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Erstellt von Redaktion am Sonntag 15. Mai 2022

Da sind sie endlich, die Intellektuellen

Datei:Bundesarchiv Bild 183-H0611-0500-001, Berlin, Intellektuelle bei Friedenskundgebung.jpg

Berlin, Intellektuelle bei Friedenskundgebung

Von Ulrike Winkelmann

Her mit den offenen Briefen! Offene Briefe sind toll, offene Briefe sind wichtigoffene Briefe können wir aktuell gut brauchen.

Ich meine das vollkommen ernst. Auch Sie haben dieser Tage bestimmt ein paar hämische Bemerkungen gehört oder gelesen, wonach sich irgendwelche Hanselinnen und Hanseln für keine Unterschrift unter ein hingerotztes Pamphlet zu schade seien. Fix-fix hätten sie sich beim Überfliegen der Briefe zum Angriff Russlands auf die Ukraine eine Meinung gebildet und sich namentlich druntersetzen lassen. Zur Belohnung dürften sie fortan in Talkshows über Panzer, Atombomben und Embargos mitreden. Aber mit welcher Qualifikation eigentlich?

Es qualifiziert sie eben dies: dass sie ihren Namen unter ein Papier gesetzt haben. Doch, das reicht. Mit ihrer Unterschrift haben sie sich für eine Diskussion beworben. Wenn eine Bundesregierung angesichts eines Kriegs in Europa erklärt, wir seien „in einer anderen Welt aufgewacht“ und nun müssten alle bei allem umdenken, dann ist es wirklich sinnvoll, darüber auch mit Leuten ohne Expertise-Hintergrund in Panzer-, Atombomben- oder Embargo-­Dingen zu diskutieren.

Mag sein, dass einem Schauspieler dann argumentativ schnell die Puste ausgeht. Oder dass ein Professor so mies rüberkommt, dass er niemanden überzeugt. Doch diese Öffentlichkeit, von der wir hier reden, ist ein reiz­bares und wankelmütiges Ding, vielen macht sie Angst. Es ist nicht selbstverständlich, als Gast eine Talkshow souverän zu überstehen. Die wenigsten Menschen werden geboren, um adrett frisiert und ohne sichtbaren Schweißausbruch die eigenen Argumente fehlerfrei, korrekt artikuliert und pointiert auf einer Strecke von 60 oder 90 Minuten vorzubringen. Womit die Liste der Voraussetzungen für einen erfolgreichen Auftritt noch nicht einmal komplett wäre.

Ulrike Winkelmann - Zukunft des Öffentlich-rechtlichen Rundfunks (34715387826).jpg

Wenn sich nun aber Leute – nennen wir sie „Intellektuelle“ – finden, deren Selbstbewusstsein und Zeit ausreichen, sich den Talkshows und Radiointerviews, Podien und Streit­gesprächen für Qualitätszeitungen zur Verfügung zu stellen, dann ist das gut. Neben den natürlich sowieso notwendigen ExpertInnen für Panzer et cetera haben sie die Funktion, Deutungsmuster aus ihren je eigenen Kenntnisgebieten beizutragen, um das noch Unverstandene verstehbarer zu machen.

Quelle         :           TAZ-online            >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —    Berlin, Intellektuelle bei Friedenskundgebung

Photograph
  • Brecht, Bertolt: Schriftsteller, Regisseur, DDR
  • Hay, Julius: Schriftsteller, Ungarn (GND 118547313)
  • Legal, Ernst: Schauspieler, Regisseur, Generalintendant Staatsoper Berlin, DDR (GND 118727079)
  • Abusch, Alexander: Minister für Kultur, Mitglied des ZK der SED, DDR

Namensnennung: Bundesarchiv, Bild 183-H0611-0500-001 / CC-BY-SA 3.0

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Unten       —       Ulrike Winkelmann. Foto: SeeSaw /Sophia Lukasch www.seewsaw-foto.com Veranstaltung „Öffentlich-rechtliche Medien im (digitalen) Wandel“ der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin

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