Ja – panisch werden
Erstellt von DL-Redaktion am Donnerstag 7. April 2011
Wer eine Tragödie überlebt hat
ist nicht ihr Held gewesen.“
(Stanislaw J. Lec)
In Japan wurden 450 Hilfskräfte eingesetzt um das Kühlsystem wieder instand zu setzen. Ist es verwunderlich, wenn diese Menschen von willigen Regierungsschreibern schon wieder als Helden benannt werden? Wir sollten uns hüten, diesen naiven Auslegungen zu folgen.
Als erstes wäre hier zu hinterfragen, ob denn dieses Hilfskräfte freiwillig ihre Arbeit verrichten oder dazu gezwungen wurden. Sollten sie gezwungen worden sein, wie stellenweise zu lesen ist, o.K. 90 % der Bürger würden sich nicht in den sicheren Tod schicken lassen. Sollten sie freiwillig die Arbeit verrichten, wäre hier zwischen Heldentum oder Dummheit zu entscheiden.
Die erste Aufgabe einer Regierung ist es, Menschen zu schützen, was dementsprechend in unseren Grundgesetz festgelegt ist. Eine Regierung aber, welche Helden ausruft, hat sich für gewöhnlich in irgendeiner Art und Weise gegenüber seiner Bevölkerung schuldig gemacht. So geschehen bei Kriegen oder auch jetzt bei der AKW Katastrophe in Japan. Es ist eine Perversion, unschuldige Menschen für die eigene Unfähigkeit in den sicheren Tod laufen zu lassen.
Es ist allgemein bekannt, dass die Technik ein AKW ein-, aber nicht wieder ausschalten kann. Es wäre also nicht mehr als Recht, wenn die Verursacher solcher Katastrophen als allererstes versuchen würden, den von ihnen angerichteten Schaden auch selber zu reparieren. Das gleiche sollte natürlich vor allen Dingen für die Betreiber der AKW und die befürwortenden Politiker gelten. Diese aber würden sich bei einem Supergau als natürlich in speziell für sie geschaffene Sicherheitsbunker zurückziehen, um dort darauf zu warten, bis irgendwelche Idioten die Kastanien aus dem Feuer holen. Ich hoffe, dass diese Spezies demnächst auch in PKW oder Züge einsteigen werden, von denen sie wissen, dass diese keine Bremsen haben.
Ja, panisch werden
„Wer eine Tragödie überlebt hat, ist nicht ihr Held gewesen.“ (Stanislaw J. Lec)
Im umkämpften Libyen haben sich 2.000 philippinische Krankenschwestern geweigert, das Land – wie fast alle Ausländer – zu verlassen, obwohl ihre Regierung ihnen dies dringend nahegelegt hat. Gerade jetzt werden wir gebraucht, erklärten sie. Sind sie Heldinnen?
In Japan werden bei den brennenden Atomreaktoren von Fukushima 450 Hilfskräfte eingesetzt, die versuchen, das Kühlsystem wieder in Gang zu setzen – und sich dabei tödlicher Verstrahlung aussetzen. „Diese Arbeiter sind Helden,“ befand Isolde Charim in der taz. Der Kommentator der Zeit, Klaus Hartung, kritisierte die deutschen Hysteriker, die hier seit dem japanischen Reaktorunfall „selbstbezogen“ gegen Atomkraft demonstrieren, aber völlig desinteressiert, das heißt ,“unfähig zur Anteilnahme“ an den „Helden von Fukushima“, seien.
Stattdessen werden sie hier als „Angeheuerte“ und zum Einsatz im Reaktor Befohlene bezeichnet – während man sie in Japan als „Samurai“ feiert. Sie stellen die „erste Verteidigungslinie“ dar, wie Premierminister Naoto Kan sagte. Für den Samurai als Angehörigem einer Kriegerelitekaste gilt laut dem Philosophen Hojo Shigetoki aus dem 13. Jahrhundert: „Er sollte nicht an Hunderttausende von Menschen denken, wenn er kämpft, sondern nur die Bedeutung seines Herrn im Sinn haben.“
Quelle: TAZ >>>>>weiterlesen
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Grafikquelle :
Reaktor Nr. 4 in Tschernobyl im
Donnerstag 7. April 2011 um 5:16
Menschen die sich schützend vor Schwächere stellen, Menschen die sich ohne Rücksicht bedrohten, verletzten Mitmenschen zuwenden und helfen das sind die Helden. Und genau da liegt der Unterschied. Das passiert oft im Schatten großer Ereignisse. Wie war vor einigen Tagen noch zu lesen: der Staatsanwalt aus Münster
(war es glaube ich)hielt einen Vortrag über Zivilcourage. Selbst er musste eingestehen das es einen Fall gab wo er nicht helfen konnte.
Es ist richtig, wenn Menschen eine tödliche Gefahr in Kauf nehmen müssen oder sollen, ist irgend etwas vorher falsch gelaufen. Auch dann gibt es Menschen die trotz dieser Gefahr wissend ihr Einzelschicksal hinter die Gemeinschaft stellen. Die Grenze zwischen Heldentum und Dummheit ist fließend. Aber Menschen denen befohlen wird so etwas zu tun, haben das Pech zur falsche Zeit am falschen Ort zu sein. Das sind keine Helden, das sind arme Teufel. Und die Stilisierung zum Helden ist ein ebenso wiederkehrendes Ritual der Politik wie die übrige Phrasendrescherei. Es ist die Ablenkung von ihrer Schuld und Unfähigkeit. Die Krankenschwestern in Libyen waren Heldinnen.
Gedenken wir derer die durch ihr Handeln menschliche Größe zeigen und dabei zu Schaden kommen oder gekommen sind. Den wahren Helden des Alltags.