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RENTENANGST

Erinnerungen an Corona

Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 8. Februar 2023

Das zerfranste Ende der Pandemie

Von Anne Dierkhoff

Die Maskenpflicht ist größtenteils abgeschafft – war’s das jetzt mit Corona? Um zu verstehen, was wir durchgemacht haben, müssen wir zurückblicken.

Die Apothekerin sagte: „Ach, die Maske haben Sie in 20 Minuten durchgeatmet, das nützt dann auch nichts.“ Also stieg ich maskenlos in den Zug, 12. März 2020. Drei Stunden unentspannte Fahrt. Ich versuchte nichts anzufassen, lehnte mich kaum richtig an, hielt den Schal vor den Mund und fand alles einfach nur unheimlich. War es nicht überhaupt verantwortungslos, meine Eltern zu besuchen, nachdem ich am Abend vorher in einem vollen Restaurant gegessen hatte?

Immerhin sehen wir jetzt den gesellschaftlichen Abgrund

Diese ganz neue Art extremer Verunsicherung: Mich traf sie beim Lesen eines Facebook-Posts aus Bergamo. Ein Arzt berichtete von dystopisch wirkenden Schreckensszenarien: sein ganzes Krankenhaus ein einziges Coronalazarett, Sterbende auf allen Fluren. Ich konnte es nicht mehr wegschieben, wie noch zwei Wochen zuvor auf der Berlinale, mit mehr als 1.000 Menschen in einem Kinosaal.

Entschuldigen Sie die Rückblicksorgie! Aber offenbar ist der Zeitpunkt dafür gekommen. Die Maskenpflicht ist so gut wie weg, die Reste im Gesundheitsbereich hört man schon wackeln. Und wer Corona hat, ohne zu husten, darf in der Mehrzahl der Bundesländer seit Kurzem trotzdem unter Leute (was soll schon passieren?). Was auch immer das Virus noch vorhat, die offizielle Botschaft lautet: Es ist vorbei, hat ja auch lang genug gedauert.

Wir werden uns viel zu verzeihen haben

Echt jetzt: Ich hatte mir das Ende schöner vorgestellt. Und den Mittelteil nicht so furchtbar. Zum Glück wird die Geschichte portionsweise gelebt – und ertragen. Wenn in den ersten Wochen jemand gesagt hätte: Genießt die Angst vor der noch so diffusen Bedrohung und euer Maskennähen, das ist der gemütliche Teil – ich hätte es nicht hören wollen.

„Wir werden einander viel verzeihen müssen“, sagte Jens Spahn, als er noch Gesundheitsminister war. Ich hab nachgesehen: Es war am 22. April 2020. In Coronazeitmessung ist das also 1.000 Jahre her. Bremen führte gerade als letztes Bundesland die Maskenpflicht im Nahverkehr und beim Einkaufen ein. Und Christian Drosten warnte davor, dass der schöne Vorsprung in der Pandemie­bekämpfung, den Deutschland durch die schnelle Reaktion im März erreicht habe, wieder verloren gehen könnte. Warum? Weil die Geschäfte wieder aufmachen durften; jedenfalls die bis zu einer Größe von 800 Quadratmetern, Sie erinnern sich vielleicht.

Die Wirtschaft kann nicht ewig stillstehen, auch außerhalb der Lebensmittelbranche muss Geld verdient werden: Damit fingen die Debatten um die richtigen Maßnahmen an, die seitdem so häufig ihren Namen gar nicht mehr verdienten. Kurz nach den Baumärkten durften auch Friseursalons wieder öffnen, aber vorerst ohne Wimpernfärben. Ja, das haben wir erlebt. Natürlich hatte Spahn recht: In einer derartigen Krise, die aber mal richtiges Neuland für die Gesellschaft war, passieren auch Fehler. Weil man noch nicht genug wusste, weil es aber gleichzeitig um Leben und Tod ging. Nichtstun wäre der größte Fehler gewesen.

Der 22. April 2020, der Tag von Spahns Verzeih-Prophezeiung, war übrigens auch der Tag, an dem das Paul-Ehrlich-Institut die klinische Prüfung eines ersten Corona-Impfstoffskandidaten zuließ. Und zwar den „des Mainzer Unternehmens Biontech“, wie es noch ordentlich ausbuchstabiert wurde. Von heute aus gesehen liest sich das so unschuldig, da steckt noch nichts von all dem drin, was diese Impfung bald bedeuten würde – in ihrem Dasein als Lebensretterin, Gamechanger und Hassobjekt.

Die emotionale Wucht des Impfthemas

„In der Krise zeigt sich der Charakter“, noch ein Politiker­zitat. Helmut Schmidt kann aber unmöglich der Erste gewesen sein, der das gesagt hat – zu offensichtlich ist der Wahrheitsgehalt. In dieser Krise entwickelten alle Menschen eine Art Corona­persönlichkeit, und wozu das führen konnte, das war doch der größte Schock: die emotionale Wucht, mit der die Themen Masken, Maßnahmen und vor allem Impfung Familien spalten und Freundschaften beenden konnten: So genau hatte man sich doch gar nicht kennenlernen wollen. Auch im Großen nicht – Hass-Explosionen bei Demos der selbsternannten Querdenker? Nein, danke! Immerhin verdanken wir ihnen Erkenntnisse über einen gesellschaftlichen Abgrund, der sich davor leichter ignorieren ließ.

