Impfstoff für arme Länder
Erstellt von Redaktion am Samstag 10. April 2021
Global gegen die Pandemie
Niemand hatte gesagt das eine jede Nation ihren Reibach aus der Pandemie machen möchte ! Wer machte denn noch Politik ohne Geld ?
Von Anna Holzscheiter
Mangelnde internationale Solidarität prägt den Wettkampf um die Impfstoffe. Dem Virus den Garaus zu machen, wird so jedoch nicht funktionieren.
In der stark abgewandelten Covid-19-Version der Legende von St. Martin behält der römische Soldat Martin den warmen Mantel so lange an, bis ihm nicht mehr kalt ist. Dann erst gibt er die Hälfte, im Zweifel sogar den ganzen Mantel an den frierenden Armen im Schnee ab.
Nach diesem Prinzip strebt man in den USA, in Großbritannien, Deutschland und etlichen anderen Ländern mit privilegiertem Zugang zu Impfstoffen an, zunächst die eigene Bevölkerung „durchzuimpfen“, bevor man den anderen großzügig von seinem Überschuss etwas abgibt. Daneben gibt es noch die Version Russland und China: Da gibt St. Martin zwar gleich ein Stück vom Mantel ab, aber nicht aus Selbstlosigkeit, sondern um sich die Loyalität des armen, frierenden Mannes zu sichern.
Die Art und Weise, wie die Ankunft des chinesischen Impfstoffs Sinovac in afrikanischen Ländern inszeniert wird, spricht für sich. Große Teile der Bevölkerungen wohlhabender Länder werden in absehbarer Zeit eine Impfung erhalten haben – und damit wird aller Erwartung nach auch die Verbreitung des Virus, die Zahl der Infizierten, Schwerkranken und Toten abnehmen.
Die Interessenpolitik einzelner Staaten blockiert in der WTO die Aussetzung der Patente auf Covid-19-Impfstoffe
Angesichts der exorbitanten Bestellungen von Impfdosen, die wohlhabende Länder mit Pharmakonzernen vereinbart haben, ist davon auszugehen, dass sie in naher Zukunft mit Impfstoffen überflutet werden. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch sind die Impfstoffe ein stark umkämpftes Gut. Es gilt die Devise: „First come, first serve.“ Bereits im September 2020 waren 51 Prozent der zum damaligen Zeitpunkt angestrebten Impfstoffmenge von Ländern „reserviert“, die nur 13 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren.
Einzelstaatliche Interessenpolitik
Zugleich treibt die extreme Schieflage zwischen Angebot und Nachfrage die Preise für Impfstoffe in die Höhe. Die mickrigen Impfspenden, die hin und wieder getätigt werden, haben die Bezeichnung „internationale Solidarität“ nicht verdient. Die USA haben zwei Milliarden Impfdosen für sich reserviert, die EU eine Milliarde.
Einzelstaatliche Interessenpolitik statt internationale Solidarität gilt auch dort, wo programmatische Entscheidungen verhindert werden, beispielsweise in der Welthandelsorganisation, in der alle Länder mit starkem Pharmasektor, einschließlich Deutschland, eine Aussetzung der Patente auf Covid-19-Impfstoffe blockieren. Nach über einem Jahr Leben und Sterben in einer globalen Pandemie lösen sich die Konturen einer tatsächlich globalen Gesundheitspolitik immer mehr in Luft auf.
Unterstützt aber damit nicht jeder Impf-Willige dieses perfide politisch – kannibalische anmutende System ??
Die rasante Verbreitung des Virus, vielerorts kollabierende Gesundheitssysteme und dabei entstehende neuen Virusmutationen – wer würde ernsthaft bestreiten, dass Gesundheit global gedacht werden muss? Und dennoch wirkt die internationale Kooperation so schwach wie nie. Erst vor Kurzem ließ die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verlautbaren, die EU werde erst dann wieder über eine Umverteilung von Impfstoffen nachdenken, wenn es eine bessere Produktionslage in Europa gebe.
Sie sei froh, dass über internationale Kooperation bereits 41 Millionen Impfdosen an 52 Länder außerhalb der EU geliefert worden seien. Die dramatischen Ungleichheiten, die sich im Verteilungskampf um die Impfstoffe offenbaren, verdeutlichen, wie globale Lösungen von einem gesundheitspolitischen Inseldenken verdrängt werden. Diese ernüchternde Entwicklung konterkariert die jahrzehntelangen Bemühungen vieler Länder, die globale Ungleichheit im Zugang zu Gesundheitssystemen zu reduzieren.
Aussetzen der Pharma-Patente
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Grafikquellen :
Oben — Based on public domain CIA World Fact book image with the Equator bolded in red