Formlos wie Wasser
Erstellt von Redaktion am Sonntag 24. November 2019
Anhaltende Proteste in Hongkong
Kommentar von Fabian Kretschmer
Chinas KP versucht die Konflikte in Hongkong zu kriminalisieren und auszusitzen. Bisher ist diese Strategie nicht aufgegangen.
Ausgerechnet ein Zitat von Bruce Lee hat die Protestbewegung Hongkongs zum Leitmotiv erhoben: „Sei formlos, ohne Gestalt – so wie Wasser“, lehrt die Kung-Fu-Legende ihrem Schüler in einer TV-Serie aus den 70er Jahren. Diesen Rat haben die Aktivisten bislang befolgt: Sie agieren weitgehend ohne Führerpersonen, vermummen sich und organisieren über verschlüsselte Smartphone-Apps spontane Straßenblockaden. Direkte Zusammenstöße mit der Polizei haben sie zunächst vermieden.
Seit November jedoch haben die Proteste rasch an Gewalttätigkeit zugenommen: Demonstranten, die sich zuvor mit ihren Regenschirmen gegen die Tränengaswolken der Polizisten geschützt haben, werfen nun Molotowcocktails und Pflastersteine. Die Sicherheitskräfte hingegen verlieren regelmäßig die Fassung und missbrauchen ihre Machtautorität.
Mehrere Tote hat der Konflikt bereits gefordert: ein Student etwa, der – möglicherweise auf der Flucht vor Polizisten – von einem Parkhaus gefallen ist. Oder ein älterer Straßenkehrer, der von einem Ziegelstein der Aktivisten tödlich getroffen wurde. Jede Ausschreitung hat die Spirale der Gewalt weitergedreht, die Fronten zunehmend radikalisiert.
Gewalt ist jedoch nicht gleich Gewalt: Die Bereitschaftspolizisten haben für ihre Exzesse de facto keine Konsequenzen zu befürchten, bislang wurde nur ein Beamter vom Dienst suspendiert. Die über 5.000 festgenommen Studenten hingegen können laut dem Hongkonger Gesetz bis zu zehn Jahre hinter Gitter landen.
Noch immer steht das Gros der Hongkonger Bevölkerung hinter der Protestbewegung. Laut einer aktuellen Umfrage vom 15. November machen vier von fünf Hongkongern vor allem die Ignoranz ihrer Lokalregierung für die zunehmende Eskalation verantwortlich. Für die Zentralregierung in Peking ist es derzeit dennoch ein Leichtes, unter ihrer Bevölkerung die Hongkonger Protestbewegung als reine „Randalierer“ zu brandmarken.
Bislang spielt Festlandchina auf Zeit
Dennoch bleibt es nach wie vor unwahrscheinlich, dass China seine Volksbefreiungsarmee direkt in die Sonderverwaltungszone entsendet. Die Regierung ist weitsichtig genug, die Konsequenzen einer militärischen Niederschlagung vorherzusehen: Die Welt würde sich an das Massaker vom Tiananmen-Platz 1989 erinnert fühlen, ein massiver Bruch zwischen Washington und Peking wäre die Folge.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Island Eastern Corridor aerial view in North Point…
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Unten — 攝於2019年6月16日 16:03 維園外…