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Ein schwarzer Bürgermeister auf Mallorca

Erstellt von Redaktion am Dienstag 16. Juni 2015

Kräftige Gewinne der LINKEN bei den spanischen Wahlen

Autor: U. Gellermann
Datum: 15. Juni 2015

Ein Präludium klingt aus der barocken Kirche von Alaro, dem kleinen Ort am Fuß des mallorquinischen Tramuntana-Gebirges. Ausgerechnet Dietrich Buxtehudes Komposition weht über den leidenden Jesus in der Kapelle am Eingang, eine Naturhaarperücke bedeckt seinen Kopf, ein grünes, brokatenes Tuch verhüllt seine Lenden. Opferkerzen flackern auf, welche Leiden der Schmerzensmann heilen soll, weiß man nicht. Wahrscheinlich alle. Hier, im Herzen des traditionellen Mallorca, nur wenige Schritte von der Kirche entfernt, ist im Gebäude des Ayuntamiento eine Sensation zu erleben: Der erste schwarze Bürgermeister der Insel – Guillem Balboa.

Fast gestern noch herrschte hier die „Partido Popular“, die unter dem Ministerpräsidenten Mariano Rajoy nach wie vor die Regierung des gesamten Landes bestimmt und sich nur fälschlich Volkspartei nennt. Die durchweg korrupte, mit der BauMafia verfilzte CDU Spaniens, hat bei den Kommunalwahlen im Mai eine Niederlage nach der anderen hinnehmen müssen. Und in vielen Regionen und Gemeinden siegten linke Wahlbündnisse aller Art. In Alaro ist es eine Listenverbindung der Balearischen Sozialisten und der Grün-linksregionalistischen Partei MÉS. „Ich bin glücklich“ strahlt der frischgebackene MÈS-Bürgermeister Balboa. Denn „Més per Mallorca“ heißt einfach nur „Mehr für Mallorca“ und mehr, so hofft Balboa, „mehr für den Naturschutz und mehr für die Demokratie“ würde das Bündnis wohl in den nächsten vier Jahren erreichen.

Als Guillem Balboa mit seinen Eltern aus der Diktatur in Äquatorialguinea floh, war er fünf Jahre alt. Seitdem hat sich dort nicht viel geändert. US-amerikanische Ölkonzerne wie Exxon Mobil, Marathon Oil, Amerada Hess und Vanco Energy bestimmten und bestimmen noch heute das politische Klima im afrikanischen Küsten- und Insel-Staat unweit von Kamerun. Der Diktator Teodoro Obiang wurde bei einem Besuch in den USA von der ehemaligen Außenministerin Condoleezza Rice öffentlich mit den Worten empfangen: „Sie sind ein guter Freund und wir heißen Sie herzlich willkommen.“ So ist das mit Freunden, alles weitere kann man bei Angela Merkel erfahren.

Beim offiziellen Regierungswechsel im überfüllten Gemeindesaal des Rathauses sieht man auf der Seite der Konservativen betretene Gesichter. Beifall brandet auf, als festgestellt wird, dass auf der LINKEN Regierungsbank vier Frauen neben zwei Männern sitzen, während auf der RECHTEN nur zwei Frauen zu zählen sind. „Und neben den linken Frauen sitzt auch noch einer wie ich“, freut sich Guillem Balboa, der es in den ersten Jahren als Flüchtling keineswegs immer leicht hatte. „Aber wir verbündeten LINKEN werden einen Kulturwandel durchsetzen.“ Dass er selbst ein Zeichen für den Kulturwandel ist, versteht sich. Inzwischen ist der 50-Jährige Angestellte der Universidad de las Islas Baleares ein integriertes Mitglied der mallorquinischen Gesellschaft.

Die schweren Verluste der „Partido Popular“ sind nicht zuletzt auf den EU-Merkel-Sparkus zurückzuführen, der Spanien bisher eine Arbeitslosenquote von 23 Prozent eintrug, von der auch die Lieblings-Ferieninsel der Deutschen nicht verschont blieb. Die Armut wächst synchron mit den sozialen Kürzungen, deren brutalster Ausdruck die Zwangsräumung von fast einer halben Million Wohnungen ist. Es scheint eine Frage der Zeit zu sein, bis sich in Spanien eine linke Wende á la Griechenland durchsetzten kann. Die nächsten spanischen Parlamentswahlen sind im Dezember dieses Jahres und die sozialen Bewegungen setzen ihre Kämpfe fort.

Im Café am Markt kommen Guillem Balboa und seine Freunde nach dem Regierungswechsel zusammen. Auch der Mann, der die Orgelkonzerte in der Kirche organisiert, sitzt in einem der Rohrsessel auf der Plaza. Ihm ist zuzutrauen, dass er dem Jesus mit der Perücke diese oder jene Kerze zugesteckt hat, um den Wahlsieg von MÈS zu befördern. Immerhin ist die wundertätige Schutzheilige Mallorcas, die „Mare de Déu de Lluc“ (La Moreneta), eine der seltenen schwarzen Madonnen. Warum sollte nicht ein schwarzer Mallorquiner am nächsten, dringend benötigten spanischen Wunder beteiligt sein: Der Befreiung des Landes von seinen korrupten Eliten.

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Fotoquelle: Wikipedia -Ballermann

Urheber ILA-boy
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Ein Kommentar zu “Ein schwarzer Bürgermeister auf Mallorca”

  1. Junger Saarländer sagt:

    Dahin werde ich auch bald fliegen. Wenn die Linke jetzt den Ballermann übernimmt, treffe ich dort sicher auch viele alte Bekannte. Dann wird der Sangria bestimmt bald durch Schläuche und nicht mehr durch Strohhalme geschlürft.

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