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Doping im Fußball

Erstellt von Redaktion am Freitag 1. Juni 2018

Die Könige sind sauber

Cristiano Ronaldo entrenando (crop).jpg

Von Markus Völker

Voodoo-Politik, Heilsversprechen, Omertà: Die Branche ist ein Safe Space, der bestens funktioniert – obwohl es alle eigentlich besser wissen müssten.

Cristiano Ronaldo kann nicht nur Tore schießen, er kann auch singen. Zur Feier des Sieges in der Champions League krächzte er mit heiserer Stimme vor Tausenden Fans in Madrid: „Somos los reyes de Europa, los que se dopan.“ Wir sind die Könige von Europa, die dopen. Tja, wie war das wohl gemeint? Ist ihm im Gefühl der Unantastbarkeit etwas Unüberlegtes herausgerutscht? War es nur ein Scherz, über den immerhin seine Teamkollegen herzlich lachen konnten? Oder offenbarte einer der besten Fußballspieler der Gegenwart eine tiefere Wahrheit? Ronaldos Gesangseinlage war sicherlich nicht die Ouvertüre zu einem groß angelegten Bekenntnismarathon der Spieler und Mannschaftsärzte von Real Madrid, sondern nur die Sottise eines überdrehten Superhelden. Der Fußball hat, was Fragen des Dopings anbelangt, nichts Substanzielles mitzuteilen. Null. Nada. ­Niente.

Wenn das Thema doch einmal, dios mio, angeschnitten wird, dann heißt es schnell: Doping bringt im Fußball nichts. So etwas gibt es in der Branche nicht. Wer anderes behauptet, ist ein Nestbeschmutzer. Das ist in etwa so elaboriert wie die Behauptung, ein beherzter Tritt auf die Mietpreisbremse sorge für bezahlbaren Wohnraum in Ballungsräumen. Das ist nichts anderes als Voodoo-Politik, und auch im Fußball gibt es viel Voodoo: Man glaubt an Heilsversprechen und an die Macht der Worte von Hohepriestern, die es eigentlich besser wissen müssten. Als da wäre Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, Medizinmann des FC Bayern München. Der Sportarzt ist 75, taucht aber anscheinend jeden Morgen in einen Jungbrunnen und kann deshalb jugendlich-frisch in einem Interview mit der Zeit behaupten, Doping bringe im Fußball nichts.

Das sagt ein Mann, der mit dem Kälberblutmittel Actovegin erstaunliche Behandlungserfolge hart am Rande der Legalität erzielte. Ein Mann, der schon mit Spritzen hantierte, als noch die berüchtigten Sportdopingärzte Klümper und Keul ihr Unwesen im westdeutschen Spitzensport und nachweislich auch in der Fußball-Bundesliga beim SC Freiburg und dem VfB Stuttgart trieben. Der „Doc“ hat also zumindest Kenntnis davon, was man mit Muskelaufbaupräparaten wie Anabolika alles anstellen kann – und was mit Blutdopingmitteln wie Epo möglich ist. Die Leistungssprünge sind so eklatant, der Einsatz ist so verbreitet, dass man eigentlich nicht auf die Wirkung der Mittelchen verweisen müsste. Nur so viel: Anabolika, clever verabreicht, verkürzen die Rekonvaleszenz nach einer Verletzung, Epo verbessert die Ausdauerleistung, was bei Fußballern, die in einem Spiel bis zu 14 Kilometer rennen und zu Dutzenden Sprints ansetzen, eine fluffige Wirkung hat. Der Kick hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten derart dynamisiert, und die Klubs sind dabei so reich geworden, dass der bestimmende Sport der Gegenwart als die Dopingsportart Nummer eins gelten darf.

Quelle     :       TAZ      >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen   :

Oben    —   Cristiano Ronaldo during Real Madrid–Celta de Vigo (7-1).

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