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Praxis – Journalismus

Erstellt von DL-Redaktion am Montag 2. April 2018

Berichte, die die Welt verbessern

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Von René Martens

Konstruktiver Journalismus will Lösungen aufzeigen statt Probleme beschreiben. Mehrere Formate im Radio, Fernsehen und Internet arbeiten bereits damit. Funktioniert das? „1974 gab es in Westeuropa 411 Tote durch Terror, 2017 nur 32. Das wir uns trotzdem unsicherer fühlen, läge an der hysterischen Berichterstattung sagt der Journalist Ulrik Haagerup.“

Entertainertypen kommen auf Medientagungen stets gut an. Vielleicht weil Journalisten angesichts der trüben Zukunftsperspektiven für ihren Berufsstand froh sind über jegliche Form des Amüsements. Ulrik Haagerup hat den Vorteil, dass er sogar ein bisschen singen kann, und deshalb gibt er im Landesrundfunkhaus des NDR in Hamburg Zeilen aus der letzten Strophe von Bob Dylans „The Times They Are a-Changin’“ zum Besten: „The slow one now will later be fast / As the present now will later be past.“

Einige Besucher hängen tatsächlich an den Lippen des leicht guruhaft performenden Dänen, aber dessen Aufforderung ans Auditorium mitzusingen geht doch ins Leere. Es ist der 15. Februar, und der NDR hat zum ersten „Constructive Journalism Day“ geladen.

Haagerup war bis zum Sommer 2017 Nachrichtenchef beim öffentlich-rechtlichen Danmarks Radio, heute leitet er den neuen Fachbereich für kons­truktiven Journalismus an der Universität Aarhus. Er hat ein Buch zum Thema geschrieben: „Constructive News: Warum ‚bad news’ die Medien zerstören und wie Journalisten mit einem völlig neuen Ansatz wieder Menschen berühren“.

Eine seiner Botschaften: Mehr Breaking News, kurzfristigere Deadlines, schärfere Headlines – das Konzept, so auf den digitalen Wandel und sinkende Einnahmen zu reagieren, sei fehlgeschlagen. Als Beispiel nennt Haagerup die eskalierende Berichterstattung über Terroranschläge, die dazu beitrüge, dass wir in Westeuropa uns heute maximal unsicher fühlen, obwohl wir doch, verglichen etwa mit 1974, in verdammt sicheren Zeiten leben. Konkret gesagt: 1974 gab es in Westeuropa 411 Tote bei Terroranschlägen, 2017 dagegen 32.

Seit einem halben Jahrzehnt gibt es immer wieder neue Aufmerksamkeitswellen für konstruktiven Journalismus. Erst kürzlich hat der Guardian, einer der Vorreiter des digitalen Journalismus, eine weitere ausgelöst, als er unter dem Titel The Upside eine neue Reihe startete. Nach einem Pilotprojekt will deren Redaktion hier ihre Anstrengungen im konstruktiven Journalismus intensivieren. Die „Lawine der Schrecklichkeit“, die der nichtkonstruktive Journalismus produziere, ermüde die Leute, sagt Mark Rice-Oxley, der Projektleiter.

Nicht nur Wohlfühljournalismus?

Während etwa der Guardian proklamiert, er konzentriere sich mit The Upside auf Lösungen, sagt Maren Urner, lösungsorientierte Beiträge seien nur ein kleiner Teil des konstruktiven Journalismus. Urner hat 2016 das Onlinemagazin Perspective Daily gegründet, das nur einen Artikel pro Tag veröffentlicht, der dann auch nahezu nie tagesaktuell ist.

Einig sind sich die Konstruktivisten aber darin, dass es ihnen nicht um good news auf Teufel komm raus geht, nicht um Wohlfühljournalismus. Urner, deren Redaktion von 13.000 Abonnenten finanziert wird, sagt, man – ein Begriff, der in ihrem Magazin wegen des verschleiernden Charakters übrigens verboten ist – wolle dem Mediennutzer seine „gelernte Hilflosigkeit“ abtrainieren und für dessen „Empowerment“ sorgen. Ein zentrales Element bei einem Text spiele die Frage: „Wie kann es weitergehen?“ Die solle man sich gleich zu Beginn der Arbeit an einem Beitrag stellen.

Quelle    :     TAZ       >>>>>>      weiterlesen

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Source de.indymedia.org
Author Frauen*-Internationalismus-Archiv Dortmund

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