Die Republik Kongo
Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 14. März 2018
Ein rechtsfreier Raum im Herzen Afrikas
Von Dominic Johnson
Die Demokratische Republik Kongo ist Schauplatz einer der größten humanitären Krisen der Welt. Sieben Gründe, warum die Welt nicht mehr tatenlos danebenstehen sollte – und ein Ausblick auf die ungemütlichen Alternativen.
13,1 Millionen Hilfsbedürftige. 670.000 Flüchtlinge in Nachbarländern, 4,5 Millionen Binnenflüchtlinge. 7,7 Millionen akut hungernde Menschen. Alles mit Abstand Rekordwerte in einem Land, das bereits Jahrzehnte des Bürgerkrieges hinter sich hat.
Diese aktuellen Daten der Vereinten Nationen geben die humanitäre Krise in der Demokratischen Republik Kongo nur ungenügend wieder. Lokale Konflikte breiten sich immer weiter aus, immer mehr Menschen verlieren ihre Lebensgrundlage, immer mehr Gebiete sind zugleich für auswärtige Hilfe unzugänglich. Vor einem Jahr standen die Kasai-Provinzen um Kananga im Fokus von Gewalt und Massenflucht, heute ist es – wie früher – der Osten des Landes, von Kalemie am Tanganyika-See bis zu Bunia nahe Uganda. Nicht zufällig sind Ostkongo und Kasai die am dichtesten besiedelten Regionen des 80-Millionen-Einwohner-Landes – neben der Megacity Kinshasa, ein brodelnder Kessel der Unzufriedenheit.
Humanitäre Krise, politische Ursachen
Die humanitäre Krise hat politische Gründe. Kongos Staat, vor fünfzehn Jahren nach einem verheerenden Krieg neu gegründet, verliert seine Legitimität. Alle legalen Amtszeiten der obersten Amtsträger sind abgelaufen. Fällige Neuwahlen von Präsident und Parlament im Jahr 2016 fanden nicht statt; sie sind derzeit für Ende 2018 geplant, aber ob es sie je geben wird, ist offen. Es herrscht staatliche Willkür und das Recht des Stärkeren, gerade auf lokaler Ebene. Die politische Krise fällt zusammen mit einer Wirtschaftskrise, die Staatseinnahmen und -ausgaben waren in den letzten Jahren im freien Fall.
Im April soll eine internationale Geberkonferenz Hilfsgelder für den Kongo mobilisieren. Bereits Ende März entscheidet der UN-Sicherheitsrat über die Zukunft der UN-Mission im Kongo (Monusco). In seinem aktuellen Kongo-Bericht an den Sicherheitsrat zeichnet UN-Generalsekretär Antonio Guterres ein düsteres Bild: Die politische Lage sei „angespannt“, die Wirtschaft „verbleibt im Abwärtstrend“, die humanitäre Krise sei „eine der schwersten der Welt“, die Sicherheitslage „verschlechtert sich weiter“, die Haltung der Regierung „verhärtet sich“.
Von der Prioritätenliste der internationalen Diplomatie, von der Deutschlands ganz zu schweigen, ist Kongo so gut wie verschwunden. Aber das ist falsch. Denn:
- Kongo ist Schauplatz der am schnellsten explodierenden humanitäre Krise der Welt. Allein im Jahr 2017 wurden 2,1 Millionen Menschen neu vertrieben. Wären nicht zugleich 1,85 Millionen in ihre Heimatgemeinden zurückgekehrt – zumeist aber in ausgeplünderte und verbrannte Dörfer – läge die Gesamtzahl der Binnenflüchtlinge schon bei 6 Millionen. Nirgends steigen die Zahlen schneller, warnten Helfer bereits Ende letzten Jahres. In ihrer aktuellen Jahresplanung für 2018 kalkuliert die UNO mit 6,8 Millionen Binnenvertriebenen Ende dieses Jahres und warnt: „Das Ausmaß des humanitären Bedarfs hat alle bisherigen Projektionen für die nächsten Jahre überschritten […] Ein solches Ausmaß von Bedürftigkeit hat es in der ganzen Geschichte humanitäre Hilfsappelle für den Kongo noch nie gegeben.“ 18 der 26 Provinzen des Landes seien betroffen – von Krieg, Ankunft Schutzsuchender, Seuchenausbreitung oder Hungersnöten. Die Herausforderung bestehe darin, „immer mehr Menschen in immer größeren Gebieten zu helfen, mit der geringsten Finanzierung seit zehn Jahren“.
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Kongo ist Hauptlieferant der zentralen Rohstoffe für die Energiewende. Kobalt, ohne das es keine Batterien und keine E-Autos gibt, wird weltweit zu zwei Dritteln im Kongo gefördert, und die Fördermenge wächst jedes Jahr: 69.000 Tonnen im Jahr 2016, 87.000 im Jahr 2017, Wachstumsprognosen um knapp 20.000 Tonnen jährlich bis 2020 – und all das bei explodierenden Preisen, die sich vergangenes Jahr mehr als verdoppelten und weiter steigen. Auch für andere strategische Rohstoffe wie Lithium, Zinn und Tantal bleibt Kongo wichtig. Der Bergbau müsste das Land eigentlich reich machen – aber stattdessen tummeln sich in dem Sektor Abenteurer und korrupte Geschäftsfreunde des Präsidenten, die sich um soziale und ökologische Standards ebenso wenig scheren wie um Transparenz und Steuerehrlichkeit. Steigende Nachfrage nach Kongos Rohstoffen ohne Wirtschaftsreformen und Einhaltung von Mindeststandards spült Geld in die Schwarzkassen der Mächtigen; und das fördert Konflikte im Land.
3.Wenn Kongo in die Luft fliegt, fliegt halb Afrika mit in die Luft.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Description | Regions of Africa for use on Wikivoyage, English version |
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Source | Own work based on the blank map of Africa |
Author | Nick Roux and Peter Fitzgerald, amendments by Cacahuate, Burmesedays, Joelf and LtPowers |
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Unten — Afrikanische Steppenelefanten in der Serengeti