Ende der Ära Merkel
Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 10. Dezember 2021
Wo war die Wissenschaftlerin?
16 Jahre auf einen Esel gesessen
Eine Kolumne von Christian Stöcker
Angela Merkel hat als Kanzlerin Bewunderung und Hass auf sich gezogen. Ihr politisches Vermächtnis scheint eindrucksvoll – aber in wenigen Jahren wird sie womöglich vor allem als schlechtes Beispiel dienen.
»Ich bin der Meinung, dass ich sehr viel Kraft für den Klimaschutz aufgewandt habe. Und trotzdem bin ich ja mit wissenschaftlichem Verstand ausreichend ausgerüstet, um zu sehen, dass die objektiven Gegebenheiten erfordern, dass man in dem Tempo nicht weitermachen kann, sondern schneller werden muss.« Bundeskanzlerin Angela Merkel, im Juli 2021
Wenn man sich derzeit einen beliebigen Prime-Time-Werbeblock im deutschen Fernsehen ansieht, könnte man zu dem Schluss kommen, dass die Sache längst geritzt ist: Die Profis haben die Sache doch im Griff.
In einem Volvo-Spot schüttelt ein kleines Mädchen mitleidig den Kopf, weil der bärtige Opa das Spielzeugauto noch mit »Brumm Brumm«-Geräuschen über den Teppich fahren lässt. Werbespruch: »Die Zukunft ist elektrisch.« Bei Mercedes fällt ein Elektroauto in Zeitlupe vom Himmel, vor die Füße einer sehnsüchtig wartenden Dame (»I can’t wait for tomorrow«), und auch BMW und Audi lassen in der Reklame fast nur noch mit Strom fahren. Verbrenner? War da was?
Der Privatsender-Quotenhit »The Voice of Germany« wird von einem vollelektrischen Seat präsentiert, Amazon lässt für seinen »Climate Pledge« Kinder mahnende Worte in die Kamera sprechen, selbst Kaffeemaschinen müssen jetzt irgendwas mit »Eco« heißen.
Vages Gefühl des Erstrebenswerten
Vattenfall hat eine »ermutigende« und »detaillierte« Spotify-Playlist mit »entspannenden Tracks zur Energiewende« im Angebot, und RWE tut schon seit Jahren erfolglos so, als sei es in Wahrheit ein Konzern, der nicht weiterhin mit dreckiger Kohle Geld verdient. Und ausgerechnet Shell diagnostiziert: »Deutschland hat die Energie zur Wende«.
Es werden im Bundestag und Regierung nicht gerade wenige Abgeordnete-Innen mit Dr.-Titel sitzen, welchen einen Husten nicht vom Schnupfen unterscheiden können!
Was auch immer man von den Klima-bewussten Beteuerungen all jener halten mag, deren Geschäftsmodelle die aktuelle Misere verursacht haben, eines ist festzuhalten: Der Wind hat sich gedreht. Klimaschutz nicht ins Schaufenster stellen, das geht jetzt nicht mehr. Heuchelei oder nicht, das ist eine gute Nachricht: Reklame erzeugt bekanntlich neben dem Bedürfnis, konkrete Produkte zu kaufen, in Summe ein vages Gefühl des Erstrebenswerten.
Die Welt von morgen, die die Werber von heute jetzt bunt, ätherisch, schwebend, friedlich malen ist eine, in der die Menschheit sich doch nicht selbst in den Abgrund treibt. Das ist, bei aller Heuchelei, zunächst mal erfreulich.
Führungskraft Merkel?
Und es hat natürlich seinen Grund: Einem wenige Wochen alten ARD-Deutschlandtrend zufolge halten 83 Prozent der Deutschen den Handlungsbedarf in Sachen Klima für »sehr groß« oder »groß«.
Dieses neue deutsche Klima hat mit allem Möglichen zu tun. Mit immer häufigeren Extremwetterereignissen, die den Leuten langsam wirklich Angst machen. Mit der zunehmenden Lächerlichkeit der Thesen von Klimawandelleugnern. Mit Greta Thunberg und Fridays for Future.
Eine Person aber hat mit diesem gesellschaftlichen und mittlerweile auch medialen Klimawandel wenig bis nichts zu tun: die Führungskraft Angela Merkel.
Am Donnerstag hat die scheidende Bundeskanzlerin noch ein letztes Mal das gemacht, was sie schon so oft gemacht hat, kurz vor dem Großen Zapfenstreich. Das, wofür sie auch von ihren Kritikern geschätzt, international respektiert und manchmal sogar gefeiert wurde. »Leader of the free world« und all das.
Eindrucksvoll informiert, trotzdem versagt
Merkel saß in der Bundespressekonferenz und verkündete mit ernster Miene bitter nötige zusätzliche Maßnahmen, um die vierte Coronawelle zumindest abzumildern. Wieder einmal viel zu spät, aber das ist vermutlich nicht primär Merkels Schuld. Sie tat das mit dieser etwas betulichen Ruhe und dieser »Es geht hier nun wahrhaftig nicht um mich«-Ernsthaftigkeit, die man ihr bis heute abnimmt. Anderen Krisenakteuren wie dem scheidenden Gesundheitsminister geht diese Haltung bekanntlich völlig ab.
