KOLUMNE – NAFRICHTEN
Erstellt von DL-Redaktion am Donnerstag 12. Mai 2022
Das politische Comeback der fliegenden Eier
Eier auf Helmut Kohl in Halle (Saale) am 28. August 1990
Von Mohamed Amjahid
Wer mir auf Social Media folgt, weiß, dass ich gerne koche und backe. Wer mich etwas besser kennt, sagt mir ganz oft, dass ich gut koche und backe. Einige Friends von mir laden sich zumindest gerne ein, weil sie wissen: Es gibt immer etwas zu mampfen. Deswegen habe ich Nafri-Mama-mäßig meist ein paar Grundzutaten im Haus: Olivenöl ist da und Grieß, verschiedene Nüsse, hausgemachte eingelegte Zitronen, die gute Pasta, Safran und Feinschmeckersardinen in der Büchse (Mmmh! Lecker!), alles, was man in Deutschland halt nicht hamstert. Was auf jeden Fall nie in meinem Haushalt fehlen darf: Eier. Die sind vielseitig und fürs Backen eh praktisch. Außerdem erleben sie gerade ein politisches Comeback.
Neulich, am 1. Mai, wurde Franziska Giffey, auch als Regierende Bürgermeisterin von Berlin bekannt, bei einer Kundgebung mit einem Ei beworfen. Giffey ist bei der SPD und kommt in linken Kreisen der Hauptstadt so überhaupt nicht gut an. Deswegen erzielt sie im hochbürgerlichen, sehr deutschen Neukölln exzellente Ergebnisse. Nach dem Eiwurf, der Giffey verfehlte, schrieb die taz-Redakteurin Fatma Aydemir auf Twitter „Ei Mubarak“ und gratulierte so allen Geschwistern zum Zuckerfest, das auch Eid genannt wird. Bevor Sie jetzt denken „über GEWALT lacht man nicht!“, muss ich Sie darauf hinweisen, dass Giffey selbst danach auf Facebook einen Pfannkuchenwitz gepostet hat.
Er war halt null lustig. Vor wenigen Tagen traf es dann Außenministerin Annalena Baerbock. „Traf es“ stimmt aber nicht. Bei einer Kundgebung in Wuppertal warfen proputinsche, also sehr deutsche Demonstrant*innen weit daneben. Das Bild passt auch gut auf deren Argumente. Allerdings kann die zeitgenössische Version des Eierwurfs nicht an alte Erfolge anknüpfen: Helmut Kohl traf am 10. Mai 1991 ein Protestei in Halle direkt ins Gesicht.
Damals war es ein Juso, der ausgeholt haben soll. Kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen (also, dass es ein Juso war). Legendär und inspirierend ist der Tortenwurf auf Beatrix von Storch, auch bekannt als Enkelin des Erbgroßherzogs Nikolaus von Oldenburg (prominentes Mitglied der NSDAP und der SA) und von Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk (Reichsfinanzminister von 1932 bis zum bitteren Ende damals).
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Kundgebung zum Problem der Lehrlingsausbildung mit Teilnahme von Lothar de Maizière und Helmut Kohl (Marktplatz, 28. August 1990)
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Unten — Wahlabend Sachsen 2019: Beatrix von Storch (AfD)
- Erstellt: 1. September 2019