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Kampf um die Kanzlerschaft

Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 30. April 2021

Ist Deutschland reif für diese Wahl?

File:Annalena Baerbock (Pressefoto).jpg

Eine Kolumne von Bettina Gaus

Der unauffällige Laschet gegen die unerfahrene Baerbock– der Wahlkampf dreht sich bisher kaum um Inhalte. Es geht um Sehnsüchte und Projektionen.

Der Wahlkampf hat nun wirklich begonnen, jedenfalls der zwischen CDU und CSU. Er wird noch an Schärfe zunehmen. Das Wort »hinterfotzig« hätte für Markus Söder erfunden werden können. In Bayern klingt das ein bisschen freundlicher als das hochdeutsche »tückisch«, zumal dort stets etwas Anerkennung mitschwingt. Dennoch: Es klingt eben nur ein bisschen freundlicher. Hinzu kommt, dass Armin Laschet der gegenwärtig vermutlich am meisten unterschätzte Spitzenpolitiker der Republik ist. Das ist Stoff für großes Kino.
Etwas bräsig wirkt der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, allzu leutselig, durchaus gütig – und sehr, sehr langweilig. Wir haben uns daran gewöhnt, dass Kämpfer aussehen wie Kiefer Sutherland, nicht wie Armin Laschet. Aber wenn ich einen Krimi schreiben würde, dann wäre er der ideale Täter. Niemand verdächtigt ihn, er wirkt geradezu provozierend harmlos. Aber er plant präzise.
Die prominent verkündete Aufnahme von Friedrich Merz ins Wahlkampfteam ist ein kluger Schachzug. Der kann und soll im Osten für den Kanzlerkandidaten werben, also dort, wo die Begeisterung für den bayerischen Ministerpräsidenten besonders groß ist. Und auch in allen anderen CDU-Kreisen, in denen Laschet so beliebt nicht ist.

Was bekommt Merz dafür? Vermutlich alles, was er will, falls Laschet ins Kanzleramt einzieht. Finanzminister. Wirtschaftsminister. Oder – Fraktionschef, die vermutlich mächtigste Funktion. Glaubt jemand, dass Amtsinhaber Ralph Brinkhaus nennenswerten Widerstand leisten könnte? Der war ja nicht einmal zu der klandestinen Sitzung im Büro von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble eingeladen, in der, wie wir inzwischen wissen, alles entschieden wurde. Offenbar war seine Anwesenheit von niemandem für nötig oder auch nur für nützlich gehalten worden.

Ausgerechnet Friedrich Merz, der ewige Verlierer, ist nun also der Joker von Armin Laschet. Er bedient die vor allem in den neuen Bundesländern weit verbreitete Sehnsucht nach Führung und klaren Ansagen. Genau wie Söder. Hier kämpfen zwei auf demselben Feld. Dabei geht es allerdings mehr um Projektion als um Bilanzen. Friedrich Merz hat wenig messbare Erfolge vorzuweisen und Markus Söder eine eindrucksvolle Niederlage. Bei der Landtagswahl 2018 holte die CSU ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950. Söder war damals seit sieben Monaten bayerischer Ministerpräsident.

Wen kümmert’s. Die Frage, was jemandem zugetraut wird, ist in der Politik oft viel wichtiger als die Frage, was er oder sie tatsächlich kann. Armin Laschet nützt es heute wenig, dass er 2017 die durchaus populäre Sozialdemokratin Hannelore Kraft aus der Staatskanzlei in Düsseldorf verdrängte – und das, obwohl ihm zu Beginn des Wahlkampfs kaum Chancen eingeräumt worden waren. Große Teile der Bevölkerung mögen ihn derzeit halt nicht. Pech.

File:Maischberger - 2016-12-14-7439.jpg

Es muss allerdings daran erinnert werden: Der Ausgang der Bundestagswahl entscheidet sich nicht zwischen CDU und CSU. Andere dürfen mitmachen, zum Beispiel die Grünen. Deren Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock wird – Momentaufnahme – geliebt, sogar verehrt. Ihre Partei führt in allen Meinungsumfragen, the sky is the limit, der Himmel ist die Grenze, alles scheint möglich.

»Ist Deutschland reif für eine grüne Kanzlerin?«, so eine Überschrift in der Tageszeitung »Augsburger Allgemeine«. Die Autorin eines Kommentars im Berliner »Tagesspiegel« quälte eine ähnliche Frage: »Und wenn Deutschland noch nicht reif ist für Baerbock?«. Das hat nun allerdings weniger mit politischer Analyse zu tun als mit religiöser Heilserwartung. Wann dürfen wir uns über die Zeile freuen: »Oh Göttin, sei uns bitte gnädig in unserer Unwissenheit«?

Quelle       Spiegel           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen       :

Oben         —     Annalena Baerbock (* 15. Dezember 1980 in Hannover) ist eine deutsche Politikerin der Grünen und Bundestagsabgeordnete. Sie ist Mitglied des Parteirats von Bündnis 90/Die Grünen und war von 2009 bis 2013 Vorsitzende des Landesverbands Brandenburg.

Author Stefan Kaminski (photography), Annalena Baerbock (full rights of use)
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