Antrag auf ESM-Darlehen
Erstellt von Redaktion am Mittwoch 15. Juli 2015
Eine politische Bewertung von Wagenknecht und Bartsch
„Dass Syriza diesem Diktat trotzdem zustimmt, ist nicht ihr freier Wille. Wir müssen die Erpressung, die insbesondere seitens der deutschen Regierung stattgefunden hat, angreifen und in ihren verheerenden Wirkungen – auch für die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – attackieren.“
Der letzte Absatz in dieser politischen Bewertung bringt schon das ganze Dilemma einer hilf – und nutzlosen Opposition zum Ausdruck. Selbstverständlich ist es der freie Wille wenn Tsipras dieser „Einigung“ zustimmt, denn nichts wäre einfacher als ein klares „Nein“ – für dessen Zustimmung er noch am letzten Wochenende geworben und diese auch von seinen Bürgern bekommen hat. Da stellt eine Person mit Rückgrat die Vertrauensfrage und ist auch bereit die Brocken hinzuschmeißen. An und für sich ganz einfach, da er aus Europa so wie so keine Unterstützung erhält.
Ein Austritt Griechenlands schon vor Jahren, als sich das Drama abzeichnete wäre für das Land mit Sicherheit einfacher und kostengünstiger gewesen. Aber auch zu den Zeiten haben im restlichen Europa genau wie heute ins besondere die Deutschen Linken mit großen Augen darauf vertraut das „die Anderen schon für sie die Kastanien aus dem Feuer holen“. Außer viel leeres Gerede dümpelte man ohne jede Strategie weiter vor sich hin.
Zehn Jahre DIE LINKE in Deutschland und zehn Jahre wurde es versäumt einen Boden für Strukturveränderungen innerhalb der Gesellschaft auch nur im Ansatz vorzubereiten. Die Quittung dafür bekommen nun die Griechen serviert, denn aus den Anfängen einiger Widerständler in Spanien, Portugal oder Italien ist längst eine schläfrige Truppe von Angsthasen geworden.
Das einzig Gute ist, dass nun auch noch die letzten der eventuell vorhanden Zweifler erkannt haben werden dass es auch bei links nur ums Geld und lukrative Pöstchen geht. Viele Gesetze lehnten die Bürger in den letzten Jahren mit überwältigenden Mehrheit ab, welche ihnen durch die Regierung aufgezwungen wurde – DIE LINKE zeigte sich als eine zahnlose Partei welche es nicht vermochte einen erfolgreichen Widerstand zu mobilisieren und anzuführen.
Auch TTIP werden sie mit solch einer Politik nicht verhindern können, da viel zu viele ihrer Funktionäre viel zu vielen verschiedenen Damen und Herren der Macht zur Hörigkeit gegenüber sind. Hartz IV von Schröder eingeführt, wurde immer als Ziel der Rückführung ausgegeben. Heute ist es über ganz Europa verbreitet. Das tolle Beispiel für eine linke Erfolgsgeschichte.
Sahra Wagenknecht, Dietmar Bartsch Politische Bewertung:
Antrag auf ESM-Darlehen und „Reformliste“
Wer für „Nein“ geworben hat, kann jetzt nicht „Ja“ sagen
Die griechische Bevölkerung hat trotz erpresserischer Bargeldverknappung und Grexit-Angstkampagne eindrucksvoll ihren Willen in dem Referendum zum Ausdruck gebracht: „Nein“ zum vergifteten Angebot der Institutionen, „Nein“ zu weiteren Reallohnkürzungen durch drastische Mehrwertsteuererhöhungen, „Nein“ zu weiteren Rentenkürzungen und „Nein“ zur weiteren Verschleuderung öffentlichen Vermögens.
Statt dieses demokratische Votum zu akzeptieren und ihre gescheiterte Krisenpolitik zu überdenken, haben Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die Europäische Zentralbank (EZB) die Regierung in Athen in den Tagen nach dem Referendum weiterhin gnadenlos erpresst. Die alte Troika signalisierte, dass die EZB nur bei einer „Einigung“, die de facto einer Kapitulation der griechischen Regierung gleichkäme, die griechischen Banken wieder mit Liquidität versorgen würde. Erst mit neuer Liquidität könnten die Banken wieder öffnen.
