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Erstellt von Redaktion am Sonntag 6. Februar 2022

Mit der Greenflation zur Transformation

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Von Rudolf Hickel

Als hätte die Ampel-Koalition nicht schon genug neue Probleme, ist sie zusätzlich noch mit einer altbekannten Thematik konfrontiert, der Inflation. Nach einer Inflationsrate nahe null im Corona-Abschwungjahr 2020 stieg die Geldentwertung 2021 von Monat zu Monat bis auf über fünf Prozent zum Ende des Jahres. Letztmals wurde ein derartiger Kaufkraftverlust vor 30 Jahren, im Juni 1992, erreicht.

Die Konsequenz: Inflationsängste machen sich breit, die zusätzlich mit der absurden historischen Anspielung auf die Hyperinflation von 1923 geschürt werden. Dabei dominierte noch vor kurzem die Sorge vor Deflation, die durch sinkende Preise auf breiter Front die Unternehmenserlöse verringert und somit die Gesamtwirtschaft schrumpfen lässt. Die Notenbank stand daher vor der Aufgabe, den zu niedrigen Preisindex in Richtung der Zielinflationsrate von zwei Prozent nach oben zu bewegen.

Angesichts der überraschend hohen Inflationsraten ist die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank in die Kritik geraten. Wurde bislang die Zielinflationsrate von zwei Prozent zwecks Vermeidung einer Deflation als Schmiermittel zugunsten der wirtschaftlichen Dynamik gerechtfertigt, löst der aktuelle Inflationsanstieg nun die Forderung nach dem Tritt auf die geldpolitische Bremse aus.

Dabei sind es vor allem die Marktfundamentalisten, die attackieren. Jedenfalls ruft das jahrelange Regime der Niedrigzinsen den eigentlich tot geglaubten Monetarismus auf den Plan. Seine maßgeblich auf Milton Friedman zurückgehende Botschaft ist klar: Ein sich eigentlich aus eigener Kraft stabilisierendes Marktsystem werde durch aktive Finanzpolitik nur destabilisiert. Gefordert wird daher etwa von Hans-Werner Sinn, dem Ex-Chef des Ifo-Instituts, „das Ende der Geldschwemme“ durch einen höheren Leitzins und vor allem den Ausstieg aus den Programmen des allgemeinen und pandemiebedingten Ankaufs von Wertpapieren bei den Banken. Die Tatsache, dass die expansive Versorgung mit Zentralbankgeld im Euroraum wie auch in den USA über Jahre eher mit deflationär wirkenden Inflationsraten einherging, bleibt dabei unerwähnt. Was auch kein Wunder ist: Denn dass die Notenbank mit ihrer expansiven Geldpolitik den ökonomischen Crash des Eurosystems auch in Pandemiezeiten verhindern konnte – und zwar ohne dabei von der Finanzpolitik unterstützt zu werden –, entzieht sich der monetaristischen Trugschlussökonomik.

Die aktuelle Inflationsentwicklung lässt sich also mit der durch die Notenbanken erzeugten Schwemme mit billigem Geld nicht erklären. Im Gegenteil: Gerade der marktradikal getriebene Monetär-Reduktionismus versperrt den Blick auf die eigentlichen Ursachen der heutigen Inflation. Es handelt sich dabei nämlich um zwei bisher unbekannte Triebkräfte, die in den Lehrbüchern der Ökonomik schlicht nicht vorkommen.

Zum einen geht ein gehöriger Anteil der aktuellen Geldentwertung auf die ökonomische Entwicklung unter dem Regime der Pandemie und ihrer Bekämpfung zurück. Zum anderen wird erstmals der Anstieg der Lebenshaltungskosten infolge einer politisch unvermeidbaren Verpreisung des CO2-Ausstoßes spürbar. Diese neuartige Form einer „Greenflation“, die sich vor allem in steigenden Energiepreisen manifestiert, ist die zwingende Folge des ökologischen Umbaus.

Die Pandemie als Inflationstreiber

Zum pandemiebedingen Inflationsanstieg lässt sich Folgendes feststellen: Der Verlauf der Pandemie belastet grundsätzlich die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Dazu gehört auch der Anstieg der Preise auf breiter Front in Richtung Inflation. Die verschiedenen Lockdowns sorgten zunächst für einen erheblichen Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Doch inzwischen springt die Wirtschaft allmählich wieder an. Die wieder weltweit wachsende Nachfrage stößt allerdings auf zuvor abgebaute Produktionskapazitäten. Der dadurch „verzögerte Aufschwung“ erhöht zuerst die Hersteller- und dann auch die Verbraucherpreise auf breiter Front.

