Eine königliche Zustimmung-
Erstellt von Redaktion am Dienstag 9. Februar 2021
würde den Tod der Demokratie bedeuten !
Quelle : Scharf — Links
Von Georg Korfmachen, München
Mitten in den Schlamassel in der britischen Wirtschaft seit dem endgültigen Austritt des UK aus der EU platzt eine Nachricht, die an Brisanz und Scheinheiligkeit alles übertrifft, was man von der scheinbar ältesten Demokratie bisher dachte. Spätestens jetzt muss jedem klar werden, wie bissig zutreffend das Urteil von J.-J. Rousseau über die Demokratie auf der Insel schon vor weit über 200 Jahren war: Das englische Volk ist nur während der Wahl der Parlamentsmitglieder frei; sind diese gewählt, ist es Sklave, ist es nichts.
Seit vermutlich 1707 gibt es im Britischen Königreich eine wenig bekannte, da sorgfältig geheimgehaltene Regelung, den sog. Queen’s oder King’s Consent. Danach legt die Regierung dem Königshaus alle Gesetzesvorhaben mit möglichen Auswirkungen auf die Belange der Krone zur Genehmigung vor, und zwar noch bevor sie in die parlamentarische Debatte gehen. Die Brisanz liegt darin, dass die aktuelle Königin ins Kreuzfeuer geraten ist, die Scheinheiligkeit, dass die Krone die Rolle der Königin als heute „rein formal“ („purely formal„) bezeichnet und dass der Consent auf einer seit langem bestehenden Konvention (“a long established convention”) beruhe. Bezeichnend ist das Bild der Queen vor einer schweren roten Kassette, in der diese Konvention wohl eingeschlossen ist.
Die Bombe platzte aufgrund einer von TheGuardian veröffentlichten Recherche über die Aktivitäten der Queen in den 1970er Jahren, ihr peinlich großes Vermögen vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen. Seinerzeit wollte MP Edward Heath ein sog. Transparenzgesetz durch das Parlament bringen, mit dem die Herkunft großer Vermögen öffentlich einsehbar gemacht werden sollte. Die Queen intervenierte über ihren Anwalt Matthew Farrer mit der Folge, dass in das Gesetz eine Ausnahmeregelung für Unternehmen von „Staatsoberhäuptern“ eingefügt wurde. Damit konnte die Queen ihr Image als zwar sicher wohlhabende Frau aber vor allem als gütige Landesmutter pflegen und gleichzeitig verbergen, wieviele hundert Millionen sie wirklich besitzt, ganz zu schweigen von ihrem Sohn Prinz Charles.
Nachdem seit eh und je felsenfest galt, dass das Königshaus sich nicht in die Angelegenheiten des Parlaments einmischt, stellen jetzt plötzlich namhafte Rechtsgelehrte infrage, wie und warum das Königshaus überhaupt auch nur eine theoretische Möglichkeit haben kann, strangulierend und in einem sehr frühen Stadium in die Rechtsprechung einzugreifen. Ein Verfassungsrechtler der Oxford University meint gar, dass von „dieser Art der Beeinflussung der Gesetzgebung Lobbyisten nur träumen können“ und dass die bloße Existenz des Consent Monarchen eine „wesentliche Beeinflussung“ der Gesetzesvorlagen ermöglicht, in denen ihre Angelegenheiten betroffen sein könnten.
Mit diesen Nachweisen von TheGuardian wird dem ganzen britischen System der Parlamentarischen Monarchie die Maske von der Fratze gerissen. Es wird als völlig undemokratisch enttarnt. Was Rousseau schon damals sagte wird heute von seriösen englischen Journalisten bewiesen. Die Königliche Zustimmung (Consent) ist der Tod der Demokratie. Und das Volk sieht wieder einmal dumm drein und muss sich zudem noch mit einer offenbar inkompetenten Regierung herumschlagen.
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Grafikquelle :
President Donald J. Trump and First Lady Melania Trump review items from the Royal Collection with Britain’s Queen Elizabeth II Monday, June 3, 2019, in the Picture Gallery at Buckingham Palace in London. (Official White House Photo by Andrea Hanks)