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Es gab nie eine Ölkrise

Erstellt von Redaktion am Mittwoch 18. September 2019

 So dramatisch war es damals gar nicht

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Von Ulrike Herrmann

Bei jedem Konflikt im Nahen Osten fürchten die Europäer, dass sich die „Ölkrise“ von 1973 wiederholt. Doch so dramatisch war es damals gar nicht.

Wird etwa der Ölpreis steigen? Diese ängstliche Frage wird stets als Erstes gestellt, sobald es im Nahen Osten oder am Persischen Golf zu Konflikten kommt. Auch jetzt war die Sorge wieder groß, nachdem Drohnen die Ölindustrie in Saudi-Arabien angriffen hatten.

Viele Deutsche denken unwillkürlich an das Jahr 1973 zurück, das durch ein markantes Bild geprägt ist: leere Straßen. An vier Sonntagen galt generelles Fahrverbot, um Öl einzusparen. Im Fernsehen hatte Kanzler Willy Brandt die Nation auf diese drastische Maßnahme eingestimmt: „Zum ersten Mal seit dem Ende des Krieges wird sich … unser Land in eine Fußgängerzone verwandeln … Die junge Generation erlebt zum ersten Mal, was ein gewisser Mangel bedeuten kann.“

Nicht nur in Westdeutschland standen die Autos still; auch in Belgien, Dänemark, Italien, den Niederlanden und Norwegen wurde ein generelles Fahrverbot verhängt. Eine „Ölkrise“ erschütterte die Welt. Wo eben noch Überfluss war, drohte nun Mangel. Die Medien fragten alarmiert: „Gehen in Europa die Lichter aus?“

Der Westen fühlte sich als Geisel der „Ölscheichs“. Die arabischen Herrscher schienen Schuld zu sein, dass das „schwarze Gold“ plötzlich knapp und teuer wurde. Doch so einfach war die Geschichte nicht.

Richtig ist: Die Förderländer hatten seit Jahren versucht, den Ölpreis nach oben zu treiben, denn er war damals lächerlich gering. Im Sommer 1973 kostete ein Barrel Öl, also 159 Liter, ganze 3 Dollar. Aber bisher waren die Förderländer mit ihren Kartellen stets gescheitert, weil es zu viel Öl auf den Weltmärkten gab.

Erst 1973 zeichnete sich eine Wende ab: Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage schrumpfte auf nur noch eine Million Barrel pro Tag, weil die Weltwirtschaft und der Ölverbrauch stürmisch zugelegt hatten. Die arabischen Herrscher deuteten die neue Lage strategisch richtig: Jetzt konnten sie die Barrelpreise nach oben treiben, wenn sie ihr Ölangebot reduzierten.

Ein Anlass war bald gefunden: der Jom-Kippur-Krieg, der am 6. Oktober 1973 begann. Ägypten und Syrien überfielen Israel, wurden aber bald über ihre Grenzen zurückgedrängt. Der Konflikt war schon entschieden und steuerte auf einen Waffenstillstand zu, als die arabischen Ölländer am 17. Oktober verkündeten, sie würden ihre Förderung um 5 Prozent drosseln, um die westlichen Länder zu zwingen, ihre „israelfreundliche“ Politik aufzugeben. Prompt vervierfachten sich die Ölpreise in den nächsten Monaten.

Bundesweites Sonntagsfahrverbot wegen der Ölkrise (Kiel 55.965).jpg

Diese Preisexplosion hatte jedoch nichts mit dem angeblichen Ölembargo zu tun: In Wahrheit hatten die arabischen Länder ihr Angebot nämlich gar nicht reduziert, sondern es sogar erhöht. Während in Westeuropa die Autos sonntags in den Garagen bleiben mussten, wurde in den arabischen Häfen bis zu 44 Prozent mehr Rohöl verschifft als noch im Vorjahr.

Quelle       :        TAZ       >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen         :

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