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RENTENANGST

Erkenntnisse des Alters III

Erstellt von Redaktion am Dienstag 30. April 2013

 Steuerhinterzieher – Die Parasiten sind mitten unter uns

Wir haben es derzeit mit einer neuen Variante von Unterdrückern zu tun, mit den Steuerhinterziehern, den „Masters of the Universe“, den Reichen und Superreichen. Sie  verstehen sich als die neuen Herrscher der Welt. Billionen  und Aberbillionen Dollar und Euro haben sie an sich gerafft und neben sich und ihrem Mammon lassen sie keinen anderen Gott gelten. Sie schaffen ihr Geld in die Steueroasen und leben daheim von jenen Steuern, die andere für sie bezahlen. Sie sind die Parasiten im Fleische vorwärtsstrebender und anständiger Gesellschaften, sie sind die Vernichter des Edelmutes, sie sind die Vernichter der Charakterfestigkeit, des Anstandes und der Solidarität.

Sie leben unter uns. Aber sie leben nicht mit uns. Ihr Ziel ist  Herrschaft und nicht die Gemeinschaft, ihr Ziel ist die Diktatur des Geldes. Sie sind einem Wahn verfallen, und es ist an der Zeit, diesem grassierenden Wahn ein Ende zu setzen – denn ihr Wahn hat das Ziel der  Enteignung  gesellschaftlichen Vermögens, ihr Wahn  will die totale Verwirklichung des alles zermalmenden neoliberalen Kapitalismus.  Es ist deshalb hochnotwendig, die Protagonisten des Neoliberalen Kapitalismus und der Privatisierung öffentlichen Eigentums zur Verantwortung zu ziehen und der Haftung zu überführen.

„Wenn heute“, so der ehemalige Bensberger Kreis, „in den unterschiedlichen politischen Lagern eine so einmütige Zustimmung zur Politik der Privatisierung und völligen Liberalisierung des Marktes zu beobachten ist, wo doch nach 1945 alle, wenn auch mit verschiedenen Ansätzen in eine solidarische Gesellschaft aufbrechen wollten, dann ist die Politik anscheinend immer mehr eine Gefangene des alles beherrschenden modernen Kapitalismus geworden und hat ihren gesellschaftlichen Gestaltungsauftrag aufgegeben.“ Sie ist so (wie ein Großteil der Medien) zum Handlanger einer von Kapitalinteressen geleiteten Ideologie geworden, bei der das Geld – wie es bei Leitbildern aller anderen Ideologien auch üblich ist – zum Selbstzweck wird. Offenbar hat die Politik sich von dem als alternativlos dargestellten Gesetz des Kapitalismus, der totalen Vermarktung um des Gewinnes willen und der daraus folgenden neoliberalen Ideologie, in Zugzwang bringen lassen. Sind aus Vertretern des Volkes  Verräter des Volkes geworden? Die Rentnerinnen und Rentner, die Kranken, die Hartz IV-Empfänger, die Aufstocker usw. wissen, wovon hier die Rede ist.

„Die neuen Herrscher der Welt“, sagt der Schweizer Soziologe Jean Ziegler, „ – die Beutejäger des globalisierten Finanzkapitals, die Barone der transkontinentalen Konzerne, die Börsenspekulanten, die Steuerhinterzieher – häufen ungeheure Vermögen an. Mit ihrem Tun zerstören sie den Staat, verwüsten die Natur und entscheiden jeden Tag darüber, wer sterben muss und wer überleben darf. Willfährige, effiziente Verbündete stehen ihnen zu Diensten, allen voran die Funktionäre  in der Politik, in den oberen Etagen der Steuerbehörden und  Banken bieten sich untertänigst an, den Steuerhinterziehern bei der Eröffnung von Konten und Briefkastenfirmen in den Steueroasen behilflich zu sein. – Der Geist des Bösen weht von vielen Hügeln her.

Und nun tauchen wie aus geheimen Quellen die Bankkontendaten der Steuerhinterzieher auf! Endlich können die Kriminellen dingfest gemacht und dorthin überführt werden, wohin sie gehören: In den Knast.

Aber schon stellen Medienvertreter und entartete, dem Neoliberalismus hörige Politiker  die Frage, ob der Staat gestohlene Bankkundendaten aufkaufen dürfe, um mit ihnen Verbrecher, nämlich die Steuersünder, zu überführen?

Die Antwort ist eindeutig und klar. Der Staat darf nicht nur, der Staat muss. Er ist verpflichtet, die gewonnen Daten gegen Verbrechen einzusetzen.

Denn bei der Frage nach der Verwendung von gestohlenen Daten zur Überführung von Verbrechern handelt es sich um Güterabwägungen – und zwar um die Güterabwägung von  Rechtsgütern. Das eine Rechtsgut ist die gleichmäßige und konforme Besteuerung der Personen in ihren Wohnsitzstaaten, das andere ist: als Staat mit deliktisch erworbenen Informationen umzugehen. Wir leben in einem Rechtsstaat.

