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Komplizin meiner Überwachung

Erstellt von Redaktion am Freitag 19. September 2014

Komplizin meiner Überwachung

von Katharina Döbler

Gerade habe ich es wieder einmal getan: meine Daten im Internet preisgegeben. Für eine Handvoll Euro, na ja, einige Handvoll. Ich habe den Stromanbieter gewechselt, Ökostrom natürlich, ich bin ja eine von den Guten.

Und jetzt wissen sie, wie ich heiße und wo ich wohne – das wusste bislang schließlich jede Firma, die mir jemals Strom geliefert hat. Sie wissen auch, wie viel Strom wir verbrauchen, sie fragten danach, um den günstigsten Tarif zu berechnen. Und jetzt können sie daraus schließen, wie viele Personen in meinem Haushalt leben.

Das Einzige, was sie nicht wissen, ist mein Geburtsdatum, obwohl sie auch das erfahren wollten, angeblich, um festzustellen, ob ich bereits geschäftsfähig bin. Aber anstatt mich einfach ankreuzen zu lassen, ob ich über 18 bin, bestanden sie auf Jahr und Tag meiner Geburt. Sonst gab es keinen Strom, beziehungsweise keinen nächsten Menüpunkt. Es ist ja dann immer so, als säße man einem Beamten gegenüber, der mit immer gleicher Miene sagt: „Geburtsdatum, bitte. Ich habe meine Vorschriften.“ Ein Dialog ist nicht vorgesehen und nicht möglich. Sie wissen jetzt also auch ein Geburtsdatum, allerdings ein falsches. Und wie falsch: Hitlers Geburtstag und sein Todesjahr. Den Witz dürften sie kaum bemerkt haben.

Solche kleinen Subversionen trösten über das unangenehme Gefühl hinweg, ihnen ausgeliefert zu sein. Kleine Bosheiten wie andere Vornamen oder eine absonderliche E-Mail-Adresse zum Einmalgebrauch. Ich weiß, dass das nichts nützt und kaum etwas ändert. Wenn es um Einkäufe geht, ist es doch immer wieder dasselbe Bankkonto, dieselbe Anschrift, egal ob ich als Udo oder als Miranda bestelle.

Und meine IP-Adresse haben sie auch. Ich habe nur, wie wahrscheinlich die meisten, einen bestimmten Kodex. Zu meinem gehört es, die bösen Riesen Google, Amazon und Facebook zu vermeiden, nur das preiszugeben, was nach meinem Ermessen unumgänglich ist, mich also nicht bei irgendwelchen Anbietern zu registrieren, auch wenn es 10 Prozent Rabatt dafür gibt. Wenn die 10 Prozent allerdings richtig viel Geld bedeuten, dann, vielleicht, verhandle ich mit mir auch mal über meinen Kodex.

Quelle: Le Monde diplomatique >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Lockedo

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