DEMOKRATISCH – LINKS

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RENTENANGST

Emmanuel Macron

Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 25. April 2017

und der Niedergang der fünften Republik

von Claus Leggewie

In Frankreich hat die kuriose Präsidentschaftswahl 2017 schon im Vorfeld zu einem wahren Selbstmassaker des politischen Establishments geführt. Erstmals könnten die Kandidaten gleich beider großer Volksparteien, Sozialisten und konservative Republikaner, den Einzug in die Stichwahl am 7. Mai verpassen. Dort wird höchstwahrscheinlich der Parteilose Emmanuel Macron auf die Rechtsradikale Marine Le Pen treffen. Beide sind ohne politische Hausmacht in der derzeitigen Nationalversammlung, die im Juni neu gewählt wird.

Das zeigt: Im Grunde ist eine Verfassungsreform überfällig, weg von der Präsidialrepublik hin zu einem stärker parlamentarisch geprägten System. In jedem Fall wird die von Charles de Gaulle 1958 gegründete und von François Mitterrand linksgewendete Fünfte Republik so stark wie nie herausgefordert. Ihre drei Hauptstützen erweisen sich heute als stark ramponiert: Der Machtwechsel zwischen Linken und Rechten beruhte auf der ziemlich krisenfesten Garantie gut bezahlter Arbeit und einem hohen, durch beachtliche Privatvermögen ausstaffierten Konsumniveau, abgesichert durch eine selbstbewusste Arbeitnehmerschaft und einen breiten Mittelstand sowie einem ausgebauten Wohlfahrtsstaat.

Diese soziopolitische Trias bildete den inzwischen verklungenen Grundton der Trente Glorieuses, der dreißig ökonomisch prosperierenden Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Inzwischen haben der harte globale Wettbewerb, der unwiederbringliche Verlust des Großmachtstatus dem republikanischen Konsens ebenso die Grundlagen entzogen wie das Erstarren der Arbeitsbeziehungen: Frankreichs Volkswirtschaft ist mit 20 Prozent Jugendarbeitslosigkeit, 100 Prozent Staatsverschuldung und einer Vielzahl abgehängter Industrieregionen in einer zähen Malaise gefangen. Und die Repräsentanten des „Systems“ machen sich mit einem unverschämten Klientelismus immer angreifbarer, wie zuletzt der Spitzenkandidat der Konservativen, François Fillon, eindrücklich demonstrierte. Die Unzufriedenen sammelt neben dem linksnationalen Jean-Luc Mélenchon vor allem Marine Le Pen ein.

Ihr Front National gibt sich heute in Ton und Auftreten moderat. Name und Logo der Partei wichen den Slogans „Au nom du peuple“ („Im Namen des Volkes“) und „Marine Présidente“. Le Pen, die alle beim Vornamen nennen, präsentiert sich als absolut präsidiabel. Vieles aus dem rechtsradikalen Repertoire ist dabei stillschweigend unter den Tisch gefallen: Parteigründer Jean-Marie Le Pen hatte seine politische Laufbahn noch im Umkreis der terroristischen Organisation de l’armée secrète (OAS) begonnen. Inzwischen wurde er ob seines penetranten Antisemitismus aufs Altenteil gesetzt, ist aber weiter als Ehrenpräsident für ein paar Millionen Euro Spenden gut.

Siegerin Le Pen?

Tochter Marine hingegen geriert sich einerseits politisch „links“ als Verteidigerin der Durchschnittsfranzosen gegen die kapitalistische Globalisierung und Europäisierung, andererseits weit rechts als Kämpferin gegen den grand remplacement, den angeblichen Bevölkerungsaustausch weißer Christen durch muslimische Araber und Afrikaner.  Mit beiden Positionen bedient sie Motive aus den Tiefen der französischen Geschichte: den Antikapitalismus, als dessen Feindbild nun allerdings nicht mehr das Kapital, sondern die Fremden herhalten müssen, und die beschwiegene Kolonialvergangenheit vor allem in Algerien. Le Pen kombiniert auf diese Weise die Parameter der republikanischen Linken und Rechten. Aber ihre Losung ni droite ni gauche (weder rechts noch links) steht ganz klar in der Tradition des französischen Faschismus und Teilen des Syndikalismus.

Derzeit fokussiert Marine Le Pen vor allem auf den Zusammenhang von grenzenloser Europäischer Union und unbegrenzter Immigration. Über die Folgen eines Wahlsieges des Front National darf man sich daher keine Illusionen machen: Seine Losung „La France d’abord“ (Frankreich zuerst) würde das Ende der EU bedeuten. Marine Le Pen verspricht bereits ein Referendum über den Euroausstieg. Es ist ihren Anhängern gleichgültig, dass Frankreich zu den Gründern und Motoren der Union und zu den am meisten „globalisierten“ Volkswirtschaften der Welt gehört. Sie ignorieren, dass eine Rückkehr zum Franc katastrophale Auswirkungen für Sparer, Unternehmer und Anleger hätte. Und sie wollen nicht wissen, dass ohne EU die einheimische Verschuldung „griechische“ Konsequenzen zeitigen würde. Für die schrecklichen Vereinfacher ist das Ende der Union das Allheilmittel gegen sämtliche empfundene Übel der Nation.

Quelle : Blätter >>>>> weiterlesen

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Grafikquelle : CopyleftEigenes Werk

2 Kommentare zu “Emmanuel Macron”

  1. Pascal sagt:

    Stoppt diesen Mann!

    Emmanuel Macron ist gegenwärtig der gefährlichste Mann Europas.

    Wer stoppt ihn?

    http://de.blastingnews.com/politik/2017/04/franzosen-stoppt-diesen-mann-001650239.html

  2. Schichtwechsler sagt:

    Hieß es nicht mal Lafontaine ist der gefährlichste Mann Europas?

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