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EU-Entwurf zur Taxonomie

Erstellt von Redaktion am Dienstag 4. Januar 2022

Atomstrom als Religion à la Macron

Angela Merkel und Emmanuel Macron (2019.10.09).jpg

Nur im Gebet vereint – ein Küssen recht und links – das war es.

Von Christine Longin

Energiewende mal anders: Frankreichs Präsident setzt sich vehement für Meiler ein. Die Bevölkerung ist erstaunlicherweise dafür.

Die Frage, wann der Druckwasserreaktor EPR am Ärmelkanal endlich in Betrieb geht, wird in Frankreich kaum noch gestellt. Denn die Entwicklung auf der Dauerbaustelle im Nordwesten des Landes ist zweitrangig geworden, seit Präsident Emmanuel Macron klar gemacht hat, dass die EPR-Technologie trotz ihrer Pannenserie eine Zukunft hat. Er werde weitere solcher Reaktoren bauen, kündigte der Staatschef in einer Rede bereits im November an.

Dazu sollen neue Mini-Reaktoren kommen. „Wir brauchen diese Technologie auf alle Fälle“, versicherte der frühere Wirtschaftsminister, der aus seiner Begeisterung für die Atomkraft nie einen Hehl machte. Deshalb verhandelte Frankreich in den umstrittenen EU-Entwurf zur Taxonomie auch die Kernkraft als „nachhaltig“ hinein.

Die Mehrheit der Bevölkerung ist für Atomkraft. Nach Jahren des Zweifels erlebt „le nucléaire“ gerade einen zweiten Frühling. Laut einer Umfrage vom Oktober sind 53 Prozent der Französinnen und Franzosen der Ansicht, dass die Atomkraft eine „gute Sache“ für ihr Land ist. In den 1990er Jahren vertraten weniger als 30 Prozent diese Meinung. Mit einem Atomstromanteil von 70 Prozent ist Frankreich das Land mit der meisten Nuklearenergie in Europa.

Das Energiewendegesetz sieht vor, den Anteil der Kernenergie am Strommix bis 2035 auf 50 Prozent herunterzufahren, doch die dazu nötige Schließung eines Teils der 56 Reaktoren ist noch nicht beschlossen. Bisher gingen lediglich die beiden Reaktoren des ältesten Atomkraftwerkes im elsässischen Fessenheim unweit von Freiburg vom Netz. Ihre Abschaltung war zunächst an die Inbetriebnahme von Flamanville geknüpft. Doch der Pannenreaktor, der bereits 2012 Strom produzieren sollte, wird frühestens zum Jahresende fertig. Mit 19 Milliarden Euro ist er zudem sechs Mal so teuer wie einst geplant, da während der Bauarbeiten immer neue Schwächen auftraten.

Angesichts der Summen, die in die Atomkraft fließen, wirken Solarenergie und Windkraft wie Stiefkinder der Energiepolitik. Die Erneuerbaren lieferten 2020 gut 19 Prozent zum Energiemix zu. Laut dem französischen Umweltministerium wurden 2018, dem letzten erfassten Jahr, 8,6 Milliarden Euro in „alternative Energien“ investiert. Ein Klacks im Vergleich zu den 100 Milliarden Euro, die der ohnehin hoch verschuldete staatliche Stromkonzern EdF für die Renovierung des alternden Atomparks zahlen muss.

Quelle        :      TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

Atompolitik der EU: Streit gehört dazu

Kernkraftwerk Brokdorf 2006 (cropped).jpg

Kommentar von Gereon Asmuth

EU-Befürworter-Innen, die Atomkraft ablehnen, bringt die Idee einer klimafreundlichen Atomenergie in ein Dilemma. Der Kampf muss weitergehen.

Es ist ein echter Schuss vor den Bug von Grünen. Ausgerechnet die hierzulande größten Fans des europäischen Projekts müssen nun wegstecken, dass ihre geliebte Europäische Union der Atomkraft ein formidables Greenwashing verpasst. Die Welt soll vor der Klimaerwärmung gerettet werden, indem man sie dem Risiko einer Jahrtausende währenden Verstrahlung aussetzt. So einen ökologischen Unsinn von politischen Mit­strei­te­r:in­nen muss man erst mal verkraften.

Damit nicht genug, strahlen konservative Möchtegernrechthaber auch noch vor Schadenfreude. Jetzt werde man sehen, wie europäisch die Grünen sind, die sonst stets Polen und Ungarn kritisieren, höhnte etwa Ulf Poschardt von der Welt. Da kann man sich schon mal grün ärgern.

Aber sind die Grünen nun dazu verdonnert, den nuklearen Unsinn mitzutragen, wenn sie ihre transnationalen Ideale nicht verraten wollen? Im Gegenteil! Die EU lebt vom demokratischen Streit, vom Dissens, vom politischen Wettbewerb. Ganz ähnlich übrigens wie Deutschland, wo man über Jahrzehnte vehement die Atomkraft bekämpfen konnte, ohne gleich den demokratischen Staat in Gänze ablehnen zu müssen.

Quelle       :          TAZ-online           >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     —   Angela Merkel und Emmanuel Macron in Paris

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