KOLUMNE * ERNSTHAFT?
Erstellt von DL-Redaktion am Samstag 4. September 2021
Lessons learned in Afghanistan ?
Von Ulrike Winkelmann
Es wird jetzt viel über die Lehren aus dem Einsatz in Afghanistan gesprochen. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass dadurch etwas besser würde.
Das Englische kann so viel geschmeidiger sein als das Deutsche, eindrücklicher auch. Selbst wenn die deutsche Vokabel eigentlich parat steht, bietet sich die englische Vokabel daneben oft geradezu an, passgenau, mundgerecht. Das gilt insbesondere dann, wenn über etwas auf Englisch mindestens so viel geredet wird wie auf Deutsch, und das trifft auf den Krieg in Afghanistan nun unbedingt zu.
Deshalb jedenfalls hallt in meinem Kopf der Begriff von den „lessons learned“ schon lange nach, den Lehren („gelernte Lehren“ würden wir ja nicht sagen), die aus dem Afghanistan-Krieg zu ziehen wären.
„Was sind unsere lessons learned?“, riefen viele, die den Einsatz in Afghanistan schon früh schieflaufen sahen. Es antwortete aber niemand – jedenfalls niemand Zuständiges. Und nein, die „Fortschrittsberichte“ der Bundesregierung zu Afghanistan waren kein Ersatz, auch wenn sie kritische Töne enthielten. (Habe den ersten dieser Berichte von Ende 2010 gerade vor mir: Tatsächlich ist da bereits zu lesen, dass die Laune der Afghaninnen und Afghanen sank. Sie waren frustriert vom Einsatz des Westens.)
Nun standen ja schon lange unangenehme Erkenntnisse im Raum herum und warteten nur darauf, angesprochen zu werden. Ein Beispiel, das viele KennerInnen des Landes beschreiben: Jahrelang wollte die Bundesregierung den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan dadurch moralisch aufwerten, dass sie ihn mit ziviler Hilfe verband, mit Brunnen-, Schul- und Brückenbau. Militär und Entwicklungshilfe gingen vor Ort also Hand in Hand.
Immer schön auf die anderen verweisen
„Vernetzte Sicherheit“ hieß das, mehrere Verteidigungsminister in Folge sprachen davon. Bei Franz Josef Jung klang es im hessischen Idiom besonders weich und zivil. Doch für die Afghaninnen und Afghanen war die „lesson learned“, dass Aufbau und militärische Besatzung eigentlich das gleiche waren. Brunnen-, Schul- und Straßenbau wurden so zu einer militärischen Besatzungsaktion – und jedenfalls nicht der afghanischen Regierung in Kabul zugeschrieben, die überflüssig wirkte. Es war ein Staatsaufbau, der dem aufzubauenden Staat keine Anerkennung verschaffte.
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
*********************************************************
Grafikquellen :
Oben — Victory