Ein Spiel mit dem Feuer
Erstellt von Gast-Autor am Dienstag 12. August 2014
Ein Buch zur Kriegs-Brandbekämpfung in der Ukraine
Autor: Karl Peters
Datum: 11. August 2014
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Buchtitel: Ein Spiel mit dem Feuer – – Die Ukraine, Russland und der Westen
Buchautor: Peter Strutynski (Hg.)
Verlag: PapyRossa
Nach Monaten einseitiger und grundfalscher Berichte und Kommentare über den Ukraine-Konflikt in den deutschen Medien sammelt die ARD, – an der allgemeinen Nachrichtenfälschung führend beteiligt – in ihrem Deutschland-Trend die Ergebnisse ein: Rund 80 Prozent der Deutschen sieht Russland in der Verantwortung für die „Eskalation“ und 49 Prozent (gegen 46) sind für die Verschärfung der Sanktionen. Wenn trotzdem nur 35 Prozent die USA für einen vertrauenswürdigen Partner halten und immer noch 40 Prozent (gegen 58) nachvollziehen können, dass sich Russland vom Westen bedroht sieht, dann liegt das nicht zuletzt an den Autoren, die Peter Strutinsky, Sprecher des „Friedensratschlag“ in seinem Buch „Ein Spiel mit dem Feuer – Die Ukraine, Russland und der Westen“ als Herausgeber um sich versammelt hat. Sie alle haben, zumeist im Internet, in eben diesen langen Monaten versucht, dem deutschen Kriegsgeschrei die Stimme der Vernunft entgegen zu halten.
Mit Reinhard Lauterbach, der in Polen lebt und lange für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gearbeitet hat, beginnt der Reigen der Maidan-Analytiker. Er weist nach, dass der Maidan keine spontane Erfindung war, erzählt detailliert von der Gründung des „Rechten Sektors“, jener bewaffneten Schlägerbande, die letztlich den ehemaligen Bürgerprotest dominierte und vermerkt ironisch, dass der Aufruf der Kiewer Opposition zum Generalstreik „völlig wirkungslos“ blieb. Offenkundig hatte der Maidan, im Westen als „das Volk“ behauptet, einfach keine Mehrheit in der Bevölkerung.
Die Schriftstellerin Daniela Dahn komplettiert die ukrainische Erzählung mit der Frage, wie legitim denn die vom Maidan installierte Regierung gewesen sei. Nüchtern erinnert sie daran, dass die Wahlen, aus denen die Janukowitsch-Präsidentschaft hervorgegangen war, von der OSZE als „vorbildlich demokratisch“ gelobt worden waren. Wahlen, bei denen die Oppositions-Parteien verloren hatten, die sie aber mithilfe des des bewaffneten Maidan in einen Sieg umwandelten: Janukowitsch musste fliehen, die Timoschenko-Klitschko-Nazi-Gruppierung stellt heute Regierung und Präsident. Wenn Daniela Dahn dann anmerkt, dass eine gewählte Regierung wie zum Beispiel die deutsche nicht selten gegen Bevölkerungsmehrheiten handelt (sie erwähnt den Afghanistankrieg, Hartz 4 und die Vorratsdatenspeicherung), dann spielt sie auf den Maidan-Auslöser an: Das Abkommen zwischen der Ukraine und der EU, von dem Janukowitsch letztlich abrückte. So ist es in einer parlamentarischen Demokratie, schreibt Dahn und fragt nach der Legitimation der Maidan-Versammlung, die das Parlament mit Waffen unter Druck setzte und deren Regierung ihr Placet dann nicht vom „Volk“ sondern von ausländischen Regierungen bekam.
Der Journalist Willi Gerns versorgt den Leser mit einer Fülle von Fakten über die Ukraine: Drei Millionen Ukrainer arbeiten in Russland, der durchschnittliche ukrainische Bruttolohn beträgt 295 Euro, weniger als die Hälfte des russischen und erklärt so, aus dem sozialen Gefälle, die Attraktivität Russland für viele Ukrainer. Mit einem Ausblick auf die Rosskur, die der IWF den Ukrainern verordnet, will Gerns einen nächsten Maidan nicht ausschließen. Und Kai Ehlers, der an der verdienstvollen deutschsprachigen Website russland.ru mitarbeitet, bereichert die soziale Analyse um die politische, wenn er die „nationale Revolution“, die im Mantel der EU-Freunde umhergeht, als eher dem Westen feindlich charakterisiert und dem „Anti-Maidan“ (der ostukrainischen Bewegung) eine durchgängige Neigung zu Russland abspricht. In beiden Fällen konstatiert er, dass sich die bewaffneten Formationen von ihrer sozialen Basis gelöst haben und fürchtet, dass sich der begonnene Bürgerkrieg weiter vertiefen wird. Ein wenig blutleer wirkt das völkerrechtliche Plädoyer des Juristen Norman Paech dafür, dass die Loslösung der Krim von der Ukraine verfassungswidrig gewesen sei. Hier wäre eine Auseinandersetzung mit dem Völkerrechtler Reinhard Merkel möglich und nötig gewesen, der die Bewegung auf der Krim als „Sezession“ begreift, eine Kategorie politischer Aktion, die durchaus dem Völkerecht entspricht.
Aus der Fülle der klugen Beiträge sei jener des Historikers Ulrich Schneider erwähnt, der die historischen Wurzeln des Faschismus in der Ukraine ausgräbt, die geopolitische Einordnung des Ukraine-Konflikts durch den Wissenschaftler Erhard Crome, dessen Beitrag vom Historiker Jürgen Wagner um die EU-Erweiterungsstrategie bereichert und durch den Soziologen Jörg Kronauer erweitert wird, der die Ukraine-Politik der Bundesregierung im Widerstreit zwischen den eigenen Interessen und denen der USA begreift. Mitten in der aktuellen Auseinandersetzung befinden sich der Herausgeber der Zeitschrift „Ossietzky“ Eckart Spoo und der Herausgeber der Website „Rationalgalerie“, Uli Gellermann, die beide der deutschen Medienlandschaft völlige Einseitigkeit nachweisen. Während Spoo sich wesentlich die Druckmedien vornimmt, konzentriert sich Gellermann auf ARD und ZDF, deren „journalistische Sorgfaltspflicht“ er in „deutlicher Parteilichkeit“ aufgelöst sieht. – Das „Spiel mit dem Feuer“ ist ein groß angelegter Löschversuch, der für alle jene unverzichtbar ist, die sich über die Wirklichkeit des Ukraine-Konflikts und seine Gefahren gründlich informieren möchten.
Grafiquelle : Feuer