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RENTENANGST

Eröffnung des BER ?

Erstellt von Redaktion am Samstag 24. Oktober 2020

Es war einmal ein Monster

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VON HANNES KOCH

Mehr als zwei Jahrzehnte haben Planung und Bau des neuen Berliner Flughafens gedauert. Jetzt soll er eröffnen. Chronologie einer Pannengeschichte made in Germany

In Berlin wundert sich niemand, wenn man morgens um fünf Uhr auf dem Amt sein muss, um im Laufe des Vormittags eine Autozulassung beantragen zu dürfen. Wenn auf Baustellen, die Staus auf Hauptstraßen verursachen, monatelang kein Arbeiter auftaucht. Wenn man Tage braucht, um eine spezielle Mitarbeiterin der Stadtverwaltung ans Telefon zu bekommen. Die Schludrigkeit gehört zur deutschen Hauptstadt wie ihre Großkotzigkeit.
Nach 14 Jahren Bauzeit könnte nun bald, am letzten Samstag im Oktober 2020, der neue Berliner Flughafen eröffnet werden – wegen der Pandemie zunächst mit viel weniger Flügen als geplant. Ihn fertigzustellen hat dann dreimal so lange gedauert, wie ursprünglich geplant. Die Kosten sind in Richtung des Zehnfachen gestiegen, möglicherweise liegen sie bei etwa zehn Milliarden Euro. Im Landesparlament des Stadtstaates arbeitet seit Jahren schon der zweite Untersuchungsausschuss, der die „Ursachen und Konsequenzen der Termin- und Kostenüberschreitungen“ klären soll.

Auf Youtube kann man sich die Pressekonferenz vom 8. Mai 2012 anschauen. An diesem Tag wurde die Eröffnung des Airports abgesagt, die drei Wochen später stattfinden sollte. Seitdem mussten sich die Berlinerinnen und Berliner von ihren ausländischen Gästen immer wieder fragen lassen, ob das halbfertige Terminal wegen Überalterung nicht eher abgerissen als fertiggebaut würde.

An jenem 8. Mai brachte es Berlins damaliger sozialdemokratischer Bürgermeister Klaus Wowereit fertig, den Flughafenbau unter Gelächter der Presse als „Erfolgsgeschichte“ zu bezeichnen – obwohl der Geschäftsführer und der Technische Leiter der Flughafengesellschaft zuvor eingeräumt hatten, dass sie die Entrauchungsanlage nicht in den Griff bekämen. Die Entlüftung des riesigen Gebäudes im Brandfall, später „das Monster“ genannt, funktionierte nicht richtig. „Spätestens in der zweiten Augusthälfte“ wolle man aber starten, versicherte Matthias Platzeck, der damalige Ministerpräsident von Brandenburg. Auch er lag spektakulär daneben. Statt drei Monate sollte es weitere acht Jahre dauern.

Über ignorante Verwaltungen wird überall auf der Welt geklagt. Die Nonchalance der Berliner Bürokratie hat dennoch eine spezielle Note. Ihre Ineffizienz, Inkompetenz und politische Verantwortungslosigkeit sind legendär. Die Ursache liegt zum guten Teil in der jüngeren Geschichte der bis 1989 geteilten Hauptstadt. Jahrzehntelang wurden die Ämter und öffentlichen Bediensteten in Westberlin von der Bundesrepublik mitfinanziert, damit die marktwirtschaftliche Insel inmitten der sozialistischen DDR überlebte. Politik und Verwaltung in Berlin wussten, dass sie sich vieles leisten konnten, ohne fallen gelassen zu werden. Von dieser Ist-mir-egal-Mentalität haben sich die alten Regierungsparteien CDU und SPD noch immer nicht ganz befreit.

Die Skandalgeschichte des nach dem ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt benannten Airports begann schon mit der Entscheidung, wo er zu bauen sei. Zwei geeignete Standorte rund 60 Kilometer südlich von Berlin im dünn besiedelten Brandenburg wurden verworfen. Stattdessen wählte man 1996 den ehemaligen DDR-Flughafen Schönefeld direkt an der Stadtgrenze. Hunderttausende Anwohner leiden dort künftig unter dem Krach der Flugzeuge. Nachts gilt deshalb ein Flugverbot. Das Problem dürfte sich verschärfen, weil die Stadt um den Flughafen herum wächst.

Wowereits Ende

Im zweiten Schritt entschieden die Regierungen des Bundes, Berlins und Brandenburgs, dass die ihnen gehörende Flughafengesellschaft den Neubau selbst planen solle. Die Politiker hatten Bedenken, von Baukonzernen wie Hochtief über den Tisch gezogen zu werden und hofften, das Projekt in Eigenregie billiger als ein privater Generalunternehmer bewerkstelligen zu können. Der Nachteil: Die Flughafenfirma war zwar in der Lage, die drei alten Berliner Airports Tempelhof, Tegel und Schönefeld zu betreiben – von der Planung und Steuerung eines milliardenteuren Neubaus hatte sie jedoch keine Ahnung. „Daraus sprach eine totale Selbstüberschätzung. Die Flughafengesellschaft war als Bauherr vollkommen überfordert“, sagt der Grünen-Abgeordnete Harald Moritz, der im Untersuchungsausschuss sitzt. „Man hätte eine externe Planungsgesellschaft beauftragen müssen.“

Quelle       :      TAZ      >>>>>        weiterlesen

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Grafikquelle      :         Der vorplatz des Terminal des Flughafens Berlin Brandenburg (BER).

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