Dazu kommt die bremsende Rückwirkung der unterschiedlichen Lockdowns in wichtigen Ländern des internationalen Handels auf den weltweiten Warenverkehr. Während die Frachtraten insgesamt eklatant gestiegen sind, wird etwa in China durch die vorübergehende Schließung wichtiger Häfen Schiffsfracht nicht rechtzeitig befördert. Derartige Lieferkettenunterbrechungen belasten besonders das vom internationalen Handel abhängige Deutschland. Hier rächt sich die hoch gelobte Globalisierung mit ihrem Leitprinzip, alles möglichst billig irgendwo in der Welt unter Nutzung der „Just in Time“-Lieferfähigkeit zu produzieren. Aufgrund dieser bitteren Erfahrung arbeiten die Unternehmen bereits am Aufbau resilienter Lieferketten.

Nicht zuletzt beeinflussen diese weltweiten Abhängigkeiten auch die Nahrungsmittelpreise, die allein im Dezember vergangenen Jahres um sechs Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen sind. Zudem haben Dürren und Überschwemmungen die Preise der Agrarprodukte nach oben getrieben. Ende November vergangenen Jahres erreichte etwa der Weizenpreis eine zuvor nicht gekannte Höhe.

Gegen diese Inflationseffekte mit Geldverknappung und steigenden Leitzinsen zu reagieren, wäre ökonomisch kontraproduktiv und sozial verheerend. Monetaristische Ratschläge taugen nichts, denn sie sind reines Gift für die Wirtschaft. Vielmehr muss die Geldpolitik mit dem fortgesetzten Null-Leitzins und dem Ankauf von Staatsanleihen die gesamtwirtschaftliche Entwicklung über die Versorgung mit billiger Liquidität stärken.

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Dieser Politik kommt die Tatsache zugute, dass es sich beim pandemiebedingten Preisanstieg im Energiebereich oftmals um „Sonderfaktoren“ handelt, die sich schon im Verlaufe dieses Jahres erheblich verringern dürften. Dies gilt nicht zuletzt für die preistreibenden Unterbrechungen der Lieferketten. Doch die Monetaristen sind nicht bereit, die für den Verlauf des Jahres absehbare Auflockerung der Lage auch bei den Energiepreisen zur Kenntnis zu nehmen. Stattdessen attackieren sie in „vorauseilendem Gehorsam“ die von ihnen beschworene Selbstverstärkung der Inflation durch eine prophezeite aggressive Tarifpolitik. Im Zentrum des neoliberalen Krisenszenarios steht das Gespenst der Lohn-Preis-Lohn-Spirale: Höhere Löhne sorgen für höhere Preise, die wiederum für höhere Löhne sorgen und so weiter und so fort. Dabei wird für diese Spirale keinerlei Beleg präsentiert.

Seit Jahren orientiert sich die Tarifformel der Gewerkschaften beim Inflationsausgleich am Ausmaß der symmetrischen EZB-Zielrate von zwei Prozent. Und das ist auch gut so. Denn Gewerkschaften wissen, dass Geldpolitik die nicht gewollte Inflation erfolgreich bekämpfen kann. Allerdings ist der Preis verdammt hoch, wie die fatale Schrumpfpolitik durch die Deutsche Bundesbank gegen eine hohe Inflationsrate zu Beginn der 1970er Jahre offenbart hat, nämlich eine schwere Wachstumskrise und steigende Arbeitslosigkeit.

Die gewollten Kosten der grünen Transformation

Ein zweiter, völlig neuer Inflationstreiber ist die ökologische Transformation. In der Wirtschaftswissenschaft vor allem in den USA ist deshalb bereits die Rede von der „Greenflation“.

Dieser Umbau zur Nachhaltigkeit erzeugt eine riesige Nachfrage nach den dafür notwendigen knappen Rohstoffen, etwa nach seltenen Erden für den Bau der E-Autos. Das Gleiche gilt für Stromleitungen und Solarsysteme samt den Chips zur Steuerung. So steigt durch den ökologischen Umbau die Nachfrage nach dem dafür enorm wichtigen Kupfer, was wiederum den Kupferpreis massiv steigen lässt. All das treibt die „grüne“ Inflation.

Hinzu kommt die politisch zu Recht gewollte Verteuerung der Treibhausgase – die „grüne Inflation“ als Triebkraft der ökologischen Modernisierung. Sie folgt zum einen aus dem massiv gestiegenen Preis für das Recht, CO2 auszustoßen. Der Preis der an der Börse gehandelten Zertifikate für die Energiewirtschaft sowie energieintensive Produktionsstätten (etwa Stahl) ist von durchschnittlich 25 Euro pro Tonne CO2 in 2020 im vergangenen Jahr auf 53 Euro gestiegen. Dabei wurden Ende 2021 auch schon mal Tageskurse von über 80 Euro notiert.

Quelle        :        Blätter-online          >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen          :

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Verfasser Stefan-Xp      /         Quelle   :    Eigene Arbeit       %      Datum    :      13 Januar 2007, 09:54 (UTC)

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Author Original:Stefan-XpVector: Jfd34       /     Source    : 

Transferred from de.wikipedia to Commons.      /    Date    :  6 December 2005
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Attribution: Stefan-Xp

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