Bei den Primärüberschüssen im Haushalt und Privatisierungen war die griechische Regierung bereits vor dem Referendum weitgehend auf das „Angebot“ der Institutionen eingegangen. In kompletter Ignoranz der demokratischen Willensäußerung verlangten die Gläubiger nach dem Referendum ultimativ von der griechischen Regierung bis zum 9.7.2015, noch weiter nachzugeben und ein neues „Reformpaket“ vorzulegen. Andernfalls hätte ein Antrag auf Finanzhilfe beim Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), der zuvor von der griechischen Regierung eingereicht worden war, keine Chance.
Die daraufhin von der griechischen Regierung vorgelegte Liste, die das griechische Parlament inzwischen mit Stimmen der Opposition als Verhandlungsgrundlage gebilligt hat, entspricht in allen zentralen Fragen – Höhe der Primärüberschüsse, Mehrwertsteuererhöhungen, Rentenkürzungen und Privatisierungen – exakt dem „Vorschlag“ der Institutionen, den 61 Prozent der Griechen im Referendum abgelehnt hatten.
Dass Schäuble und anderen selbst das immer noch nicht ausreicht, zeigt nur, dass es ihnen nie um eine Einigung ging!
Beispiele für die Zugeständnisse der griechischen Regierung in ihrem neuen Angebot
Das geplante Einnahmeplus durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer (auf 23 Prozent für die meisten Produkte, für die vorher der ermäßigte Satz von 13 Prozent gegolten hatte) ist mit einem Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) jetzt genau so hoch wie von den Gläubigern verlangt. Zum Vergleich: Auf Deutschland übertragen würden dem Mehreinnahmen von 25 Milliarden Euro durch Erhöhung von Verbrauchssteuern entsprechen, eine spürbare Verteuerung, die vor allem Ärmere am härtesten träfe. Die Abschaffung des Mehrwertsteuerrabatts für die meisten Inseln und sogar der hohe Mehrwertsteuersatz für Restaurants werden in der neuen griechischen „Reformliste“ akzeptiert. Außer Grundnahrungsmittel werden auch alle Lebensmittel von dem neuen Satz von 23 Prozent betroffen sein. Lediglich Hotels sollen noch in den Genuss des mittleren Mehrwertsteuersatzes von 13 Prozent kommen. Diese Maßnahmen verteuern nicht nur die Lebenshaltungskosten der Bevölkerung erheblich, sondern bedeuten mehr Armut und eine erneute Strangulierung der Nachfrage auf dem Binnenmarkt. Auch der einzige noch halbwegs florierende Wirtschaftszweig, die Tourismusbranche, wird durch sie getroffen.
Bei den Renten bleibt es bei der Einführung der Rente mit 67 und der Verringerung der Möglichkeit für die Frühverrentung, obwohl letztere quasi als Ersatzsozialhilfe fungiert. Die Erhöhung der Beiträge für die Gesundheitsversorgung von 4 auf 6 Prozent bedeuten eine faktische Rentenkürzung von mindestens 2 Prozent für alle Rentner (durch Einbeziehung der Zusatzrenten für viele sogar noch mehr). Zusätzlich getroffen werden Bezieherinnen und Bezieher der bisherigen Solidarrente, die bis 2019 schrittweise abgeschafft werden soll. Insgesamt sollen sich die Rentenkürzungen bereits 2015 auf 0,25 bis 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und nächstes Jahr sogar auf 1 Prozent des BIP belaufen. Auch bei den Renten wurde der „Vorschlag“ der Institutionen damit vollständig übernommen.
Die Unternehmenssteuern werden nun, wie von den Institutionen verlangt, nur auf 28 anstatt auf 29 Prozent angehoben. Die Sonderabgabe für Unternehmen mit über 500 000 Euro Jahresgewinn ist vom Tisch.
