Ein SPD Finanzkasino
Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 3. Juni 2022
Scholz-Plan für „konzertierte Aktion“
Sind die Scholz Pläne besser als seiner Großmutters Zähne ?
Eine Kolumne von Ulrike Herrmann
Scholz will in einer „konzertierten Aktion“ mit Staat, Arbeitgebern und Gewerkschaften die Inflation bekämpfen. Doch wie 1967 kann dabei viel schief gehen.
Längst vergangene Zeiten kehren wieder: Die Ölpreise steigen rasant, die Inflation ist so hoch wie 1973, und SPD-Kanzler Scholz will eine Idee reaktivieren, die zuletzt 1967 praktiziert wurde, nämlich die „konzertierte Aktion“. Es lohnt ein Rückblick, denn damals wurden Fehler gemacht, aus denen sich heute lernen lässt.
Die konzertierte Aktion war eine Idee von SPD-Wirtschaftsminister Karl Schiller, um die erste Wirtschaftskrise in der Nachkriegszeit zu überwinden, als etwa 500.000 Menschen ihre Stelle verloren hatten. Arbeitgeber und Gewerkschaften sollten sich gütlich einigen, moderiert vom Staat. Das Ergebnis war, dass die Gewerkschaften 1967 auf höhere Löhne verzichteten, um Arbeitsplätze zu retten. Im Gegenzug versprach Schiller „soziale Symmetrie“: Sobald die Konjunktur wieder lief, sollten Löhne und Gewinne im Gleichklang steigen.
Bald mussten die Gewerkschaften jedoch feststellen, dass die soziale Symmetrie ausblieb. Das Wachstum kehrte viel schneller zurück, als es prognostiziert worden war, sodass die Firmengewinne geradezu explodierten. Die Profite der Unternehmer stiegen 1968 um satte 17,5 Prozent, während sich die Beschäftigten mit einem Plus von 6 Prozent bescheiden mussten. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Firmenchefs freiwillig nachsteuern müssen, um die soziale Symmetrie zu wahren. Doch stattdessen freute man sich über die eigenen Sondergewinne. Dieser rabiate Egoismus erwies sich als fatal.
Die Arbeitnehmer fühlten sich betrogen, auch von ihren eigenen Gewerkschaften. Also griffen sie zur Selbsthilfe: Im September 1969 kam es bundesweit zu wilden Streiks. Die Beschäftigten machten sich nicht einmal die Mühe, ihre Gewerkschaften vorab zu informieren, dass ein Ausstand geplant war, sodass die hauptamtlichen Funktionäre genauso überrascht wurden wie die Firmenchefs.
Schock der Gewerkschaften
Die Gewerkschaften waren schockiert, dass sie so plötzlich den Einfluss auf ihre Mitglieder verloren hatten. „Das geht uns an die Nieren“, räumte DGB-Chef Heinz Oskar Vetter wenig später ein, „dass das explosive Aufbegehren der Arbeitnehmer von uns nicht vorausgesehen worden ist.“
Die wilden Streiks lohnten sich, denn die betroffenen Betriebe gewährten durchweg ein zweistelliges Lohnplus. Durch das Wachstum herrschte wieder Vollbeschäftigung, und die Firmen waren auf ihre Angestellten angewiesen. Um die Rebellion einzudämmen, wurde schließlich ein allgemeiner Tarifvertrag geschlossen, bei dem die IG Metall eine Gehaltserhöhung von 11 Prozent aushandelte.
Doch ihren angestammten Einfluss konnten die Gewerkschaften trotzdem nicht mehr zurückgewinnen, weil viele Beschäftigte ihre Funktionäre für allzu zahm hielten. 1970 kam es in Baden-Württemberg erneut zu spontanen Arbeitsniederlegungen, was eine Lohnsteigerung von weiteren 15 Prozent einbrachte. Im Durchschnitt stiegen die Löhne und Gehälter zwischen 1969 und 1974 um 11,8 Prozent pro Jahr. Dem Wachstum hat es nicht geschadet: Bis 1973 legte die Wirtschaft um 5 Prozent pro Jahr zu. Auch der Außenhandel war ausgeglichen.
Einmalzahlungen würden den Angestellten helfen, ohne dauerhaft das Lohngefüge zu belasten
Es hätte also keinen Grund zur Sorge gegeben – wenn die Inflation nicht gewesen wäre. Gerade weil die Wirtschaft brummte und die Betriebe komplett ausgelastet waren, lag es für die Firmenchefs nahe, die erhöhten Lohnkosten auf die Kunden abzuwälzen. Im April 1973 betrug die Geldentwertung bereits 7,5 Prozent. Die Lohn-Preis-Spirale drehte sich also bereits, als sich ab Oktober 1973 auch noch die Ölpreise vervierfachten und die Inflation zusätzlich anheizten. Um diese erneute Geldentwertung zu kompensieren, verlangten die Gewerkschaften ein Plus von 15 Prozent. Am Ende kamen bei der IG Metall 11,8 Prozent mehr Lohn heraus.
Es ist tragisch, dass die Gewerkschaften damals auf hohen Löhnen beharrten, weil sie damit ihren eigenen Niedergang provozierten. Denn eine galoppierende Inflation lässt sich nicht ignorieren, und es war abzusehen, dass die Bundesbank die Zinsen energisch nach oben treiben würde. Die Folgen waren ebenso klar: Die Wirtschaft würde schrumpfen, die Arbeitslosigkeit stark steigen – und die Macht der Gewerkschaften schwinden.
Die „Schocktherapie“ der Bundesbank ließ nicht lange auf sich warten, und die Kreditzinsen erreichten ein bis dato unbekanntes Niveau: Wer ein Haus baute, musste für eine Hypothek plötzlich über 10 Prozent Zinsen zahlen, und wer sein Konto überzog, musste sogar 14 Prozent aufbringen.
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquelle :
Oben — Olaf Scholz, Politiker (SPD) – Zur Zeit Vizekanzler und Bundesminister der Finanzen der Bundesrepublik Deutschland. Außerdem ist er Kanzlerkandidat der SPD für die Bundestagswahl 2021. Hier während einer SPD-Wahlkampfveranstaltung im August 2021 in München. Titel des Werks: „Olaf Scholz – August 2021 (Wahlkampf)“