Der Unterschied zwischen Opportunismus und Lernfähigkeit

Wer immer die Wahl hat – macht einen Kasper
Konservatismus und die damit verbundene Langsamkeit sind an sich nichts Schlechtes. Man muss nur auch danach handeln.
Der Grund für die gegenwärtige Irrlichterei der CDU ist die konservative Hilflosigkeit im Angesicht des radikalen Wandels. Die Schwierigkeit des Konzepts Bewahrung in einer Zeit, in der sich viele Selbstverständlichkeiten auflösen. Die Krise des Konservatismus ist auch eine Krise der Demokratie, weil Deutschland ein knallkonservatives Land ist.
Die durchschnittlichen deutschen Wähler möchten im Alltag so wenig wie möglich mit Politik belästigt werden, fordern aber, dass alle anderen im Namen von Ruhe und Ordnung gefälligst durchreglementiert werden.
Für diese urkonservative Haltung existieren viele Codes wie Pragmatismus oder politische Stabilität. Auch der oft missbrauchte Begriff „bürgerliche Mitte“ zielt darauf, denn sowohl „Mitte“ wie auch „Bürgerlichkeit“ stehen für Maßhalten und Bedächtigkeit, also für politische Trägheit. Nicht gleich reagieren, bloß weil eine neue Erkenntnis oder eine tiefgreifende Veränderung zum Vorschein kommt.
Die Krise des Konservatismus birgt das Potenzial, schlimmer zu werden, denn der gesellschaftliche Wandel beschleunigt und verstärkt sich durch Digitalisierung, Globalisierung und die rechtsautoritären Attacken auf die liberale Demokratie. Drei Zitate führender Konservativer der CDU helfen, die Problematik zu begreifen.
Jens Spahn
„Konservativ zu sein heißt, die Geschwindigkeit von Veränderungen so zu reduzieren, dass sie erträglich sind.“ Dieser Satz von Spahn ist so klug wie deprimierend. Unabsichtlich entlarvt er zwei große Probleme des Konservatismus im 21. Jahrhundert.
Das Erste ist die Fokussierung auf eine „Normalperson“, die zufrieden vor sich hinlebt und vor Veränderungen geschützt werden muss. Der Konservatismus nach Spahn kommt nicht auf die Idee, dass das Leben für größere Teile der Bevölkerung durch Veränderung vielleicht erträglicher wird. Weil für sie der gesellschaftliche Status quo nicht nur schützenswert, sondern unbedingt verbesserbar ist.
Alleinerziehende, armutsbedrohte oder nicht weiße Menschen zum Beispiel könnten Spahn eine Menge über die Unerträglichkeit der viel zu langsamen Veränderung erzählen. Und da ist die ökologische Maximalfrage der Gegenwart, der Klimawandel, noch nicht berücksichtigt.
Das zweite große Problem in diesem vielsagenden Zitat ist weniger offensichtlich, aber noch umfassender. Denn Spahn behauptet implizit, man könne die Veränderungen mit den herkömmlichen, mäßigungsorientierten Instrumenten der CDU verlangsamen.

Mir kommt es so vor, als ließen sich digitale Vernetzung, transnationale Wirtschaftsverflechtungen und Umweltumwälzungen nicht sonderlich durch deutsche, konservative Langsamkeitsbeschwörungen beeindrucken. Für die Bevölkerung wird das immer offensichtlicher: Der Kontrollverlust einer Partei, die für ihre Souveränität und behauptete Kontrollkraft gewählt wird.
Friedrich Merz
„Ich hätte im Bundestag längst einen offen nationalsozialistischen Vizepräsidenten gewählt.“ Das ist kein wörtliches Zitat von Merz, aber – fast ebenso erschütternd – die Zusammenziehung zweier echter Merz-Zitate. Ende 2018 hatte er die AfD als „offen nationalsozialistisch“ bezeichnet. Ein paar Monate später sagte Merz, dass er längst einen AfD-Vizepräsidenten im Bundestag gewählt hätte.
Das kontrastiert man am besten damit, dass im Brandenburger Landtag der von CDUlern mitgewählte AfD-Vizepräsident eine Debatte zu Hanau und rechtem Terror verhinderte.
Hier offenbart sich dreierlei:
Quelle : Spiegel -online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Deutscher Michel sägt am eigenen Ast – Applaudierende Sowjetsoldaten
Lienz:
KAS/ACDP 10-001: 603
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Unten — Sascha Lobo; 10 Jahre Wikipedia; Party am 15.01.2011 in Berlin.…