Obwohl selbst vom IWF ein Schuldenschnitt gefordert wird und Ex-Finanzminister Yanis Varoufakis diesen noch vor wenigen Wochen zur Bedingung für eine Vereinbarung gemacht hatte, ist von einem Schuldenschnitt im Paket der griechischen Regierung nichts zu finden. In dem Brief vom 8.7. an den ESM, in dem der Finanzhilfeantrag gestellt wird, heißt es lediglich, dass Griechenland auf Maßnahmen als Ergebnis einer „breitere Diskussion“ hofft, durch welche die griechischen Schulden wieder nachhaltig werden. Ähnliche Formulierungen hatten auch frühere Vereinbarungen mit Griechenland enthalten, ohne dass dem jemals Konsequenzen folgten.
Es gibt kein Investitionsprogramm in Höhe von 35 Milliarden Euro, sondern nur einen unverbindlicher Hinweis auf bestehende EU-Investitionstöpfe.
Alexis Tsipras soll vor dem Parlament gesagt haben, dass diese Liste nicht im Einklang mit Syrizas Wahlversprechen steht. „Das Sparprogramm ist selbstmörderisch“, sagte Energieminister Panagiotis Lafazanis.
Fazit
Klar ist: Selbst eine einfache Annahme der griechischen „Reformliste“ ohne weitere Verhandlungen und Verschärfungen liefe bereits auf die Fortsetzung des fatalen Giftcocktails von Kürzungspolitik und sich verschärfender Wirtschaftskrise hinaus, der in den letzten Jahren ein Viertel der griechischen Wirtschaftskraft zerstört und die griechischen Schulden immer weiter erhöht hat. Die griechische Tragödie ginge so erneut in die Verlängerung. Das mindestens 50 Milliarden Euro schwere Griechenland-III-Kreditpaket, für das wieder die europäischen Steuerzahler haften sollen, dient erneut nur dazu, alte Schulden mit neuen Schulden zu bezahlen. Es wird absehbar selbst dafür nicht ausreichen, da – wie der IWF inzwischen unumwunden zugibt – die zugrunde liegenden Wachstums- und Überschussannahmen viel zu optimistisch sind. Man könnte sarkastisch sagen: weil es selbst dazu beiträgt, dass sich Wachstum in der griechischen Wirtschaft in den nächsten Jahren wohl kaum einstellen wird. Auch gibt es aus anderen Ländern einschlägige Erfahrungen, dass Mehrwertsteuererhöhungen in einer Krise die Einnahmen aus dieser Steuer oft sogar senken, weil der Effekt der Nachfragestrangulierung den Einnahmeeffekt überwiegt.
Statt neuer Giftlisten, die die Leistungsfähigkeit der griechischen Wirtschaft weiter ruinieren, braucht Griechenland die Klärung der Schuldenfrage z.B. durch einen Schuldenschnitt wie Deutschland ihn nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten hat. Und statt einer weiteren Verschleuderung öffentlichen Vermögens durch Privatisierungen, die den Staat immer ärmer machen, braucht Griechenland eine Vermögensabgabe zulasten seiner Oligarchen, um die öffentliche Handlungsfähigkeit zurückzugewinnen. Nur mit einem grundlegenden Kurswechsel weg von der Kürzungspolitik kann die griechische Wirtschaft reanimiert, der Sozialstaat wieder hergestellt und letztlich auch der Schaden für die europäischen Steuerzahler minimiert werden.
Wer beim Referendum für ein „Nein“ war, um weiteren Kürzungsdiktaten eine Absage zu erteilen, kann jetzt nicht „Ja“ sagen!
Dass Syriza diesem Diktat trotzdem zustimmt, ist nicht ihr freier Wille. Wir müssen die Erpressung, die insbesondere seitens der deutschen Regierung stattgefunden hat, angreifen und in ihren verheerenden Wirkungen – auch für die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – attackieren.
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Fotoquelle: / Blogsport
Mittwoch 15. Juli 2015 um 18:15
100 tausende im Schwarzkoffer und der (Schäuble) macht heute den Moralapostel. Absurder geht’s nicht.
Die „kriminelle deutsche Oberschicht“ hat Gelder in dreistelliger Milliardenhöhe am Fiskus vorbei in den Steueroasen gebunkert.
Weltweit sind es sogar rund 30 Billionen Dollar. Und das soll ein „bisschen“ sein?
Das Steuerverschwender-Paradies ist Deutschland.