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In unruhigen Gewässern

Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 29. April 2022

Europäische Mittelmeermission

Migrantenjagd EU-Agentur - Schließung von FRONTEX Warschau 2008.jpg

Wer in Not gekommenen Menschen helfen will – schickt keine Uniformierten Mörderbanden an seine Außengrenzen! Er leistet humanitäre Hilfe.

Von Tobias Pietz

Die Operation Irini hat nur symbolische Wirkung beim Kampf gegen Waffenschmuggel. Der Bundestag muss eine Neuausrichtung im Blick haben.

Seit Oktober war das Wetter im südlichen Mittelmeer oft so schlecht, dass die Schiffe der europäischen Mittelmeermission EUNAVFOR Med, genannt Operation Irini, nicht eingesetzt werden konnten. Die Wirkung von Irini bei der Unterbindung des Waffenschmuggels wurde so weiter eingeschränkt. Mit dem Angriffskrieg Russlands und schwindender Kooperationsbereitschaft Moskaus im UN-Sicherheitsrat stellen sich darüber hinaus neue Herausforderungen für die Mission, deren Mandat im Juni im Sicherheitsrat verlängert werden müsste.

Bereits im März letzten Jahres beschloss der Europäische Rat die Verlängerung des europäischen maritimen Einsatzes bis Ende April 2023 – auch mit der Zustimmung der damaligen Bundesregierung. Am Freitag diese Woche wird der Deutsche Bundestag über den Antrag der Ampelkoalition abstimmen, für Irini auch weiterhin deutsches militärisches Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Mit einer Zustimmung ist fest zu rechnen. War die Verlängerung 2021 noch ohne Veränderung des Mandats erfolgt, so begründet die jetzige Regierung ihre Zustimmung auch damit, dass Deutschland sich nicht mehr an der Ausbildung und Ausstattung der libyschen Küstenwache beteiligen soll und es von Deutschland stattdessen auch ein klareres Bekenntnis für die Seenotrettung durch die Mission gäbe.

Diese Begründung erweckt den Anschein einer Neuorientierung. Doch anders als die Vorgängermission Sophia konnte Irini bisher nie – wie eigentlich geplant – die libysche Küstenwache ausbilden, weil sich die libysche Übergangsregierung standhaft geweigert hat, dieses Ausbildungsangebot anzunehmen. In ihren Augen hatte die EU mit der einseitigen maritimen Überwachung des Waffenembargos die Übergangsregierung gegenüber anderen militärischen Akteuren, insbesondere des im Osten herrschenden Generals Chalifa Haftar, in Libyen klar benachteiligt.

Abgesehen davon war die Ausbildungshilfe schon früher zu Recht hochumstritten. Es gibt klare Erkenntnisse darüber, wie völkerrechtswidrig die libysche Küstenwache mit Geflüchteten umgeht und teils selbst in den gefürchteten Menschenhandel verwickelt ist. Auch das Bekenntnis zur Seenotrettung bedeutet keine qualitative Veränderung – das internationale Recht verlangt schon immer, dass Schiffe von Irini bei Seenot eingreifen.

Waffenembargo funktioniert nicht

Doch um die Seenotrettung durch Irini einzuschränken, hatten sich einige Mitgliedsstaaten vor dem Start des Einsatzes 2020 etwas ganz Besonderes überlegt. Alle vier Monate muss Irini durch das Politische und Sicherheitspolitische Komitee (PSK) des Rates der EU einstimmig neu bestätigt werden, andernfalls wäre die Operation umgehend beendet. Grund für diesen Mechanismus sind die Bedenken einiger rechtskonservativer Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten mit Hinblick auf potentielle Migration nach Europa.

Niederländisch Dornier Frontex-5.jpg

Die Auftragnehmenden Uniformträger verdienten es  an den Pranger der Unmenschlichkeit gestellt zu werden !

Sollte Irini nach Ansicht dieser Staaten zu viele Menschen retten, könnten sie der Mission ein Ende machen. Auch beim Kernmandat, der Abschreckung von Waffenschmuggel auf hoher See, war eine effektive Mandatsumsetzung kaum möglich, da die EU sogenannte Opposed Boardings – das Anbordgehen gegen den Widerstand des Flaggenstaates des zu inspizierenden Schiffs – ablehnt.

Das Expertenpanel des UN-Sanktionskomitees für Libyen kam daher bereits im letzten Jahr zu der Schlussfolgerung: “Das Waffenembargo bleibt völlig unwirksam. Bei den Mitgliedstaaten, die die Konfliktparteien direkt unterstützen, sind die Verstöße umfangreich, eklatant und unter völliger Missachtung der Sanktionsmaßnahmen“. Damals empfahl das Panel, dass der UN-Sicherheitsrat Mitgliedsstaaten ausdrücklich dazu autorisiert, Schiffe auch gegen den Willen des Flaggenstaats zu inspizieren.

Innerhalb der ersten 12 Monate der Operation hat Irini nur acht Durchsuchungen an Bord verdächtiger Schiffe vorgenommen. Bis März 2022 waren es laut ihrer Website 22. Schaut man sich das Ausmaß des Schmuggels an, die das UN-Expertenpanel dokumentiert, muss man von einer rein symbolischen Wirkung der Mission auf den Waffenschmuggel ausgehen. Außerdem kam die größte Anzahl an Waffen laut Sanktionskomitee ohnehin über Land und per Flugzeug nach Libyen

Neues Konzept für Seenotrettung notwendig.

Quelle       :       TAZ-online          >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben     —   Schließung der FRONTEX-Demonstration 2008 in Warschau

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