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Grünes Spitzenpersonal

Erstellt von Redaktion am Dienstag 28. Mai 2019

Baerbock for Kanzlerin

Annalena Baerbock (Pressefoto).jpg

Von Ulrich Schulte

Robert wer? Wollen die Grünen ernsthaft als feministische Partei gelten, müssen sie Anspruch aufs Kanzleramt erheben – mit einer Kandidatin natürlich.

Echte Jungs machen am liebsten unter sich aus, wer die wirklich wichtigen Jobs bekommt. Für Stern-Kolumnist Hans-Ulrich Jörges ist es zum Beispiel gar keine Frage, dass Robert Habeck der Kanzlerkandidat der Grünen werden muss. Jörges verglich Habeck, den „Politiker mit dem größten Potenzial in Deutschland“, allen Ernstes mit dem jungen Willy Brandt.

Habeck, klar. Wer auch sonst? Jörges, ein Alphajournalist des Berliner Betriebs, ist nicht der einzige Mann, der dem Mann in der Grünen-Spitze das Kanzleramt zutraut. (Männliche) Journalisten vom Spiegel, vom Handelsblatt, der Welt oder von Regionalzeitungen spekulieren, ob Habeck es macht. (Männliche) Politologen stimmen ein. Generell ist die beliebteste Frage an wichtige Grüne derzeit, ob die Partei angesichts ihres Höhenfluges, nicht zuletzt durch den großen Erfolg bei den Europawahlen, einen Kanzlerkandidaten aufstellen müsse. Einen Kandidaten wohlgemerkt, Maskulinum.

Die naheliegende Frage lautet doch aber: Warum eigentlich Habeck? Warum sollte nicht Annalena Baerbock die Kanzlerkandidatin der Grünen werden? Beide sind Parteivorsitzende, beide werden im nächsten Wahlkampf Spitzenkandidaten sein – und sie wäre mindestens so geeignet wie er.

Allein die Tatsache, dass Baerbocks Kandidatur nicht ernsthaft erwogen wird, zeigt, wie Machtfragen im Jahr 2019 noch verhandelt werden. In dem Hype um Habeck steckt eine ordentliche Portion Misogynie. Der Mann gilt als gesetzt, die Frau als, nun ja, ganz fähig – aber eben nicht kanzlerinnentauglich. „Nichts gegen Annalena Baerbock“, knödelt Jörges in seiner Eloge auf Habeck gönnerhaft, „sie ist ein kompetentes und sympathisches Gesicht ihrer Partei.“

Kompetent und sympathisch? Da schwingt wenig subtil mit: Wenn es wirklich wichtig wird, Baby, lass mal die Männer ran. Solche Muster lassen sich in der öffentlichen Rezeption des grünen Spitzenduos immer wieder beobachten. Habeck wird von JournalistInnen als charismatischer Superstar beschrieben, Baerbock als kundige Fachpolitikerin. Er wird für die philosophischen Welterklärer-Interviews angefragt, sie darf die Details der Kohlekommission auseinanderfriemeln. Er wird als moderner, empathischer Mann gefeiert, der sogar seine Hemden selbst bügelt. Sie muss erklären, wie sie den Spagat zwischen Politik und Familie hinbekommt. Selbst schuld, wenn frau kleine Kinder hat und sich erdreistet, Parteivorsitzende sein zu wollen.

Annalena Baerbock, Natascha Nicklaus, Nora Szász, Kristina Hänel, Ulle Schauws (47225657912).jpg

Das Interessante ist ja, dass in dem grünen Spitzenduo die traditionellen und überholten Attribute von Männlichkeit und Weiblichkeit genau falsch herum verteilt sind. Baerbock ist der Mann, Habeck die Frau. Sie blickt kühler auf die Dinge als er. Sie neigt nicht zum emotionalen Überschwang. Sie spricht präziser und sie macht weniger Fehler. Annalena Baerbock hätte sich niemals zweimal in einem Video so verquatscht, dass es wirkt, als sprächen die Grünen Parteien oder Bundesländern die Demokratiefähigkeit ab. Sie hätte auch vor der Bayern-Wahl, als die Landesgrünen auf Schwarz-Grün hofften, keine öffentliche Entschuldigung der CSU für ihre Flüchtlingspolitik gefordert. Denn diese Bedingung hätte faktisch die Koalition verhindert. Solche Fehler sind keine Kleinigkeiten. Wer ins Kanzleramt will, muss sich im Griff haben. Frau Dr. Merkel könnte viel über die Tugend der Selbstbeherrschung erzählen. Auch ein Studium des Völkerrechts ist vielleicht hilfreicher als eines der Philosophie, aber das nur am Rande.

Quelle         :       TAZ           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen         :

Oben        —        Annalena Baerbock (* 15. Dezember 1980 in Hannover) ist eine deutsche Politikerin der Grünen und Bundestagsabgeordnete. Sie ist Mitglied des Parteirats von Bündnis 90/Die Grünen und war von 2009 bis 2013 Vorsitzende des Landesverbands Brandenburg.

  • CC BY-SA 4.0Hinweise zur Weiternutzung
  • File:Annalena Baerbock (Pressefoto).jpg
  • Erstellt: 5. Dezember 2013

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Unten     —        Foto: Stephan Röhl

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