Gaukler in der Politik
Erstellt von DL-Redaktion am Montag 21. Februar 2011
Es ist ein schleichender Prestigeverlust,
welchen die Politik samt ihren Strategen in den letzten Jahren hinnehmen mußte. Aufgrund eines alles beherrschenden Lobbyismus, leeren Wahlversprechungen und vielen, für die Bevölkerung unverständlichen und widersprüchlichen Entscheidungen, ist diese Gruppe von „selbst ernannten“ Eliten endgültig am Ende ihrer Glaubwürdigkeit angekommen, welche in der letzten Wochen die ersten Demaskierungen zu Folge hatte.
So konnten wir am vorletzten Sonntag in der Sendung der ARD bei „Anne Will“ unsere Talkshow Hopperin, ihres Zeichens Mehrfachmillionärin mit sieben Kindern, in der Politik auch Arbeitsministerin genannt, bewundern, wie sie von dem Journalisten Michael Spreng ganz locker aber konsequent demaskiert wurde. Überraschend allerdings, weil nur ein einzelner Satz dazu ausreichend war. Wir durften so erleben, dass außer einer sich immer wiederholender Aneinanderreihung von gleichen, einstudierten Sätze, begleitet von leeren Gesten, nichts Relevantes übrig blieb!
Dem Zuschauer drängt sich dabei immer mehr der Eindruck auf, durch eine ablenkende weit überzogene Gestik ihrer Hände abgelenkt zu werden. Gleich dem Zusehen bei der Vorstellung eines Magiers im Zirkus, der mit seiner Gestik die Aufmerksamkeit der Zuhörer auf von ihm bestimmte Dinge ablenken will. Zum Beispiel von mantraähnlich wiederholten aufeinanderfolgenden Satzhülsen, welche immer wieder in gleicher emotionsloser Kälte in den Raum gesprochen werden. Hauptargument: “Ein Teil der Bürger muss das Geld verdienen, was später an die „sozial Schwachen“ verteilt wird.“ Sowie die Erwähnung von Kindern, womit aber wohl nur ihre eigenen gemeint sein können. Warum erwähnt sie nie, dass auch ihr Lohn, die Kriege und letztendlich der gesamte Haushalt von dem Steuerzahler aufgebracht wird, und es letztendlich auch für diesen Verwendung finden sollte?
Der nächste, der zuletzt immer häufiger in Skandale wie Gorch-Fock, Kundus, einen inszenierter Afghanistan-Ausflug mit seiner Frau sowie der manchmal schwierige Umgang mit Journalisten und Kritik verwickelte – nun vor seinem politischen Ende stehend – ist der Freiherr von Guttenberg, seines Zeichens Kriegsminister von Merkels Gnaden.
Dieses nicht nur, weil bis zum Sonntagnachmittag eifrige Internetsucher auf nun 268 Seiten seiner Doktorarbeit mutmasslich Plagiate gefunden haben. Jetzt soll der Kriegsminister auch noch die Arbeit einen der Wissenschaftlichen Dienste im Bundestag genutzt haben, um seine Dissertation anzureichern. Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel „hat der Dienst im Mai 2004 eine Ausarbeitung des Ministerialrats Ulrich Tammler an Guttenbergs Abgeordnetenbüro geschickt.“ Guttenberg hat demnach daraus seitenlang zitiert und lediglich einige Worte ausgetauscht. Aus einem „teilweise“ wurde ein „zuweilen“, aus „Geld“ wurden „Münzen und Geldscheine“. Auch wird nun stark vermutet dass er die Dissertation gar nicht selber geschrieben hat.“
Ist der Diebstahl von geistigem Eigentum, das Schmücken mit fremden Federn, in der Politik zur Normalität des Alltag geworden? Auffällig hier, dass die Hälfte der im Bundestag sitzenden Abgeordneten sich mit einem Titel schmücken. Könnte es nicht mehr als eine Vermutung sein, dass hier dem Bürger ein Wissen vorgegaukelt wird, was in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist? Dieses vor allen Dingen, wenn wir immer wieder feststellen, dass die Gesetze mehr und mehr von Lobbyisten und politikfremden Personen entworfen werden.
Ist ein ein Zufall, dass die beiden Hauptpersonen dieses Artikels in alten Adelsfamilien leben? So warten wir gespannt auf die nächsten Ungereimheiten, die aus dem Hause der Uckermark dem Bürger serviert werden. Dass sich etwas ins Positive verändert, ist kaum anzunehmen. Aber wenn die persönliche Ehre nicht nur eine Sprechblase ist, müssten die ersten Rücktritte in Kürze kommen. Hört man nicht allendhalben den Spruch das „Adel verpflichtet“?
Hier ein Kommentar von Ines Pohl:
Der kleinste Fehler des Baron.
Jetzt scheint der Lack erstmals wirklich aufzuplatzen: Verteidigungsminister zu Guttenberg hat betrogen. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern massiv. Wem nachgewiesen wird, gleich die Einleitung seiner Doktorarbeit kopiert zu haben, der muss sich gefallen lassen, dass an seinem sauberen Charakter gezweifelt wird. In einer Dissertation gilt es, wissenschaftliche Thesen zu entwickeln und zu belegen. Und genau diese Leistung wird eben in einer Einleitung vorgestellt – ist die geklaut, kann es auch mit dem Rest nicht weit her sein.
Dass Guttenberg nicht der einzige ist, der die eigene Doktorarbeit hat anfertigen lassen, ändert nichts an der Tatsache, dass er für diesen Betrug ganz persönlich verantwortlich zeichnet. Auch wird ihm in diesem Fall sein klassisches Verhaltensmuster in Konfliktsituationen wenig nutzen: Weder kann er den Doktorvater noch seinen Ghostwriter entlassen. Es bleibt also spannend, denn die Aufregung ist groß im Land, das sich schließlich seit geraumer Zeit im Krieg befindet.
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
IE
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Grafikquellen :
Ursula von der Leyen, 2006 Autor —