Kolumne – Die eine Frage
Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 18. Februar 2018
Endlich wieder richtig links?
Von Peter Unfried
Ein Comeback der Beatles inklusive John Lennon ist wahrscheinlicher als eine Erneuerung der SPD. Ja, man muss sich Sorgen machen.
Nach sorgsamer Prüfung der Sachlage bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ein Comeback-Konzert der Beatles inklusive John Lennon und George Harrison erheblich wahrscheinlicher ist als eine Erneuerung der SPD. Das meine ich nicht flapsig, sondern bitter ernst. Denn so ist die Lage.
Letztlich sagt ja der Anti-SPD-Establishment-Kämpfer Kevin Kühnert nichts anderes als: Wenn wir der Regierungsverantwortung entsagen und in die Opposition ziehen, werden wir uns erneuern und wieder wahrhaft sozialdemokratisch, also „links“. Das ist die Sehnsucht nach Klarheit, okay.
Aber was bedeutet „sozialdemokratisch“ als Antwort auf die politischen Jahrhundertfragen: Erderhitzung, Klima- und Ressourcenkriege, künstliche Intelligenz, Digitalisierung und ihre Auswirkung auf Erwerbsarbeit und Freiheit, Ende der alten Weltordnung, Gefährdung der liberalen europäischen Gesellschaft durch die Rückkehr des Nationalismus?
Für eine Erneuerung, die nicht nur auf die Gefühlslage zielt, sondern auf die Weltlage, bräuchte es ein sehr weitreichendes Reset und vor allem die Kraft zur Offenheit. Zukunftspolitik kann nicht aus fixer Programmatik gemacht werden, die man nach dem Karnevalsmotto „endlich wieder richtig links“ im Ortsverein Dortmund-Aplerbeck ausknobelt. Wahrscheinlicher ist, dass dann die Kohlekraftwerke noch ein bisschen weiterlaufen.
Die Eskalierer dieser Tage kommen aus verschiedensten politischen Parteien, Ecken und Redaktionsräumen. Rechtspopulisten, Linkspopulisten, linke und junge Sozialdemokraten, liberalisierungsmüde Unionler und strategische FDPler. Was alle eint, ist die Sehnsucht nach der alten Schlachtordnung, von der sie selbst zu profitieren hoffen. Links soll wieder links sein, rechts wieder rechts. Was es so nie gab. Als ob Willy Brandt links gewesen wäre – und Helmut Kohl rechts.
Die Zornbank dieser Tage
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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