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Freuen für Deutschland

Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 25. Juli 2014

Wir Deutschland? Wenn ja, wie laut?

NACHLESE Beobachtungen zum WM-Wesen von einem Angehörigen des Teams, dem die Deutschen vor 80 Jahren ganz ohne Fußball einen Stern auf die Brust geheftet haben

VON DIMA KAPITELMAN

Erstaunlicherweise ist immer noch kein Bürgerkrieg in Deutschland ausgebrochen. Ein Krieg zwischen jenen Zivilisten, die sich wochenlang schwarz-rot-goldene Perücken aufs Hirn klemmten und „Schland“ brüllten, den Integrationalisten und jenen, die „Schland, halt’s Maul!“ zurückschreien – den integrationsunwilligen Deutschen in Deutschland.

23 Fußballer mit deutscher Staatsbürgerschaft haben den Rest der Welt besiegt und damit den innerdeutschen Konflikt heraufbeschworen. Wir BRD, ja? Nein? Und wenn ja, wie laut? Während des Turniers in Brasilien konnte ich den Deutschen dabei zusehen, wie sie sich an diesen Fragen abkrampften.

Diese Beobachtungen konnte ich aus einer relativ luxuriösen Perspektive heraus anstellen: als Angehöriger des Teams, dem die Deutschen vor etwa 80 Jahren ganz ohne Fußball einen Stern auf die Brust geheftet haben. Wobei das so auch wieder nicht stimmt. Auch ich habe mich bei der Frage, was ich vom Vormarsch der Integrationalisten halten soll, inzwischen verzettelt. Aber der Reihe nach:

Eröffnungsspiel gegen Portugal. Als ich im überfüllten Biergarten am Max-Weber-Platz, München, ankomme, führt Deutschland bereits 4:0. Die Stimmung des sozial durchmischten Publikums ist heiter bis blutrünstig. Bei allem, was Portugal misslingt, brandet an Chauvinismus grenzende Schadenfreude auf. Abpfiff, deutsches Fahnenmeer, Bierseligkeit.

Das Spiel gegen Algerien ist großartig und dann doch wieder pervers. Großartig, weil Außenseiter Algerien den Favoriten Deutschland überfordert. Verstörend, weil die Menschen um mich herum diesen Umstand nicht wahrhaben wollen. Hieße der Gegner Frankreich, England, Spanien, das Publikum wäre nicht so sehr über Schweinsteigers Fehlpässe entsetzt. Gegen die fastenden Wüstenköppe aber dürfen wir doch nicht … gut, ich will nicht behaupten, dass alle deutschen Zuschauer so gedacht haben. Ich möchte nur zum Ausdruck bringen, dass mich die Ernsthaftigkeit, mit der mein Umfeld die drohende Blamage bezitterte, verstört hat.

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Fotoquelle: Wikipedia – Author Danilo Borges/Portal da Copa copa2014.gov.br Licença Creative Commons Atribuição 3.0

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