DIE * WOCHE
Erstellt von Redaktion am Montag 30. August 2021
Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Kolumne von Friedrich Küppersbusch
Hartz IV, Lokführerstreik, Afghanistan: Unsolidarische Eliten – Dem Bordpersonal nützt der Streik nichts und die Medien spuren wie zum Wehrdienst einberufen. Die Linke wird wohl auch den Dritten Weltkrieg nicht beenden – sie war ja dagegen, ihn anzufangen.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Bundesregierung hat keine Ahnung, wie man einen Militäreinsatz beendet.
Und was wird in dieser besser?
Bundesregierung beschließt, besser keinen mehr anzufangen.
Der Hartz-IV-Regelsatz soll laut Medienberichten 2022 um 3 Euro steigen. Die Inflationsrate liegt bei 3,8 Prozent. Wenden Sie einen einfachen Dreisatz an und berechnen Sie das Wahlergebnis der SPD!
Der Wohlfahrtsverband moniert, die Hartz-Regelsätze sollten mindestens die Inflation ausgleichen. Das SPD-Wahlprogramm verspricht, diese Regelsätze zu verbessern und Betroffene und Sozialverbände einzubeziehen. Also alles gut. Wenn Politik irgendwas mit Realität zu tun hätte. Dem Brandt-Haus fehlt ein Baustellenschild: „Schuld abladen verboten!“. Schöne Ironie: Merkel gewann vier Wahlen auch mit sozialdemokratischer Hartz-Politik. Die SPD verlor vier. Und nun schickt sie sich an, das Spiel zu drehen – weil Olaf Scholz noch am merkelsten rüberkommt.
Gemäß dem „Hamburger 2G-Modell“ dürfen nur Geimpfte und Genesene ins Restaurant. Justizministerin Lambrecht hat keine Bedenken, der Ethikrat schon. Und Sie?
Klingt nach einer pfiffigen Idee von McDonald’s, der Hamburger 2G, mens sana in corpora sanella, eine Mehrklassenwelt der Guten und Gesunden oben, darunter dann die staatlich geduldeten Impfbummler und Coronagrübler. Man muss ja nicht ins Restaurant, also ist dort die harte Tür okay – während sie in Schule, Job, Behörde diskriminierend wäre. Der Staat vermeidet den Impfzwang, indem er dem Impfdruck der Wirtschaft wohlwollend zuschaut. Geimpft, genesen, nehmen Sie Platz! Wollen Sie’s lieber ethisch, da draußen is ’n Stehtisch.
Es wurde wieder gestreikt. Die Lokführergewerkschaft GDL und die Deutsche Bahn sind immer noch nicht zusammengekommen. Der Bahnvorstand bringt einen Coronabonus ins Gespräch. GDL-Chef Claus Weselsky fordert ein Angebot, das „diesen Namen auch verdient“. Konsequenter Arbeitskampf oder nerviger Starrsinn?
Bei allem Respekt vor dem sächselnden Querulanten aus dem Gewerkschafter-Museum: Weselskys Lokführer wie auch Piloten oder Ärzte oder andere machtvolle Eliten – agieren letztlich unsolidarisch. Der lange Hebel der Lokführer nützt dem Bordpersonal nix, Ärzte nicht den Pflegenden, Piloten nicht der Kabinencrew. Die Idee der Einheitsgewerkschaft, in der die Starken Verbesserungen auch für die Schwachen wollen, reist bei mir Erster Klasse.
In Kabul wurden am Donnerstag mehr als 70 Menschen bei Anschlägen am Flughafen getötet. Die Bundeswehr hat am selben Tag ihre Evakuierungsflüge eingestellt. Laut Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) wurden 5.347 Menschen evakuiert, darunter rund 500 Deutsche und mehr als 4000 Afghanen. Viele Ortskräfte bleiben zurück. Und jetzt?
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
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