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– Just-in-time –

Erstellt von Redaktion am Samstag 12. Februar 2022

Die Politik pervertiert die Wirtschaft

1900 circa, Spedition Bäte, Hannover, Bachstraße 3 in der Nordstadt, Zweispänner mit Kutschern bei den Lagerhallen.jpg

Quelle:    Scharf  —  Links

Ein Kommentar von Georg Korfmacher, München

Nachdem just-in-time zu „wenn überhaupt“ pervertiert ist, stellt sich die Frage, warum erst eine Pandemie und nicht menschlicher Verstand das Urübel einer globalen just-in-time-Ideologie aufdecken musste. Entwickelt wurde das an sich nachhaltige Produktions- und Lieferkonzept in Japan in der Firma Toyota und kam in den 1970er Jahren im nationalen und auch nachbarschaftlichen Raum zum Durchbruch.

Wie kaum anders zu erwarten stürzte sich die US-Wirtschaft blind zur Steigerung des eigenen Profits darauf, ohne den Hintergrund und schon gar nicht die möglichen Folgen zu hinterfragen. Mit der Öffnung Chinas und der damit vorangetriebenen Globalisierung kam dann auch der erwartete Profit. Die in China oder wo auch immer sklavisch nach US-Vorgaben hergestellten Produkte oder Teile konnten nun zur rechten Zeit und an den gewünschten Ort praktisch ohne eigene Lagerhaltung angeliefert werden. Die Kosten für das damit verbundene gigantische Transportsystem per Schiff, Luft oder Bahn war immer günstiger als die Vorhaltung eigener Arbeitskräfte und Lagerkapazität. Auch die europäische Wirtschaft ließ sich von diesen „evidenten“ Vorteilen verführen und stieg voll auf just-intime ein, selbst wenn stop-and-go-Ereignisse (Ölkrise, Kriege, Brexit) hie und da klare Warnsignale aussendeten.

Rein betriebswirtschaftliche Überlegungen haben von Anfang an die Risiken des Systems auf globaler Ebene aufgezeigt. Gleichwohl wurde das profitgetriebene System auf geradezu schwindelerregendem und halsbrecherische Höhen getrieben, bis eine Pandemie dem Treiben von heute auf morgen eine Implosion bescherte und klar seine Schwächen offenlegte. Der blindwütige Kapitalismus war darauf nicht vorbereitet und konnte und kann auch keine Abhilfe anbieten. Nach 40 Jahren hü heißte es jetzt hott in Ländern, die weder die nötige Kapazität an Fachkräften und Einrichtungen haben, mit Lieferengpässen und Preissteigerungen. Diese treffen wie selbstverständlich vor allem wieder einmal die Schwachen in unserer Gesellschaft, während einige wenige Reiche dabei unvorstellbar reicher werden, ohne jedoch mit ihren Gewinnen zum Gemeinwohl beizutragen. Ganz im Gegenteil behindern oder schwärzen sie z.B. das Projekt der Neuen Seidenstraße an, weil sie darauf mit ihren kapitalistischen, profitgeilen Vorstellung keinen Zugriff haben.

Ist es nur die Denkfaulheit unserer Politiker-Innen oder fehlt es schlicht und einfach am Mangel von  Lebenserfahrung in den Regierungen ?

Eine Wirtschaft ohne Zulieferungen ist illusorisch und unvernünftig, aber bitte im rechten Maß, wie seinerzeit in Japan entwickelt. Vernünftig ja, aber das Kapital ist nicht das Maß aller Dinge, sondern der Mensch mit seinen Fähigkeiten und Bedürfnissen. Global denken ist heute zwar notwendiger denn je, aber die Umsetzung unserer globalen Beziehungen muß neu überdacht werden. Gute Beispiele dafür gibt es zuhauf, wie z.B. die Hafenstadt Duisburg, die im Zuge des wirtschaftlichen Umbruchs im Ruhrgebiet dem Niedergang geweiht war, hätte China dort nicht im Zuge seines umsichtigen Seidenstraßenprojektes derart investiert, dass die Stadt heute der größte Binnenhafen Europas ist. Das ist mehr als just-in-time, das ist wirtschaftliche Umsicht von China bis Duisburg und von dort aus weiter. Piräus ist ein anderes Beispiel dafür, wie eine vom westlichen Kapital verschmähte Stadt heute zum größten Hafen im Mittelmeer entwickelt worden ist. Nix just-in-time!

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Grafikquellen      :

Oben       —    Punktgerasteter Abdruck einer Fotografie um 1900, die die Spedtion Bäte in Hannover, hier noch in der Bachstraße 3 in der Nordstadt zeigt. Zu sehen sind zumeist offene, beladene Pferdefuhrwerke mit Waren, teilweise mit Planen , in der Regel als Zweispänner, und ihre Kutscher auf einem der Höfe des Unternehmens …

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