Ein großes Gefängnis
Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 12. September 2021
Menschenrechte in Belarus
Hatte hier ein Huhn gegackert als Snowden in Russland Asyl fand ?
Von Barbara Oertel
Viel zu wenig unternimmt Europa gegen die Menschenrechtsverletzungen in Belarus. Nun droht auch noch die schleichende Eingemeindung durch Russland.
Die gängige Redewendung in Belarus: „Wer nicht gesessen hat, ist kein/e Belarusse/in“, beschreibt sehr treffend die Tragödie, die sich direkt vor der Haustür der EU abspielt. Innerhalb eines Jahres und damit seit dem 9. August 2020, dem Tag der gefälschten Präsidentenwahl, hat Staatschef Alexander Lukaschenko die einstige Sowjetrepublik in ein großes Gefängnis verwandelt.
Jüngstes Beispiel für seinen perfiden Rachefeldzug gegen Kritiker*innen ist das Urteil gegen Maria Kolesnikowa vom Montag dieser Woche. Elf Jahre soll die bekannte Oppositionspolitikerin in einem Straflager absitzen. Planung eines Umsturzes und Extremismus lauten die abstrusen Vorwürfe, die zum Synonym für die tatsächliche oder vermeintliche Beteiligung an Protesten geworden sind und dafür herhalten müssen, unbequeme Geister hinter Gitter zu bringen.
Die belarussische Menschenrechtsorganisation Wjasna listet 659 politische Gefangene. Und täglich werden es mehr
Dass es erst dieser drakonischen Haftstrafe für eine Prominente bedurfte, um die Causa Belarus kurzzeitig wieder auf die Tagesordnung zu setzen, spricht Bände. Denn Kolesnikowa ist „nur“ ein Fall von vielen. 659 politische Gefangene sind derzeit bei der belarussischen Menschenrechtsorganisation Wjasna (Frühling) gelistet, und täglich werden es mehr.
Doch die Qualen und die Pein all dieser mutigen Menschen, die gefoltert, gebrochen und ihrer Würde beraubt werden, ist nicht einmal mehr eine Kurzmeldung wert. Hinzu kommen noch all jene Belaruss*innen, die im Ausland Zuflucht gesucht haben und dort einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Der Westen hat wiederholt Sanktionen gegen Belarus verhängt – der schärfste Pfeil im Köcher.
Lukaschenko zu Putins Füßen
Und es mangelt auch nicht an Solidaritätsbekundungen – wie in dieser Woche zahlreichen Statements von Politiker*innen, auch in Deutschland, zu entnehmen war. Zweifellos: Die Forderung nach einer sofortigen Freilassung aller politischen Gefangenen ist die einzig richtige. Sie dürfte jedoch in Minsk ungehört verhallen und in Deutschland im allgemeinen Wahlkampfgetümmel untergehen. Außenpolitik war noch nie ein entscheidendes Feld, um bei Wähler*innen zu punkten.
Und Belarus ist derzeit vor allem dann ein Thema, wenn es darum geht, sich vor Geflüchteten, die Lukaschenko an der EU-Außengrenze in konzertierten Aktionen „abkippen“ lässt, zu schützen. So wird Europa schwersten Menschenrechtsverletzungen in Belarus wohl auch weiterhin tatenlos zusehen. Parallel dazu vollzieht sich eine Entwicklung, die scheinbar kaum noch aufzuhalten ist und die Belaruss*innen zu „Gefangenen zwischen zwei Diktaturen“ macht, wie die britische Times anmerkte.
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — C Президентом Белоруссии Александром Лукашенко.