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Ein Prost auf die Politiker

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 30. August 2018

„Alkohol ist ein trügerischer Freund für einen Politiker“

File:Boris Johnson -opening bell at NASDAQ-14Sept2009-3c.jpg

Interview  Eva Oer

Früher galt das Regierungsviertel in Westminster als „Komasauf-Hauptstadt Großbritanniens“, heute bleiben viele Politiker lieber nüchtern. Ben Wright weiß warum und hat ein Buch über das politische Trinken geschrieben

taz: Herr Wright, ich erreiche Sie am Telefon und muss gleich mal fragen: Trinken Sie gerade ein Pint?

Ben Wright: Das ist eine freche Frage!

Es ist der Moment der Wahrheit.

Okay, meine Entschuldigung ist: Ich habe gestern sehr lange gearbeitet, es ist mein freier Tag, es ist 5 Uhr am Nachmittag, und – ich kann nicht glauben, dass Sie mich erwischt haben – ich habe gerade eben eine Flasche amerikanisches India Pale Ale geöffnet. Aber es ist ein kleines!

Für diese Gelegenheit habe ich mir auch eine Flasche Bier an den Schreibtisch geholt, sonst mache ich das auch nicht. Herr Wright, für Ihr Buch „Order, Order! The Rise and Fall of Political Drinking“ haben Sie recherchiert, welche Rolle Alkohol in der Politik hat. Mit wem würden Sie jetzt gerade gern einen Drink nehmen?

Boris Johnson ist im Moment die Person in der britischen Politik, mit der jeder offen über seine Ambitionen sprechen möchte. Wann will er Premierminister werden? Wie wird er das angehen, was denkt er wirklich über den Brexit? Ich habe ihn für das Buch interviewt, und er ist einer der seltenen offenen Anhänger des Alkohols. Er denkt, es ist im Großen und Ganzen eine gute Sache, macht das Leben angenehmer, er denkt, Politik macht damit mehr Spaß. Im Moment würde ich mich gern mit ihm bei einem Drink hinsetzen und ihn ganz offen fragen, was er im Schilde führt.

Sie zitieren Johnson in Ihrem Buch, wie er sagt, er trinke manchmal eine „gewaltige Menge“. Ist er damit eine Ausnahme?

Er ist ein ehemaliger Journalist, also hatte er sein Training. Es ist Teil seiner Anziehungskraft auf Menschen – und auch sein Risiko. Johnson hat keine Angst, recht offen über seinen Lebensgenuss zu sprechen. Aber als ich ihn für das Buch interviewt habe, sagte er ebenso, dass Alkohol ein trügerischer Freund für einen Politiker ist. Alkohol macht die Plackerei der Politik erfreulicher, die endlosen Meetings und Empfänge erträglicher. Aber: Wegen Betrunkenheit kannst du wirklich in Schwierigkeiten geraten. Es ist eine Gratwanderung.

Ein Pressechef des ehemaligen Premiers Gordon Brown sagte mal, das Regierungsviertel Westminster sei die „Komasauf-Hauptstadt Großbritanniens“. Stimmt das noch?

Das war Damian McBride, Premierminister Gordon Browns Kampfhund. Er war ein Westminster-Strippenzieher alter Schule, der Beziehungen mit Journalisten bei sehr langen Mittagessen und heftigen Nächten in Pubs pflegte. Aber ich denke, es ist keine faire Beschreibung mehr vom heutigen Westminster. Es gibt bestimmte Abende, im Wesentlichen Donnerstage, wenn das Ende der Woche in Sicht ist, da sind die Bürgersteige rund um die Pubs von Westminster voll mit ReferentInnen, BeraterInnen und BeamtInnen. Es sind nicht immer die PolitikerInnen. Die sind vorsichtiger, gesundheitsbewusster geworden, sie arbeiten oft härter, es ist jetzt ein arbeitsamerer Menschenschlag.

Was hat sich geändert?

Vor 40, 50 Jahren hatten die meisten Abgeordneten wirklich nichts zu tun, und sie waren nicht viel Kontrolle ausgesetzt. Sie repräsentierten Wahlkreise, die als sicher für die jeweilige Partei galten. Sie waren nicht wirklich von Bedeutung, solange sie durch die Abstimmungsräume im Parlament schwanken konnten, um zu tun, was ihnen gesagt wurde, und für ihre Partei abzustimmen. Heute sind die ParlamentarierInnen außerordentlich beschäftigt mit großen Mengen Wahlbezirksarbeit, sie sind den ganzen Tag auf Twitter, sie betreiben alle 24-Stunden-Medienkampagnen – sie haben einfach keine Zeit, den ganzen Tag trinkend in Pubs und Parlamentsbars zu sitzen. Außerdem sind die Zeiten weniger männlich: Als ich Parlamentarier dar­über befragt habe, sagten viele, dass eine große kulturelle Veränderung im Jahr 1997 kam, als viele Frauen gewählt wurden und Tony Blair bei den Wahlen seinen Erdrutschsieg hatte. Viele Frauen hatten junge Familien, sie kamen nicht aus einer Trinkkultur, sie wollten so nicht ihre Zeit verbringen. Das veränderte die Atmosphäre ziemlich.

Was war denn die goldene Zeit des politischen Trinkens?

Quelle  :        TAZ           >>>>>           weiterlesen

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Grafikquelle      :         Mayor of London, Boris Johnson poses for a photo prior to ringing the opening bell at NASDAQ on September 14, 2009.

Source originally posted to Flickr as Boris Opening Bell solo and uploaded to commons at Boris_Johnson_-opening_bell_at_NASDAQ-14Aug2009.jpg
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