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DIE LINKE Sachsen-Anhalt

Erstellt von DL-Redaktion am Donnerstag 26. April 2018

Von Bockwurst ist noch keiner Sozialist geworden

Ein Gastbeitrag von

Dass ein Teil der linken Wählerklientel sich den Rechten zuwendet, ist kein Missverständnis. Politische Differenzen muss man ernst nehmen, statt sie zu verschleiern.

Michael Waßmann, Jahrgang 1992, vertritt die Linksjugend im Landesvorstand der Linken in Sachsen-Anhalt. Er wohnt in Landesberg im Saale-Kreis, studiert Jura und arbeitet nebenher als Autor und Übersetzer. Sein Text ist eine Erwiderung auf einen Gastbeitrag des Parlamentarischen Geschäftsführers der Bundestagsfraktion der Linken, Jan Korte, der vor Kurzem auf ZEIT ONLINE erschien.

Vor Kurzem hat der parlamentarische Geschäftsführer der Linken, Jan Korte, in einem Gastbeitrag für ZEIT ONLINE die These vertreten, dass hinter dem  Rechtsruck eigentlich ein Aufstand gegen den Neoliberalismus stecke. Der Rechtsruck ist in diesem Sinne nur ein Missverständnis, ein falscher Ausdruck derjenigen, die politisch im Grunde das Richtige wollen. Besondere Sorgen macht sich Jan Korte dabei um schlecht bezahlte Arbeitnehmer und Arbeitslose, deren Interessen die Linkspartei vertrete und die sie deshalb wählen müssten.

Es ist aus dieser Sicht heraus wenig verwunderlich, wie fleißig Jan Korte kulturelle und politische Differenzen vermengt und letztere als erstere verschleiern will: Da fällt der „falsche Witz“ (gemeint ist selbstverständlich der rassistische) mal eben in die gleiche Kategorie wie die „falsche Kleidung“ (immerhin führt er hier Primark und nicht Thor Steinar an): Gegenüber beidem gebe es in linken Kreisen Überheblichkeit, weil sie der eigenen Lebenswelt „kulturell“ nicht entsprächen. In einem anderen Text führt er sogar die Bockwurst als von links bedrohtes Kulturgut an, als fehle die neuerdings bei irgendeinem Linken-Parteitag oder Gewerkschaftsabend.

Wäre gegen den falschen Witz aber doch etwas Politisches einzuwenden, der Liebesentzug durch Teile der Arbeiterklasse basierte plötzlich auf politischen Differenzen, die man als solche ernst nehmen müsste. Dagegen: Wie bequem wäre es für uns Linke, hätte Jan Korte Recht damit, dass der Rechtsruck über diese kulturelle Schwäche zu erklären sei. Wir sprächen ein wenig verständlicher, wir wären ein bisschen empathischer, wir knuddelten die Rassisten etwas öfter (sofern sie zufällig nebenbei noch zur Arbeiterklasse gehören) und dann wird das schon mit dem Rechtsruck, also dessen Verhinderung.

 Election posters for the Bundestagswahl 2017 03.jpg

Ist der Neoliberalismus schuld am Rechtsruck?

Der Fehler liegt schon in der Grundannahme. Ausführlich skizziert Jan Korte die Auswüchse kapitalistischen Wirtschaftens: Soziale und wirtschaftliche Unsicherheit, Abstiegsängste, Armut, Entwürdigungen und viele schlimme Dinge mehr. Nur waren all diese Entwicklungen nicht Auslöser des Rechtsruckes, den er darauf zurückführen will. Die AfD ist nicht nach der Einführung von Hartz IV und Sanktionen, nicht während der Finanzkrise oder auf dem Höhepunkt der Arbeitslosigkeit groß geworden. Sondern nachdem Ausländer kamen, denen man die Schuld an den tatsächlichen oder gefühlte gesellschaftliche Missstände geben konnte.

Keine Sekunde früher standen die fast 15 Prozent, die die AfD heute hat, für irgendeine gesellschaftliche Veränderung zur Verfügung. Schon gar nicht für eine befreite Gesellschaft, in der die Menschen nicht bloß Spielbälle wirtschaftlicher Zwänge sind. Die AfD ist mit ihrer immer deutlicher werdenden rechten Rhetorik auch immer größer geworden. Man wird befürchten müssen, bei der Wahlentscheidung für rechte Parteien handelt es sich nicht um ein Missverständnis, sondern um eine Überzeugungstat. Jan Korte deutet hingegen an, Antirassismus und Feminismus würden von Rechtswählern fälschlicherweise mit dem Neoliberalismus identifiziert und aufgrund dieser Kontaktschuld abgelehnt.

 Doch die US-Präsidentschaft, die Jan Korte selbst als Beispiel ins Feld führt, widerlegt das: Trump gewann, obwohl er Obamacare abschaffen wollte. Auch er wurde eben nicht trotz, sondern gerade wegen seiner rassistischen Ausfälle gewählt – und im Übrigen als Propagandist einer Leistungsideologie, die den Leuten vormacht, wenn sie nur fleißig oder clever genug seien, könnten sie alle (wie er) erfolgreich sein. Der Rechtsruck mag Ergebnis der Krisenhaftigkeit und Ungerechtigkeit des Kapitalismus‘ sein, aber er steht nicht in Widerspruch zu ihm. Ein grundlegendes Problem mit dem Kapitalismus, mit Konkurrenz und Wettbewerb haben weder Trump noch AfD, sie wollen nur sicherstellen, dass bitte auch die richtige Nation „gewinnt“.

Linke Überheblichkeit

Quelle    :     Zeit-online          >>>>>        weiterlesen

Hier der Artikel auf DL

Linke Generalüberholung?

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Grafikquellen    :

Oben    —     Gedenkstätte der Sozialisten, Berlin-Friedrichsfelde. Zielpunkt der Demonstration

Unten    —       Election posters for the Bundestagswahl 2017

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