Erdogan – Merkel – Streit
Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 23. August 2017
„Akhanlı lehnt Gewalt ab, er ist Pazifist“
von Jürgen Gottschlich
Doğan Akhanlı wartet in Spanien noch darauf, nach Köln zurückkehren zu dürfen. Die deutschen Behörden stellen sich hinter ihn. Der Kölner Journalist Wallraff über den Schriftsteller, der auf Wunsch Erdoğans in Spanien festgenommen wurde.
taz: Herr Wallraff, seit wann kennen Sie den Schriftsteller Doğan Akhanlı?
Günter Wallraff: Ich kenne ihn seit den 90er Jahren, als er nach Köln kam. Zuletzt waren wir auf Solidaritätsveranstaltungen unter anderem zusammen mit Can Dündar.
Haben Sie im Moment Kontakt zu Akhanlı?
Ja, wir haben die letzte Tage mehrfach miteinander telefoniert. Er ist erleichtert, dass er in Freiheit ist, und hofft natürlich, dass er bald auch wieder nach Köln zurückkehren kann. Das Außenministerium geht von seiner baldigen Rückkehr nach Deutschland aus.
Was tut die Bundesregierung?
Anders als früher in solchen Fällen weigern sich die Verantwortlichen doch sehr eindeutig und öffentlich, sich zu Handlangern Erdoğans zu machen. Der außenpolitische Sprecher der SPD, Rolf Mützenich, hat sich am Wochenende ans Telefon gehängt – und auch erreicht, dass Außenminister Gabriel es zur Chefsache machte und noch am Samstag mit seinem spanischen Kollegen Kontakt aufnahm.
Hätte die Regierung Akhanlı nicht davor warnen können, dass er über Interpol gesucht wird und im Ausland festgenommen werden könnte?
Dafür wäre dann ja wohl Innenminister Thomas de Maizière zuständig gewesen. Das Bundeskriminalamt bekommt doch dieselben Informationen wie die spanische Polizei. Warum warnt unser Polizeiminister nicht die deutschen Staatsbürger, die unter völlig abwegigen Konstruktionen unter Terrorismusverdacht gebracht und von der türkischen Regierung über Interpol gesucht werden? So wurden erst kürzlich die Reisepässe von Tausenden vermeintlichen Gülen-Anhängern zur Fahndung über Interpol ausgeschrieben.
Es ist völlig unklar, warum Doğan Akhanlı jetzt festgesetzt wurde – aufgrund einer angeblich seit 2013 existierenden Anforderung bei Interpol.
Allerdings. Doğan war seit 2013 mehrfach in Frankreich und anderen europäischen Ländern. Dieses angebliche Fahndungsersuchen hat nie eine Rolle gespielt. Deshalb war er ja auch so geschockt, dass die spanische Antiterrorpolizei plötzlich mit zehn Mann in seinem Hotelzimmer stand. Möglich, dass das im Zusammenhang mit den Attentaten in Barcelona stand. Womöglich hat Spanien aber auch einen anderen Deal mit der Türkei, als ihn andere europäische Länder haben.
Wie geht es Doğan Akhanlı jetzt?
Unfreiwillig hat der türkische Präsident ihn mit seinem Verfolgungsdrang ja auch geehrt und in den Rang anderer türkischer Literaten von Weltrang gehoben. Aziz Nesin, einer der berühmtesten Schriftsteller der Türkei, hat immer gesagt: Jeder Publizist in diesem Land, der nicht im Gefängnis war oder wenigstens angeklagt wurde, hat etwas falsch gemacht.
Akhanlı war nach dem Militärputsch, in der Mitte der 80er Jahre, zwei Jahre in Haft, angeblich als Mitglied einer bewaffneten linken Organisation.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Doğan Akhanlı
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Unten — Günter Wallraff
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