Und wo stehen wir jetzt? Mehr als 165.000 Menschen sind allein in Deutschland wegen Corona gestorben. Geimpft ist längst, wer es sein will, infiziert waren die meisten zusätzlich. Und es kommen immer noch Menschen dazu, deren Leben nach einer Infektion nicht mehr dasselbe ist.

Quelle      :        TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben      —     Karikatur von Gerhard Mester zum Thema: Klima und Zukunft (Stichworte: Klima, Zukunft, Lemminge, Umwelt, Umkehr, Trend) – Umkehren!? Jetzt, wo wir so weit gekommen sind!?!

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Unten     —   Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin am 29. August 2020.

3 Kommentare zu “Erinnerungen an Corona”

  1. Dr. Nikolaus Götz sagt:

    Sehr geehrte Frau Dierkhoff,
    nun ja: jeder kann seine, wie hier geschehen, sehr kurze individuellen Erinnerungen veröffentlichen, denn Papier ist ja auch geduldig! Und eigentlich müssten sich gewisse Menschen sich wegen ihre Verhaltens anderen Menschen gegenüber entschuldigen…, eigentlich… Doch der angesprochenen medizinischen Dimension der Corona-Krise stehen auch die politischen Aspekte der Systemveränderung von beispielsweise Grundrechtsabbau gegenüber oder auch die Möglichkeit, die Bundeswehr im Innern einzusetzen, gar auch der finanzielle Ruin von so vielen Menschen… nicht nur die mediale Diffamierung der sogenannten ‚Querdenker’…Ja in der ‚Erinnerung‘ verblasst alles…wie schön es doch früher war…
    mit freundlichen Grüßen
    Nikolaus Götz

  2. Oliver Kleis sagt:

    Vergessen? Das Wichtigste vergeß ich nicht! Ich vergesse nicht, daß dieses Staats-Establishment für alle Zeiten mein Vertrauen verloren hat. Die 1. Gewalt (Legi) hat mit der Begründung der möglichen Überlastung von verfügbaren Krankenhausbetten, meine Grundrechte mit Füßen getreten. Gleichzeit hat die selbe Leg. zugelassen daß 5.000 dieser Krankenhausbetten wegen „mangelnder Renditeerwartungen“ der Träger geschlossen wurden. Also: MEINE GRUNDRECHTE mit Füßen treten ist okay, Krankenhausträgern sagen: „eh Freunde, wir haben Pandämie – macht ma langsam mit zuschließen“ das ging nicht… Wären es mangelnde Rendite gewesen – naja, aber lediglich die ERWARTUNG mangenlnder Rendite – da war’s bei mir vorbei… Durch Akzeptanz des Ganzen verschiß sich das Karlsruher Rotkäppchen-Gremium ebenso mein Vertrauen – also vorbei mit der 3. Gewalt (Jur).

    Die 2. Gewalt (Exe) hat mit unglaublicher Dummheit die unsinnigsten Verordnungen durchgesetzt und mir damit meine GG1 Würde abgesprochen. Zur Menschenwürde gehört auch, Mensch nicht offensichtlich als Volltrottel zu behandeln.

    Das Ganze Corona-Spektakel war eine bessere Grippe – und dieses idiotengelenkte und von Deppen an die Wand gefahrene Staatsgebilde zeigte schon sein wahres Gesicht. Was passiert eigentlich mit diesem Land wenn es richtig Ernst wird??? Wenn wirkliche Katastrophen über uns hereinbrechen?

    Zur Erinnerung: Man kam zu Beginn der „Pandämie“ auf die Idee der Zurückverfolgung der Infektionswege… Hat kaum geklappt – welche Überraschung – aber die Zahlen die dabei rauskamen waren aufschlußreich. Zum 1. November kam der „Wellenbrecher-Lockdown“ bei dem die Gastronomie krachend an die Wand gefahren wurde. Die damals vorliegenden Zahlen besagten: 0,05 % der Infizierten hatten sich in der Gastronoie oder kulturellen Veranstaltungen infiziert. 0,05 % d. h. jeder 2.000 ste., also von 10.000 Infizierten hatten sich 5 in der Kneipe angesteckt. Nach 3 Wochen kamen dann ganz erstaunte Kommentare von unseren Entscheidungsträgern die gar nicht verstanden warum die Infektionszahlen nicht heruntergingen – da die Kneipen doch zu waren… Was für Geistesgrößen!!! Statt jedoch den Blödsinn wieder sein zu lassen – weiter bis Mai! Das ist wie wenn in einem Paralleluniversum Du zum ersten Mal im Leben Zahnweh bekommst. Dein Mentor rät Dir mit einem schweren Hammer auf den linken Daumen zu hauen. Du haust! Das Zahnweh geht nicht weg. Statt mit dem Quatsch aufzuhören – holst Du Dir einen schwereren Hammer und kloppst Dir auch noch den rechten Daumen breit… Das war unser Staat! Und was kam von den Linken????

    Freut Euch insgesamt noch an den nächsten beiden Jahren, bis am Abend der Kommunalwahl die Illusion unter dem Trommelfeuer der realen Wahlergebnisse zerplatzt. Bis dahin „schöne Träume“.

  3. Krähberger sagt:

    Ungeimpfte wurden von Geimpften wie Aussätzige behandelt.

    Kein/e Ungeimpfte/r wird das je vergessen können.

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