in Die PARTEI übertrat (2012).

    https://www.spiegel.de/spam/erster-mandatstraeger-der-partei-saar-a-874005.html

  3. Gründungsmitglied sagt:

    zu 2

    Dirk Scholl war aktives Mitglied in der Kommunistischen Plattform.
    Wir waren im Kreis SLS alle froh, als er ausgetreten war.

    Kluger Kopf, aber irgendwie immer ein wirrer Querdenker.

  4. Rotkäppchen sagt:

    #3
    Ein sehr kluger Kopf, der mit unschönen Methoden aus der Partei gemobbt wurde.

  5. Dr. Nikolaus Götz sagt:

    Hallo Schichtwechsler, hallo Gründungsmitglied, hallo Rotkäppchen,
    eigentlich ging es um den Artikel von Frau Körting und nicht um Dirk Scholl, mit dem zusammen ich ‚Die Rote Saar‘ gemacht habe…(wo wart IHR damals?)) und der ebenso die Skandale der LINKEN im Saarland thematisiert hat…alle ‚Guten‘ sind eben irgendwann gegangen… und die ‚bla, bla’… blieben…
    Brille, Bart, Kommunist….Querdenker… prima…und
    so long
    Dr. Nikolaus Götz

  6. Hans Kiechle sagt:

    Operation gelungen
    Patient mit 2,6 % so gut wie tot.

    https://i0.web.de/image/958/36699958%2cpd=2%2cf=size-xl.webp

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