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diesel – fahrverbote

Erstellt von DL-Redaktion am Donnerstag 22. Februar 2018

Im Schongang geht es nicht!

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Von Claudia Kemfert

Fahrzeuge nachrüsten, Dieselsteuer anheben, E-Autos fördern: Deutschland braucht eine echte Verkehrswende ohne falsche Rücksicht auf die Autobauer.

Die deutsche Politik tut alles, so scheint es, um die Autokonzerne weiter zu schonen und die notwendige Verkehrswende auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Nun könnte sie auch noch Unterstützung von der Justiz bekommen. Am heutigen Donnerstag entscheidet das Bundesverwaltungsgericht darüber, ob Fahrverbote für Dieselfahrzeuge auch ohne Gesetzesänderung schon jetzt rechtmäßig sind.

Entscheidet das Gericht gegen Fahrverbote, bestätigte es damit den jetzigen Kurs der Politik, möglichst alles zu vermeiden, was die Auto­industrie unter Druck setzt. Dabei hatte die EU Deutschland unter Androhung von Strafzahlung aufgefordert, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die hohe Luftbelastung in den Städten in den Griff zu bekommen. Dass Dieselfahrzeuge daran einen hohen Anteil haben, ist unstrittig. ­Insofern geht über kurz oder lang an Diesel-Fahrverboten kein Weg vorbei.

Erkennt das Bundesverwaltungsgericht aber Fahrverbote als rechtmäßig an, wird dies den Druck auf die Politik und die Hersteller erhöhen. Sie wären gezwungen, endlich die erforderlichen Maßnahmen einzuführen, um besonders dreckige Dieselfahrzeuge von den Straßen zu verbannen. Die Kommunen wären gezwungen, Straßen zu sperren, um Strafzahlungen an die EU zu vermeiden. Die Autokonzerne sähen sich – endlich – genötigt, Modelle mit übermäßig hohem Stickoxidausstoß nachzurüsten. Verhältnismäßig einfach und effektiv wäre die Einführung einer blauen Plakette, um die Feinstaubwerte zu mindern. Dass es bisher nicht gelungen ist, diese einzuführen, ist ein weiterer Beleg dafür, dass man die Autoindustrie schonen will. Die fadenscheinige Ausrede, man könne die Verbote nicht kontrollieren, ist absurd: Verkehrsteilnehmer sind nicht erst seit Einführung der Umweltzonen daran gewöhnt, sich an Verkehrsregeln zu halten – auch wenn nicht jede Ordnungswidrigkeit sofort geahndet wird.

 

Die Politik könnte zur Senkung der Feinstaubwerte eine E-Auto-Quote für Neufahrzeuge einführen, die Dieselsteuer anheben und umweltfreundliche Technologien fördern. Vieles ist denkbar und alles zusammen würde sicher auch zum gewünschten Erfolg führen. Doch leider ist allen Vorschlägen gemein, dass auf die Autoindustrie Kosten und Umsatzeinbußen zukämen.

Und so steht ein anderer Vorschlag plötzlich im Raum: der kostenlose öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV). Die Forderung der EU, für bessere Luft in deutschen Großstädten zu sorgen, beantworteten die Bundesumweltministerin, der Kanzleramtschef und der Verkehrsminister mit einem Brief an den EU-Umweltkommissar: Sie schlagen vor, mithilfe eines unentgeltlichen Nahverkehrs in einigen Modellregionen die Luftqualität in den Innenstädten zu verbessern. Von Diesel-Fahrverboten oder anderen Maßnahmen, die die Autokonzerne übermäßig belasten, ist nicht die Rede.

Quelle     :        TAZ      >>>>>     weiterlesen

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Grafikquelle   :   Portrait Claudia Kemfert 2013

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