Wenn dies in den Köpfen der Gesellschaft erkannt wird, dann ist die Frage nach dem Kauf von gestohlenen Informationen schon nicht mehr abwegig. Denn hier wird dem Nachdenkenden bereits klar, dass man die Güterabwägung zugunsten des Kaufs ausführt. Die Frage, die dahinter steht ist nämlich: Gibt es ein Recht, dass ein anderer Staat Steuerausländer, d.h.  Personen, die in diesem Staat keine Staatszugehörigkeit haben, de facto von ihren Steuerverpflichtungen, die sie ihrem Heimatland gegenüber haben, befreien darf? Es gibt kein solches Recht! Und ein Rechtsstaat darf es nicht dulden, dass ein Unrechtsstaat in seine Rechte eingreift.

Das ist die eigentliche Kernfrage!

Eine Güterabwägung bedeutet nicht, dass der „Zweck die Mittel heiligt,“, sie bedeutet auch nicht, dass hier ein Nutzenkalkül zugrunde liegt. Es spielt auch keine Rolle, wie hoch der Betrag ist, der hinterzogen wurde, und damit aufgedeckt werden kann. Ein  Rechtsstaat hat einen hohen ethischen Wert und so kann gefragt werden: Verstößt der Kauf von gestohlenen Daten gegen grundlegende Menschen- und Grundrechte? Das tut er nicht. Und das andere Rechtsgut, nämlich die Verfolgung der Steuerhinterzieher und deren  Bestrafung, lässt ein rasches Ergebnis zu.

Denn aus den obigen Abwägungen wird erkannt, dass  Rechtsstaaten zwingend dazu verpflichtet sind, Steuerhinterzieher zu verfolgen und im Rahmen des Rechtsstaats zu bestrafen. Die Steuerbehörden könnten nämlich verklagt werden, sollten sie die Steuersünder nicht verfolgen und nicht versuchen deren Verbrechen aufzudecken.

Um es zu wiederholen: Weder die Schweiz, noch Liechtenstein, noch Luxemburg, noch die Cayman-Inseln, noch die Cook-Inseln,  noch irgendeine andere Steueroase auf der Welt hat das Recht, Personen, deren Staatszugehörigkeit sich in einem anderen Land befindet, von ihren Steuerverpflichtung zu befreien.

Es ist ja nicht neu, dass sich die Reichen und Wohlhabenden der Steuer entziehen. Ganze Heerscharen von Dienstleistern, Banken, Steuerberater, Unternehmensberater, bieten sich ihnen untertänigst an. So sind denn auch die Reichen die ersten, die ihren Reichtum außer Landes bringen, wenn  ihrem Reichtum auch nur eine Ahnung von Gefahr droht. Die Reichen Griechenlands, Italiens, Spaniens, Portugals, Irlands und Zyperns sind Beispiele für Kapitalflucht. In all diesen Ländern wurden und werden die weniger Wohlhabenden, die einfachen Menschen, ihrem Schicksal überlassen. Mit anderen Worten: Die Reichen kennen keine Gnade mit den Gesellschaften, die ihnen den Reichtum erst ermöglichten.

Bei vielen Banken wird Geld gespart aber auch angelegt. Die kleinen Sparer, bis zu einem Sparbetrag von 20.000 Euro, sind zu schützen. Anlagen, die darüber hinaus gehen, können als zielgerichtete auf Gewinn ausgerichtete Beteiligungen gesehen werden. Es ist nicht nachvollziehbar, warum solche Beteiligungen geschützt werden sollen. Denn Beteiligungen sind mit Risiko verbunden, und Anleger haben in jeder Hinsicht das Risiko zu tragen.

Im Übrigen  gilt, dass Reichtum verpflichtet. Es ist unsinnig, Reichtum durch Einsatz von Steuergeldern zu schützen. Das Risiko liegt allein im Ermessen und in der Verantwortung des Reichen.

Im Falle, dass eine Bank insolvent wird, haben die Reichen mit ihren Einlagen in voller Höhe zu haften und Verantwortung zu übernehmen. Dieser Zwang, Verantwortung zu übernehmen, wird in den Medien fälschlicher Weise als Enteignung angeprangert. Doch in Wirklichkeit haben wir es hier nicht mit Enteignung zu tun, sondern mit der Umsetzung dessen, was das Grundgesetz in Artikel 14 gebietet: Reichtum verpflichtet. Somit werden die Reichen nicht enteignet, sondern dadurch, dass sie an den Verlusten ihrer Beteiligungen – wenn auch zwangsweise – beteiligt werden, mit vollem Recht auf ihre grundgesetzliche Pflicht verwiesen. Den Medien ist hier nicht zu trauen, denn sie nennen ja auch mutige Bürger – etwa im Falle Stuttgarter Bahnhof – „Wutbürger“.

In den Staatsgrundlagenbestimmungen des Artikel 20 unseres Grundgesetzes ist unser Staat ein Rechtsstaat, ein Sozialstaat, eine Demokratie, eine Republik und ein Bundesstaat. Die staatlichen Behörden und Institutionen  haben eine primäre Aufgabe: Sie stehen unter der strengen Pflicht, den Staat und seine Ordnung gegen Verbrecher und gegen Verletzer des Grundgesetzes zu schützen.

