Gerechtigkeit – George Floyd
Erstellt von Redaktion am Freitag 23. April 2021
Ein Urteil – kein Abschluss
Eine Kolumne von Bettina Gaus
George Floyd starb durch rassistische Polizeigewalt. Es ist eine Erleichterung, dass sein Mörder verurteilt wurde. Doch das gesellschaftliche Problem besteht weiter.
Jahren nach Berlin gezogen sind, stand sie an der Schwelle vom Kind zum Teenager. Wichtigstes Kriterium bei der Wohnungssuche: Möglichst ruhig, möglichst langweilig sollte der Stadtteil sein, in den wir ziehen würden. Ich wollte mir nicht jedes Mal, wenn sie abends unterwegs war, Sorgen machen müssen, ob sie vielleicht Opfer eines rassistischen Übergriffs geworden war. Ist dies dasselbe, wie die Angst vor Polizeigewalt, die im afroamerikanischen Teil der US-Bevölkerung herrscht? Nein. Das ist viel weniger schlimm. Bedeutet es, dass solche Überlegungen meiner Familie und mir also durchaus zumutbar waren? Ebenfalls: Nein. Waren sie nicht.
Rassismus ist ein sehr viel komplexeres Thema, als gemeinhin angenommen wird. Es hat viel mit Geschichte zu tun, mit nationalstaatlichen, familiären und persönlichen Erfahrungen. Mit Misstrauen. Mit kollektiver Erinnerung.
Immerhin: Nun ist es auch in den USA amtlich, dass es – unabhängig von der Hautfarbe – nicht in Ordnung ist, jemandem 9:29 Minuten lang die Luft abzuschnüren, der darum fleht, atmen zu dürfen. Wenigstens das. Von außen betrachtet scheint es selbstverständlich zu sein, dass ein Geschworenengericht in Minnesota den Polizisten Derek Chauvin wegen Mordes an dem Afroamerikaner George Floyd verurteilt hat – erstaunlich ist, mit welcher Spannung das Urteil erwartet wurde. Allein die Tatsache, dass der Ausgang des Verfahrens offen war, sagt vieles über das gesellschaftliche Klima in den USA aus.
Wäre Chauvin auch verurteilt worden, wenn es kein Video, sondern nur Zeugenaussagen gegeben hätte? Das muss bezweifelt werden. Die Polizei in Minnesota hatte den Tod von George Floyd ursprünglich auf gesundheitliche Probleme zurückgeführt, und auch die Verteidigung des Angeklagten im Prozess zielte auf Vorerkrankungen des Ermordeten ab. In diesem besonderen Fall hat das nicht funktioniert. Aber wie oft sind Sicherheitskräfte mit derlei Behauptungen durchgekommen? Wir wissen es nicht. Das statistische Material zum Thema ist beklagenswert schlecht, was ja auch schon aufschlussreich ist. Was wir immerhin wissen: Polizisten und Polizistinnen in den USA werden nur selten verurteilt, wenn am Ende eines Einsatzes jemand tot am Boden liegt.
Dass es dazu so oft kommt, hat viele Gründe. Zur Wahrheit gehört auch: Nicht immer ist die Lage so eindeutig wie im Fall von George Floyd.
Geschlossene Gemeinschaften neigen dazu, Probleme unter sich ausmachen zu wollen und Außenstehenden misstrauisch, gar feindselig gegenüberzustehen. Afroamerikanische Wohnviertel gibt es, auch afroamerikanische Kirchengemeinden, Klubs, Gangs, Selbsthilfegruppen. Kein Wunder – viele Weiße wollen bis heute nicht Tür an Tür mit afroamerikanischen Familien leben. Die Wahl von Barack Obama zum Präsidenten der USA hat – weltweit – die bequeme, nette Vorstellung genährt, der afroamerikanische Teil der Gesellschaft sei mehrheitlich in der US-Mittelschicht angekommen. Das war und ist falsch.
Quelle : Spiegel >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben —
Police officer Derek Chauvin kneeling on George Floyd’s neck, leading to Floyd’s death. Taken by onlooker with a mobile phone. | |
Source | Darnella Frazier Facebook post. |
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Article | Killing of George Floyd |
- Fair use
- File:George Floyd neck knelt on by police officer.png
- Uploaded: 4 June 2020
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Unten —
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Erstellt am Freitag 23. April 2021 um 11:21 und abgelegt unter Amerika, Innere Sicherheit, Kriminelles, Regierungs - Werte. Kommentare zu diesen Eintrag im RSS 2.0 Feed. Sie können zum Ende springen und ein Kommentar hinterlassen. Pingen ist im Augenblick nicht erlaubt.