Kontingente statt Asyl
Erstellt von Redaktion am Freitag 20. November 2015
Debatte Flüchtlingspolitik
Kristin Helberg
Mit Restriktionen wird sich der Zustrom der Flüchtlinge nicht stoppen lassen. Notwendig ist eine geregelte Zuwanderung – jenseits des Asyls.
Balkanflüchtlinge schneller abschieben, für Syrer den Familiennachzug stoppen und das Dublin-Verfahren wiedereinführen. Wird das unsere „Flüchtlingskrise“ lösen? Nein. Im Gegenteil, es wird sie verschärfen.
Aus dem Westbalkan kommen inzwischen nur noch wenige, die meisten Flüchtlinge (141.000 von 181.000 im Oktober) stammen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Die syrischen Asylanträge jetzt wieder als Einzelfälle zu prüfen, wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weiter lahmlegen und die Wartezeiten in überfüllten Turnhallen verlängern.
Wer nach Bulgarien oder Ungarn zurücksoll, wird klagen und noch mehr Papier produzieren. Abschrecken lassen sich die Syrer davon nicht.
Wann kapiert die Politik endlich, dass eine Million Flüchtlinge nur deshalb bedrohlich wirken, weil sie unkontrolliert kommen. Nicht die Zahl der Menschen ist das Problem, sondern das Chaos drum herum. Schuld daran ist der Missbrauch unseres Asylrechts – nicht durch Ausländer, sondern durch unsere Politiker.
Humanitäre Gründe
Mit dem Grundrecht auf Asyl verpflichten wir uns, politisch Verfolgten Schutz zu gewähren. Es ist in der Verfassung verankert, kennt keine Obergrenze und ist nicht verhandelbar. Leider ist der Asylantrag für die meisten Ausländer die einzige Chance, in Deutschland Aufnahme zu finden, weil die Regierung keine anderen legalen Wege schafft. So ist aus dem individuellen Anspruch des politisch Verfolgten ein Kollektivrecht für Kriegsflüchtlinge geworden mit all den Folgen, die eine solche Aushöhlung des Asylrechts mit sich bringt.
Was wir brauchen, sind andere Wege nach Deutschland. Menschen, die vor Bomben fliehen, einen Asylantrag stellen zu lassen, ist Unsinn. Denn sie sind keine politisch Verfolgten, sondern Kriegsflüchtlinge, für die es eine andere Form der Aufnahme gibt: die des Kontingents.
Bestes Beispiel sind die Syrer. Unter ihnen sind Oppositionelle, die wegen ihrer Kritik am Regime mit dem Tod bedroht sind und Anspruch auf Asyl haben. Aber die allermeisten Syrer fliehen vor Assads Luftangriffen, dem IS-Terror und den Folgen des barbarischen Krieges. Weil ihre Schutzbedürftigkeit unstrittig ist, bekommen sie drei Jahre Aufenthalt, das dauert ohne Einzelfallprüfung vier Monate. Warum bieten wir ihnen nicht andere Wege als die Balkanroute?
Gab es schon
Juristisch betrachtet, kann die Bundesregierung aus humanitären Gründen bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilen. Solche Kontingente gab es in den 1970er Jahren für vietnamesische und in den 1990er Jahren für bosnische Flüchtlinge. Für Syrer hat die Bundesregierung seit 2013 zwei Aufnahmeprogramme mit 20.000 Plätzen beschlossen. Angesichts dessen, dass allein im Oktober 88.000 Syrer einreisten, ist das eine lächerliche Zahl.
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Michael Thompson from One Love, Earth
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