Unter allen Umständen! Ohne Ausnahme!

Denn gegen jeden, „der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Alles in allem spielt die  Urteilskraft die entscheidende Rolle!

Die Handlungen und Aktionen der Steuerhinterzieher, eines großen Teils der Medien und nahezu der gesamten Politik lassen  jedoch einen katastrophalen  Mangel an eben dieser  Urteilskraft erkennen.

Der Mangel an Urteilskraft aber ist Dummheit!

In seiner „Kritik der reinen Vernunft“ äußerte sich bereits vor mehr als zweihundert Jahren Immanuel Kant zu diesen Themen. Er sagt: „Wenn der Verstand überhaupt als das Vermögen der Regeln erklärt wird, so ist Urteilskraft das Vermögen unter Regeln zu subsumieren, d.i. zu unterscheiden, ob etwas unter einer gegebenen Regel (casus datae legis) stehe, oder nicht. Die allgemeine Logik enthält gar keine Vorschriften für die Urteilskraft, und kann sie auch nicht enthalten. Denn da sie von allem Inhalte der Erkenntnis abstrahiert; so bleibt ihr nichts übrig, als das Geschäfte, die bloße Form der Erkenntnis in Begriffen, Urteilen und Schlüssen analytisch aus einander zu setzen, und dadurch formale Regeln alles Verstandesgebrauchs zu Stande zu bringen. Wollte sie nun allgemein zeigen, wie man unter diese Regeln subsumieren, d.i. unterscheiden sollte, ob etwas darunter stehe oder nicht, so könnte dieses nicht anders, als wieder durch eine Regel geschehen. Diese aber  erfordert darum, weil sie eine Regel ist, aufs neue eine Unterweisung der Urteilkraft, und so zeigt sich, dass zwar der Verstand einer Belehrung und Ausrüstung durch Regeln fähig, Urteilskraft aber ein besonderes Talent sei, welches gar nicht belehrt, sondern nur geübt sein will. Daher ist diese auch das Spezifische des so genannten Mutterwitzes, dessen Mangel keine Schule ersetzen kann; denn, ob diese gleich einem eingeschränktem Verstande Regeln vollauf, von fremder Einsicht entlehnt, darreichen und gleichsam einimpfen kann, so muss das Vermögen, sich ihrer richtig zu bedienen, dem Lehrlinge selbst angehören, und keine Regel, die man ihm in dieser Absicht vorschreiben möchte, ist, in Ermangelung einer solchen Naturgabe, vor Missbrauch sicher.* Ein Arzt daher, ein Richter, oder ein Staatskundiger, kann viel schöne pathologische, juristische oder politische Regeln im Kopfe haben, in dem Grade, dass er selbst darin gründlicher Lehrer werden kann, und wird dennoch in der Anwendung derselben leicht verstoßen, entweder, weil es ihm an natürlicher Urteilskraft (obgleich nicht am Verstande) mangelt, und er zwar das Allgemeine in abstracto einsehen, aber ob ein Fall in concreto darunter gehöre, nicht unterscheiden kann, oder auch darum, weil er nicht genug durch Beispiele und wirkliche Geschäfte zu diesem Urteile abgerichtet worden. Dieses ist auch der einzige und große Nutzen der Beispiele: dass sie die Urteilskraft schärfen. Denn was die Richtigkeit und Präzision der Verstandeseinsicht betrifft, so tun sie derselben vielmehr gemeiniglich einen Abbruch, weil sie nur selten die Bedingungen der Regeln adäquat erfüllen, (als casus in terminis) und über dem diejenige Anstrengung des Verstandes oftmals schwächen, Regeln im Allgemeinen, und unabhängig von den besonderen Umständen der Erfahrung, nach ihrer Zulänglichkeit, einzusehen, und sie daher zuletzt mehr wie Formeln, als Grundsätze, zu gebrauchen angewöhnen. So sind Beispiele der Gängelwagen der Urteilskraft, welche derjenige, dem es am natürlichen Talent derselben mangelt, niemals entbehren kann.

Der Mangel an Urteilskraft ist eigentlich das, was man Dummheit nennt, und einem solchen Gebrechen ist gar nicht abzuhelfen. Ein stumpfer oder eingeschränkter Kopf, dem es an nichts, als an gehörigem Grade des Verstandes und eigenen Begriffen desselben mangelt, ist durch Erlernung sehr wohl, so gar bis zur Gelehrsamkeit, auszurüsten. Da es aber gemeiniglich alsdenn auch an jenem (der secunda Petri) zu fehlen pflegt, so ist es nichts Ungewöhnliches, sehr gelehrte Männer anzutreffen, die im Gebrauche ihrer Wissenschaften jenen nie zu bessernden Mangel häufig blicken lassen.“

Bund der Pflegeversicherten e.V.

Gerd Heming (Vors.)

Münster, März/April 2013

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Fotoquelle: Wikipedia

Source It’s all about love
Author Candida Performa

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