Der Privatsender-Quotenhit »The Voice of Germany« wird von einem vollelektrischen Seat präsentiert, Amazon lässt für seinen »Climate Pledge« Kinder mahnende Worte in die Kamera sprechen, selbst Kaffeemaschinen müssen jetzt irgendwas mit »Eco« heißen.
Vages Gefühl des Erstrebenswerten
Vattenfall hat eine »ermutigende« und »detaillierte« Spotify-Playlist mit »entspannenden Tracks zur Energiewende« im Angebot, und RWE tut schon seit Jahren erfolglos so, als sei es in Wahrheit ein Konzern, der nicht weiterhin mit dreckiger Kohle Geld verdient. Und ausgerechnet Shell diagnostiziert: »Deutschland hat die Energie zur Wende«.
Was auch immer man von den Klima-bewussten Beteuerungen all jener halten mag, deren Geschäftsmodelle die aktuelle Misere verursacht haben, eines ist festzuhalten: Der Wind hat sich gedreht. Klimaschutz nicht ins Schaufenster stellen, das geht jetzt nicht mehr. Heuchelei oder nicht, das ist eine gute Nachricht: Reklame erzeugt bekanntlich neben dem Bedürfnis, konkrete Produkte zu kaufen, in Summe ein vages Gefühl des Erstrebenswerten.
Die Welt von morgen, die die Werber von heute jetzt bunt, ätherisch, schwebend, friedlich malen ist eine, in der die Menschheit sich doch nicht selbst in den Abgrund treibt. Das ist, bei aller Heuchelei, zunächst mal erfreulich.
Führungskraft Merkel?
Und es hat natürlich seinen Grund: Einem wenige Wochen alten ARD-Deutschlandtrend zufolge halten 83 Prozent der Deutschen den Handlungsbedarf in Sachen Klima für »sehr groß« oder »groß«.
Dieses neue deutsche Klima hat mit allem Möglichen zu tun. Mit immer häufigeren Extremwetterereignissen, die den Leuten langsam wirklich Angst machen. Mit der zunehmenden Lächerlichkeit der Thesen von Klimawandelleugnern. Mit Greta Thunberg und Fridays for Future.
Eine Person aber hat mit diesem gesellschaftlichen und mittlerweile auch medialen Klimawandel wenig bis nichts zu tun: die Führungskraft Angela Merkel.
Am Donnerstag hat die scheidende Bundeskanzlerin noch ein letztes Mal das gemacht, was sie schon so oft gemacht hat, kurz vor dem Großen Zapfenstreich. Das, wofür sie auch von ihren Kritikern geschätzt, international respektiert und manchmal sogar gefeiert wurde. »Leader of the free world« und all das.
Eindrucksvoll informiert, trotzdem versagt
Merkel saß in der Bundespressekonferenz und verkündete mit ernster Miene bitter nötige zusätzliche Maßnahmen, um die vierte Coronawelle zumindest abzumildern. Wieder einmal viel zu spät, aber das ist vermutlich nicht primär Merkels Schuld. Sie tat das mit dieser etwas betulichen Ruhe und dieser »Es geht hier nun wahrhaftig nicht um mich«-Ernsthaftigkeit, die man ihr bis heute abnimmt. Anderen Krisenakteuren wie dem scheidenden Gesundheitsminister geht diese Haltung bekanntlich völlig ab.
Quelle : Spiegel-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Pobla 2013 – 6
Benutzer:Coentor – Eigenes Werk
- CC BY-SA 1,0
- Datei:Pobla 2013 – 6.jpeg
- Hochgeladen: 27 Juli 2013
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2.) von Oben — Plenarsaal
Steffen Prößdorf
Deutscher Bundestag; Blick in den Plenarsaal
- CC BY-SA 4.0Die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Person(en) beschränken bestimmte Weiterverwendungen des Bildes ohne dessen/deren vorherige Zustimmung.
- File:2020-02-13 Deutscher Bundestag IMG 3438 by Stepro.jpg
- Erstellt: 13. Februar 2020
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Unten — Christian Stöcker (2017)
re:publica – YouTube: re:publica 2017 – Etwas Empirie: Was wir wirklich über Filterblasen, Fake-News … – Archivierte Versionen ansehen/speichern auf archive.org und archive.today
- CC BY-SA 3.0 de
- File:Christian Stöcker – re-publica 2017.jpg
- Erstellt: 17. Mai 2017
Erstellt am Freitag 10. Dezember 2021 um 12:41 und abgelegt unter Berlin, Feuilleton, Positionen, Regierung. Kommentare zu diesen Eintrag im RSS 2.0 Feed. Sie können zum Ende springen und ein Kommentar hinterlassen. Pingen ist im Augenblick nicht erlaubt.