DIE * WOCHE
Erstellt von Redaktion am Montag 14. Februar 2022
Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Kolumne von Friedrich Küppersbusch
Jennifer Morgan und was sonst gut lief: Solidarisches Versaften! Die guten Nachrichten der Woche: Das Klima kriegt eine Lobbyistin, Döpfner enteignet Springer – und den Bundespräsidenten wählt bald jeder Dritte. Der Altkanzler ist eine kommunizierende Röhre
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: 1.472 Mitglieder in der Bundesversammlung.
Und was wird besser in dieser?
Wenn der Kölner Rosenmontagszug im Stadion stattfindet, sollte das die nächste Bundespräsidentenwahl auch schaffen.
Nach aktuellem Stand kommt Mitte März die Impfpflicht in Kliniken und Pflege. Vergrault man damit nicht Pfleger:innen, die trotz schlechter Bezahlung und Überbelastung noch dageblieben sind?
Das Bundesverfassungsgericht setzt vorläufig das Infektionsrisiko der zu Pflegenden höher an als das Impfrisiko der Pflegenden. Nach der „Kroko“-Befragung des RKI sind im November von rund 16.000 Teilnehmenden 4 Prozent unvollständig und 4 Prozent gar nicht geimpft. Denen lässt das Gericht noch etwas Zeit, weil es in der Hauptsache noch gar nicht entschieden hat. In der Branche arbeiten zu 75 Prozent Frauen, ihre Unterbezahlung ist allgemein unbestritten. Man täte sich leichter, eine Impfpflicht zu unterstützen, wenn es etwa um privilegierte Beamtinnen ginge, die dafür auch besondere Pflichten hätten. Man täte sich auch leichter, wenn die Bayerische Landesregierung sich nicht aufführte wie Meister Söder und sein Impfmuckel.
Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan soll die internationale Klimapolitik der Bundesregierung als Sonderbeauftragte unterstützen. Damit wechselt eine Aktivistin die Seiten. Bleibt sie ihren Idealen in der neuen Position treu oder korrumpiert Macht zwangsläufig?
Morgan ergrünte durch die Lektüre eines Buches von Petra Kelly, schrieb Reden für Umweltministerin Merkel und beriet die deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Da können wir doch froh sein, dass sie unter Trump nicht Asyl beantragen musste hier. Ihre Ideale dürften einige Realitäts-Crashtests hinter sich haben. Nun kommen FDP und Union, die zwischen kommerziellem und ideellem Lobbyismus nicht unterscheiden mögen. Dann wird’s ja Zeit!
Altkanzler Gerhard Schröder setzt sich vielleicht vehementer für gute Beziehungen zu Russland ein als Jennifer Morgan fürs Klima. Sollte er also nicht konsequenterweise zum Sonderbeauftragten für die deutsch-russischen Beziehungen ernannt werden?
Wo sind eigentlich diese früher gern gebuchten Talkmöbel mit Russland-Kenne? Thomas Roth durfte 2019 was mit „gegenseitiger Abhängigkeit“ sagen, Fritz Pleitgen im WDR-Radio vorsprechen, Gabriele Krone-Schmalz las man im Weltblatt Passauer Neue Presse zuletzt. Matthias Platzeck wird im Spiegel bereits zur Begrüßung als „Chef-Russen-Versteher“ wegsortiert. Horst Teltschik spricht bei der Deutschen Welle ins Nichts. Schröder dagegen ist überpräsent und günstiger als die Produktionskosten von RT Deutsch. Der Altkanzler ist eine kommunizierende Röhre. Wer Putin eins auswischen will, lädt jemand anderes ein.
Apropos: Die Deutsche Welle macht zurzeit Schlagzeilen. Sendeverbot in Russland und nun droht auch die Türkei mit der Abschaltung des Senders. Was kommt als Nächstes?
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
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